Die rote Abendsonne schimmerte durch die kalten Scheiben des Fensters. Seit einigen Tagen verbrachte ich meinen freien Abend in einer Ecke der Bibliothek. Auch heute saß ich dort mit einem aufgeschlagenen Buch in den Händen liegend über Legilimentik und Okklumentik. Falls unser spezieller Trank fertig war, wollte ich mit theoretischem Wissen vorbereitet sein. Ich war viel besser in Okklumentik als in Legilimentik. Meinen Geist hatte ich zu verschließen gelernt, als die Tragödie meines Bruder geschah. Aber auch viele andere Sachen durfte nicht jeder Legilimentiker sehen. Aus meinem kleinen Gedankenausflug riss mich erneut ein kleiner Papierflieger, der wie das vorherige mal auf die geöffneten Seiten des Buches vor mir landete. Bisher schickte mir nur eine Person solche Memos. Als ich ihn entfaltete, erkannte ich auch schon seine Schrift auf dem Pergament. >>Es ist fertig. S.<<, las meine innere Stimme. Seit unserer letzten Auseinandersetzung, eher gesagt seit meinen kleinen Fauxpas war es spürbar anders zwischen uns. Anfangs hielt er sich nicht lange in meiner Nähe auf, aber von Tag zu Tag wurde es länger und auch Gespräche entwickelten sich zwischen uns. Nach unserem ersten ruhigen Gespräch über einen Zaubertrank freute ich mich so sehr, dass es einige Tage anhielt und mich schon andere Schüler komisch ansahen. Ich schlug das Buch zu, legte es beiseite und trat den Weg zu Severus' Büro an. Von der Bibliothek in die Kerker war es schon einige Meter und währenddessen spürte ich die nähernde Kühle, die bei jeder Etage hinunter spürbarer wurde. Vor seiner holzigen Bürotür war die Kälte am stärksten. Nach einem höflichen Anklopfen wurde die Tür geöffnet und Severus stand mit all seiner Pracht vor mir. >>Ich habe dich schon erwartet.<<, sagte er und bot mich hinein. >>Es ist also fertig?<<, fragte ich aufgeregt und setzte mich auf den Stuhl, der an seinem Schreibtisch, auf dem etliche Aufsätze lagen, stand. Er nickte, fügte aber hinzu: >>Wenn du ihn nehmen solltest, dann wäre es auch angebracht, wenn du weitere Technik beherrschst.<<
>>Ich habe schon darüber nachgedacht.<<, wand ich ein. >>Wie stehst du zur Legilimentik?<<, hinterfragte er und wirbelte mit seinem Zauberstab in der Hand umher. >>Ich habe es bisher nur einmal angewendet und leider ohne großen Erfolg.<<, gab ich wahrheitsgemäß von mir. >>Dann müssen wir wohl mit den Grundlagen anfangen.<<, meinte er. Ich aber wandte ein, dass ich bereits die Theorie kannte und so kamen wir gleich zur Praxis. >>Mein Vorschlag wäre, dass ich an dir zeige, wie es geht.<<, sagte er und sah mich mit leicht gehobenen Augenbrauen an. Ich nickte. Severus zuckte seinen Stab und dessen Spitze richtete sich vor meinem Gesicht auf. >>Legilimens.<<, sprach er aus und meine Augen kniff ich schlagartig zusammen, weil ich jedes mal zu glauben denke, dass es mir Schmerzen bereiten würde, was natürlich nie der Fall war. Doch ich spürte nichts und meine Sicht war dunkel und ich spürte Kälte. Ein Feuer hörte ich in unmittelbarer Nähe knistern und eine zähe Flüssigkeit brodeln. Vorsichtig öffnete ich meine Augen und sah Severus direkt in seine dunklen Augen. >>Träume ich?<<, fragte ich ihn, doch er lachte nur. >>Du darfst dich nicht verschließen, wenn ich es dir zeigen soll.<<, sagte er und richtete erneut seine Zauberstabspitze auf mich. Ich nickte und versuchte locker zu bleiben. Als er den Spruch ausprach, zuckte ich leicht zusammen und dann geschah etwas vor meinem geistigen Auge.
