Der Regen hatte sich bereits gelegt, nur vereinzelt spürte ich Wassertropfen auf meinen Haaren fallen, die von den Blättern der Bäumen tropften. Snape und ich standen nun vor meiner geschlossenen Zimmertür. Es war Mitternacht. Keine Menschenseele befand sich hier in den Fluren des Schlosses und die Personen in den Bildern schliefen. Er sah mich für einen Moment lang an. Von draußen bis hierher schwiegen wir und auch jetzt entkam kein einziges Wort über unseren Lippen. Er hob seine Hand und legte sanft eine freie Strähne meiner offenen Haare hinter meinem Ohr. Seine weiche Hand weilte für einen kurzen Augenblick auf meinem Ohr. Dann nahm er sie wieder zu sich, drehte sich um und ging geradewegs auf seine Tür zu und verschwand. Wie gerne ich doch diesen Moment angehalten hätte.
Ich liege auf dem weichen und warmen Bett in meinem kalten und dunklen Zimmer. Gerade dachte ich über das vorhin Passierte nach. Snape hatte damals, aber viel früher als ich, das gleiche Rezept herausgefunden wie ich. Er hatte mich in der ersten Zaubertrankstunde beobachtet, weil er merkte, dass ich meinem Lehrbuch keinen einzigen Blick würdigte. In Gedanken schlief ich ein und träumte friedlich.
Am nächsten Morgen ging ich wieder in das Lehrerzimmer. Den Weg kannte ich schon gut, weshalb auch die Gangzeit geringer wurde. Während des Frühstücks war Dolores Umbridge nicht anwesend. Daher ging ich nach meiner Mahlzeit zu dem Raum für den Unterricht Verteidigung gegen die dunklen Künste. Als ich ankam, war noch keiner da und ich wartete. Nach einer Weile trafen die ersten Schüler ein und setzten sich auf die freien Plätze. Eine der vielen Schüler erkannte ich wieder. Es war die Vertrauensschülerin von Gryffindor. Sie kam in Begleitung zweier Jungen. Der eine hatte rötliche Haare mit Sommersprossen im Gesicht. Der andere trug eine runde Brille auf seiner Nase und braune Haare auf dem Kopf. Nun trat auch Madam Umbridge zu mir und befahl, mich auf einem der Plätze zwischen den Schülern zu setzen und den Unterricht zu folgen. Das tat ich. Der ganze Unterricht bestand aus purer Theorie. Wir schrieben Zaubersprüche und deren Wirkung auf, aber keinen einzigen davon übten wir. Plötzlich fing der Junge mit der runden Brille sich an zu beschweren und redete, wie wir uns denn Verteidigen sollen, wenn wir nicht einmal die Sprüche dazu übten. Umbridge antwortete ihm gerecht fällig: »Es besteht keine Gefahr, um uns zu verteidigen, Mister Potter.<< Potter wurde wütender. »Es besteht keine Gefahr?<<, kam es von ihm, »Was ist denn mit Cedric Diggory letztes Jahr geschehen?<<
»Das war einfach nur ein tragischer Unfall.<<, antwortete sie in ihrer abermals bekannten kindlichen Mädchenstimme. »Es war Voldemort. Ja, er ist da draußen und wir sollten lernen uns zu verteidigen.<<, rief Potter ihr zu.
»Nachsitzen!<< Und war fertig mit ihm. Als sie das Wort »Nachsitzen!<< sagte, sah sie erst Potter an und dann mich. Sie wollte mir damit klar machen, dass ich mich ebenfalls nach Schulschluss zu ihr begeben müsse.
Nach allen weiteren Kursen, die wieder nur aus reiner Theorie bestanden, lief ich zu dem Büro von Umbridge, um Potter beim Nachsitzen zu betreuen. Umbridge übermittelte mir Potters Aufgabe, die ich ihm erzählen sollte. Potter trat in das Büro, an deren Wände alles mit Katzenbildern ausgestellt war und nicht zu vergessen, welche Farbe dominierte: Pink. Ich sah Harry an, der auf einem Stuhl an einem Tisch saß und erzählte ihm seine Aufgabe: »Deine Aufgabe wird es nun sein den Satz >Ich soll keine Lügen erzählen.< auf das Pergament vor Ihnen zu schreiben.<<
»Und wie oft?<<, fragte Harry. Umbridge antwortete darauf: »Bis Sie es sich gemerkt haben.<< Harry nahm die Feder in die Hand und begann diesen Satz aufzuschreiben. Umbridge saß an ihrem Schreibtisch und trank ihren Tee aus einer kleinen Tasse. Währenddessen stand ich hinter ihm, um zu sehen, ob er sich auch wirklich an die Aufgabe hielt. Plötzlich stöhnte Potter auf und ich zuckte ein wenig vor Schreck zusammen. Denn Umbridges Feder war keine gewöhnliche Feder. Sie war verzaubert. In die Haut auf der Hand von Potter ritzte sich der Satz, den er vorhin erst auf das Blatt vor ihm schrieb, ein. Daraufhin sagte ich entsetzt: >>Das ist barbarisch!<<
>>Das ist nur gerecht.<<, entkam es aus Umbridge ohne jegliches Mitgefühl in ihrer Stimme oder ansatzweise ein kleines bisschen Schuldgefühle. >>Sie verletzen Schüler.<<, wies ich sie darauf hin. Doch immer noch saß sie da auf ihrem Stuhl und lächelte selbstgefällig. >>Das würde auch dieser Professor für Zaubertränke machen. Also kein Grund zur Sorge.<<, versuchte sie es mir zu erklären, als ob es das normalste auf Erden sei. >>Das würde er nicht.<<, schrie ich sie fast förmlich an, >>Er würde sie für ihre Fehler quälen lassen, aber nicht foltern.<<
>>Bitte?<<, kam es aus ihrem Mund. als hätte sie den letzten Satz nicht gehört. Sie hat es aber sehr wohl gehört. Snape würde niemals jemanden für Worte bluten lassen. >>Wenn das Schulleiter Dumbledore erfährt...<<, entkam es mir mit bedrohlicher Stimme.
