Kapitel 41

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Ich bin völlig am Ende. Ich hab keine Ahnung, ob ich die Nacht ein Auge zugemacht habe. Ich lag einfach nur da, versuchte mit meinem Bett zu verschmelzen. Ich wollte den Schmerz nicht mehr fühlen, wollte ihn von mir abstreifen, wie ein paar alte Socken. Doch er klammert sich so fest an mein Herz, dass ich dieses mit rausreißen müsste. Meine Wangen sind noch nass von den letzten Tränen.

Mühsam stemme ich mich aus meinem Bett hoch. Meine Mutter muss heute früher auf die Arbeit, worüber ich sehr dankbar bin. Ich schlurfe ins Badezimmer und stelle mich ohne ein Blick in den Spiegel unter die eiskalte Dusche. Jeder Muskel in meinem Körper schreit auf, kurz bin ich tatsächlich von meinem eigentlichen Schmerz abgelenkt. Dann kommt er aber mit doppelter Wucht zurück.

Plötzlich stehe ich vor meinem Kleiderschrank. Wie ich hier hingekommen bin, weiß ich nicht. Ich greife nach einer schwarzen Leggins und einem weiten Dunkel roten Pullover. Unten streife ich mir noch meine schwarzen Doc Martens über. Als ich durch die Haustür trete halte ich erschrocken inne. Ians Truck steht vor unserem Haus. Irgendwie habe ich nicht damit gerechnet, dass er mich abholen kommt. Da mir nichts anderes übrig bleibt, klettere ich schnell auf den Beifahrersitz. Vorher ziehe ich mir noch die Kapuze meines Pullovers über den Kopf. Meinen Blick richte ich starr aus dem Fenster, ich will nicht das Ian mein vor weinen geschwollenes Gesicht sieht.

Doch er braucht mein Gesicht nicht zu sehen, um zu bemerken, dass etwas nicht stimmt. ,,Guten Morgen Skye. Geht es dir nicht gut?", fragt Ian vorsichtig. Mein Gehirn rattert, auf der Suche nach einer Ausrede. Dann kommt mir eine Idee. ,,Ich hatte heute Nacht schreckliche Unterleibskrämpfe, weshalb ich kein Auge zubekommen habe".
,,Oh. Tut mir leid. Gute Besserung", erwiderte Ian. Danach wechselten wir kein Wort mehr miteinander. Kein Junge spricht gerne über das Thema Menstruation.

In der Schule angekommen sprang ich aus dem Pick Up und rannte in die Schule zu meinem Schließfach. Thessa steht geduldig da und wartet schon auf mich. Schweigend packe ich sie am Arm und ziehe sie auf die nächste Mädchentoilette, zusammen schließe ich uns in eine Kabine ein. Sie braucht nur einen Blick in mein Gesicht zu werfen, um zu sehen wie todtraurig ich bin. ,,Omg Skye, was ist passiert", sie nimmt mich fest in den Arm und ich kann meine Tränen nicht mehr zurück halten.

Wir haben nicht lange Zeit bis zum Unterricht, also reiße ich mich zusammen und erzähle Thessa schnell alles. Ich flüstere ihr ins Ohr, damit uns niemand belauschen kann, falls sich noch jemand auf der Toilette befindet. Ungläubig schüttelt sie immer wieder den Kopf und sagt Sachen wie: ,,Das hat er nicht gemacht" oder ,,Was ein Arschloch".

Wir hören ganz dumpf die Schulglocke läuten. Thessa küsste mich auf beide Wangen und wischt mir die restlichen Tränen weg. ,,Wir sehen uns in der Pause auf dem Football-Feld und falls du nach Hause willst, schreib mir". Ich nicke zustimmend, dann trennen sich auch schon unsere Wege.

Die ersten 4 Stunden verlaufen unspektakulär. Thessa und ich haben uns in der Pause auf die Football-Tribüne verzogen, wo ich mit viel Mühe mein Brot gegessen habe. Mein Magen ist dauerhaft schmerzlich zusammengezogen, dass ich überhaupt kein Hungergefühl bekomme. Zudem zieht sich mein Hals zu, sobald ich ein Bissen herunterschlucken möchte. 

Dann klingelt es zur 5. Stunde. Ich kralle mich an die Sitzbank der Tribüne. Ich hab jetzt Chemie und das mit Tyler... Ich kann nicht, ich kann ihn nicht vor die Augen treten. Panik macht sich in mir breit und mein Fluchtinstinkt setzt ein. Ich will einfach nur weg. Irgendwo hin rennen. Thessa bemerkt mein Unbehagen und nimmt sachte meine Hände in ihre. Hand in Hand laufen wir zurück ins Schulgebäude. Sie begleitet mich sogar bis zu meinem Klassenraum. Sie ist wirklich die Beste. Feste umarmt sie mich und flüstert mir noch ins Ohr: ,, Du bist stark. Du schaffst das". Dann geht sie schnell davon zu ihrem eigenen Klassenraum. Ich atme noch einmal tief durch, bevor ich den Raum betrete.

My private chauffeur Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt