Von Hoseok hatte ich schon seit Wochen nichts mehr gehört.
Es war, wie ich es gedacht hatte. Am Anfang kam er noch jede Woche, doch dann hatte er plötzlich so unfassbar viel zu tun. Dann kam er noch alle zwei Wochen, schrieb mir jedoch jeden Tag ... irgendwann schrieb er nur noch alle paar Tage und dann ... vergaß er wohl, dass er mich liebte.
"Jimin, kannst du mal?"
Ich sah auf und hopste von meinem Bett. Ich latschte einmal durch den Raum und half meinem Zimmergenossen in sein Shirt zu kommen, indem er sich irgendwie verheddert hatte. Schon kurz nachdem Hoseok gegangen war, hatte ich einen anderen Jungen in mein Zimmer gesetzt bekommen. Dieses Mal war ich nicht ganz so ausgerastet, doch ich hatte es ihm wohl ein paar Tage übel genommen, dass er in Hoseoks Bett schlief.
Das Zusammenleben mit Chanie hatte mich immerhin eines erkennen lassen: Meine Gefühle für Hoseok waren insofern echt gewesen, als dass ich mich nicht gleich in den Nächsten verliebte, nur weil der andere weg war und das, obwohl er mir durch meinen Liebeskummer durch half, den ich hatte, seit Hoseok mir nicht mal mehr schrieb. Chanmin war so ein lieber Mensch und ebenfalls absolutes Datematerial. Dass ich mich dennoch nicht einfach in ihn verguckte, beruhigte mich irgendwie.
Mein Blick wanderte nach draußen. Wieder ein Schneesturm. Was er wohl machte? Hoffentlich ging es ihm gut.
Hoseok war zwar nicht mehr in meinem Leben, aber ich konnte immerhin behaupten, dass keins meiner 'Ich liebe dich's' gelogen gewesen war. Ich liebte ihn immer noch, doch ich hatte wohl auch akzeptiert, dass manche Dinge nicht so funktionieren, wie man sie sich blauäugig erträumt. Es war okay. Ich wünschte ihm nur das Beste, auch wenn er wenigstens hätte Schluss machen können, statt den Kontakt einfach einschlafen zu lassen. Ich sah auf mein Handy, welches ich jetzt wieder länger bei mir haben durfte. Es nutzte mir nur nichts, denn die einzige Person, die ich hatte, hatte mich wieder verlassen.
Ich vermisste Hoseok.
Es war bitter an ihn zu denken, aber ich wollte so auch nicht sein. Ich wollte nicht alles als Lüge deklarieren. Aber es fiel mir dennoch schwer meine Gefühle immer im Zaum zu halten. Manchmal dachte ich doch wieder böse Sachen, wie dass er mich sowieso vergessen hätte und meine Hoffnung dumm gewesen war, doch es wurde besser und ich versuchte meinen Frieden zu finden.
Doch ich hatte irgendwann auch beschlossen, dass ich sowieso erst allein klarkommen musste.
Ich musste an erster Stelle kommen in meinem Leben und dazu gehörte, dass ich meine Laune nicht abhängig davon machen konnte, was Hoseok tat. Die Erkenntnis hatte gebraucht und das Umsetzen dieser noch viel mehr, aber ich kam vorwärts. Es klappte immer besser meine Wut zu kontrollieren. Meine Tränen würde ich wohl nie in den Griff bekommen, zumindest nicht völlig, doch Hoseok war es schon gewesen, der mir immer wieder versichert hatte, dass es okay war, sie zuzulassen. Ich war noch lange nicht geheilt. Das würde ich auch noch nicht sein, wenn ich hier herauskam. Doch ich wusste, wo ich mal hinkommen wollte und was ich tun wollte.
Es lag in meiner Hand mit dem umzugehen, was mir gegeben war. Es war an mir, weiter aufzuarbeiten, was in meiner Kindheit passiert war. Ich musste mich in dieses Leben integrieren und das beste daraus machen, selbst wenn das bedeutete, mein ganzes Leben zur Therapie zu gehen.
"Freust du dich auf zu Hause?", fragte Chanie und ich sah ihn einen Moment stumm an.
"Ich habe kein zu Hause ...", wisperte ich. Ich hatte ihm das noch nicht erzählt, "ich habe keinen Ort und ich habe auch niemanden, der auf mich wartet." Er legte mir die Hand auf die Schulter. "Was, wenn er auf dich wartet?", fragte der größere und ich schüttelte nostalgisch den Kopf. Tränen stiegen mir in die Augen.
"Wahrscheinlich hat er wen gefunden und wusste nicht, wie er es mir sagen soll. Was es auch war ... ich schaffe es auch irgendwie ohne ihn." Ich seufzte und wischte mir die Augen mit meinen Ärmeln. Wie ironisch, dass ich so was sagte, wenn ich seinen Pullover trug."Das ist doch der Punkt, oder? Ich muss es auch allein können. Ich muss es ohne ihn schaffen. Nur dann wäre mit ihm überhaupt eine Option. Ich muss allein stehen können. Mich dann an jemanden anzulehnen, ist ein Luxus, den ich mir gönnen kann, wenn ich es denn will. Doch zuerst muss ich sicher sein, dass ich nicht umfalle, wenn er wieder weg ist." Chanie nickte das ab. Er lächelte mir sanft zu und ließ meine Schulter wieder los.
"Du machst das Jimin, du kannst das. Du bist stark."
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Seven Years
FanfictionDas Leben ist nicht immer leicht und wenn jemand das weiß, dann ist es Jimin. Schon in jungen Jahren vernachlässigt holen ihn die Schatten seiner Vergangenheit ein. Ergebnis: geschlossene Therapie in einer entsprechenden Einrichtung. Dort lernt er H...