>>Das wird er nicht. Ich werde Sie umgehend wieder zurück nach Brasilien schicken lassen und Ihre Austauschschüler gleich mit. Niemand braucht Sie hier.<< Da war es für mich Schluss. Der letzte Nervenstrang riss durch einen Kurzschluss. Ich riss die Tür auf und wollte zu Dumbledore gehen. Doch bevor ich um die Ecke abbiegen konnte, packten mich zwei alte, kalte Hände an meinem Arm und zogen mich durch die Flure bis auf dem Innenhof. Es war der Hausmeister Filch, der nun selbstgefällig vor sich hin grinste. Hätte er jetzt einen blöden Spruch gegeben, dann hätte er augenblicklich ein Date mit meiner Faust bekommen. Zu meinem Bedauern musste ich feststellen, dass gerade für die Schüler Pause war, denn sie standen um uns herum und sahen alles, was gerade geschah. Ich glaubte, dass wurde alles geplant. Ich sollte mich schön gedemütigt fühlen, dass ich freiwillig gehen würde. Aber nicht mit mir. Jetzt erst recht! Nun traf auch Umbridge im Innenhof ein und baute sich vor mir auf. Sie richtete die Spitze ihres Zauberstabs direkt auf mich und sprach: >>Sie sind eine Schande für alle Schulen der Welt!<< Dann bewegte sie ihren Stab und sprach, als ob es einer der normalsten und alltäglichsten Zaubersprüche war, die es gab: >>Avada Kedavra.<< Meinen Zauberstab konnte ich nicht mehr greifen, denn sie hatte ihn schon ausgesprochen und grüne Funken schossen aus der Spitze des Stabes. Und genau da, da kam mir die Idee. Ich hatte es schon einmal gemacht, aber da war es nur zu trainingszwecken und es war der Incendio-Zauber und es hatte auch nicht zu einhundert Prozent geklappt. Meine Narbe davon trug ich immer noch. Aber der Blitz kam näher auf mich zu und jetzt dachte ich, ob ich nun so sterbe oder so. Das spielte keine Rolle mehr. Ich richtete meinen Zeige- und Mittelfinger nach vorne und der grüne Blitz traf auf diese ein. Er schoss durch meinen Körper. Für einen kurzen Moment war es still. Ich hörte meinen eigenen Herzschlag in meinen Ohren pochen. Mit aller Kraft nahm ich meine andere Hand und spreizte ebenfalls Zeige- und Mittelfinger aneinander aus. Diese Finger fuhren den anderen Arm entlang, wo zuvor der Blitz eintraf. Ich zog den Fluch von vorne nach hinten, durch meinen Körper hindurch und es wurde heiß. Die führenden Finger waren nun auf Umbridge gerichtet und mein Arm war ausgestreckt und standhaft. Ich bewegte die Finger, die vom Blitz getroffen worden sind und schob diesen mit einer gewaltigen Kraft aus meinen führenden Fingern. Dabei schrie ich, denn das Blut in meinen Adern brodelte. Ich traf sie, denn sie fiel zu Boden. Ich sah sie an. Dieses Mal hatte ich es geschafft. Vor voller Erleichterung und Erschöpfung, weil dieser Fluch sehr stark war, sackte ich zusammen. Doch den Boden berührte ich keineswegs, denn zwei starke Arme fingen mich auf und trugen mich davon. Ich öffnete kurz meine Augen und sah schwarze Augen, die sich Sorgen machten. Snape.
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Besuch auf Hogwarts | Severus Snape Fanfiction
FanfictionDie 24-jährige Eleonora "Ella" Meryos nimmt mit fünf weiteren Schülern aus Castelobruxo an einem Schüleraustausch in Hogwarts teil. Als angehende Lehrerin für ein Fach auf einer Zauberschule schaut sie sich die Kurse auf Hogwarts an und hilft auch e...