>>Ella komm! Wir sind spät dran.<<, rief ein braunhaariger Junge in Slytherinkleidung. Beide liefen durch die langen Korridore des Schlosses und liefen in den Unterrichtsraum, wo zu ihrem Glück noch keine Lehrkraft anwesend war. Der Junge und Ella setzten sich nebeneinander auf einen freien Platz. >>Da hatten wir aber noch einmal Glück gehabt, Barnaby.<<, lachte Ella und Barnaby stieg mit ein. Doch kurzer Hand wurden beide unterbrochen als ein großer Mann mit wehendem Umhang hinter sich nach vorne vor dem Kurs trat. >>Professor Slughorn wird aufgrund privater Ereignisse ab heute nicht mehr hier unterrichten. Stattdessen setze ich dieses Unterrichtsfach bis auf weiteres alleine fort.<<, sprach er mit kräftiger Stimme, die bei manchen Schülern Angst einflößte. Ein rothaariger Schüler aus Gryffindor tuschelte bemerkbar mit seinem Nachbarn. >>Zehn Punkte Abzug von Gryffindor.<<, brummte der neue Zaubertrankprofessor und blickte dabei ernst auf den Schüler. >>Aber...<<, wollte sich dieser Verteidigen. Doch wurde dieser schnell von dem Lehrer unterbrochen: >>Seien Sie jetzt Still. In Pflege magischer Geschöpfe mögen Sie ja gut sein, aber in diesem Kurs müssen Sie noch einiges an Leistung erbringen, wenn sie ein Annehmbar erhalten wollen. Sie möchten doch nicht noch mehr Hauspunkte verlieren, Weasley.<< Der Junge schüttelte mit dem Kopf: >>Nein, Professor Snape.<<
Diese Erinnerung verschwand vor meinen Augen und eine neue erschien. Barnaby saß immer noch neben Ella und der Weasley-Junge war auch anwesend. Es war wohl der selbe Tag, nur vor unseren Gesichtern stand jeweils ein Kessel. Ella wusste all die Zutaten für den Mega-Power-Trank und braute diesen fleißig. Das Mädchen strich sich ihre Haare aus dem Gesicht, drehte sich um und wollte gerade zu einem Regal gehen, um eine leere Phiole zu holen. Doch just in diesem Moment knallte sie gegen den mächtigen Körper ihres Lehrers, der eben einen Rundgang durch die Klasse durchführte. >>Verzeihen Sie, Sir.<<, sagte Ella kleinlaut. Allein seine Augen blitzten das junge Mädchen an und sie lief mit gesenktem Kopf zum gewünschten Regal. >>Mister Lee!<<, rief der Professor meinen Klassenkamerad an. Aus seinem Kessel rannen Unmengen an klebriger Flüssigkeit herunter und verteilten sich auf ihren Arbeitsplatz, denn es war der Schüler, der neben Ella saß. >>Nachsitzen!<<, fügte Professor Snape an, >>Und Sie auch!<< und sah dabei auf Ella, die noch immer am Regal stand und das Prozedere aus sicherer Entfernung beobachtete.
Eine weitere Erinnerung öffnete sich und die drei Schüler standen an den Tischen und säuberten diese. Ihr Professor saß am Pult und untersuchte die gefüllten Phiolen mit dem Mega-Power-Trank vom Kurs und bewertete diese. >>Sie können für heute Schluss machen. Außerdem können Sie sich Ihre Bewertungen für Ihren Trank abholen.<<, sagte er. Charlie Weasley war der erste, der nach vorne trat und sich seine Bewertung abholte. Ohne den Schülern anzusehen, hielt der Professor den Zettel mit der Note zu dem Gryffindor-Schüler. Auch Barnaby trat an den Tisch und erhielt einen Zettel. Ella räumte den Putzlappen von den beiden anderen Schülern auch noch weg und ging schließlich als letzte zum Tisch. Charlie und Barnaby waren bereits gegangen. Neugierig blickte Ella auf den Stapel Pergament auf dem Lehrertisch und erkannte ihren Namen. >>Trotz Ihres ungeschickten Sitznachbarn, gute Leistung für einen Erstklässlern.<<, sagte er und gab ihr ein sauberes Stück Pergament. Sie erhielt ein Ohnegleich. >>Vielen Dank, Professor.<<, sagte sie, drehte sich um und wollte gerade gehen als der Mann sie befahl stehen zu bleiben. >>Wollen Sie denn gar nicht Ihre Phiole mitnehmen? Schließlich können Sie diese ohne jegliche Bedenken einnehmen.<<, sagte er und kramte ein beschriftetes Fläschchen aus einer Schublade des Tisches. >>Geht das denn so einfach?<<, fragte Ella, denn ihr war das nicht so ganz geheuer. >>Ich habe dabei keine Bedenken, wenn Sie es einnehmen.<<, beantwortete er meine Frage mehr oder weniger. Er stand von seinem Stuhl auf und lief auf Ella zu mit der Phiole in der Hand. Als er ihr diese übergab, greifte sie missglückend zu wenig an den Gegenstand und dieser rutschte durch ihre zierlichen Fingern. Mit beeindruckender Reaktion fing er die kleine Phiole mit der anderen Hand auf. Doch Ella hatte den gleichen Gedanken und so berührten sich die Hände beider sehr kurz.
Just in diesem Moment veränderte sich diese Erinnerung und die Umgebung wurde hell und warm. Es war Sommer und die Blumen auf der großen, weiten Wiese waren in ihrer höchsten Zeit. Bienen, Wespen, Hummeln, Schmetterlinge und viele weitere Insekten flogen und krabbelten umher. Ella stand inmitten des Feldes und pflückte die roten Mohnblumen. Plötzlich ertönte ein überdehntes und gackerndes Lachen. Voller Neugier von wo das stammen könnte, lief sie auf den Waldrand zu. Umso näher sie kam, umso lauter und klarer wurde dieses Geräusch. Das kleine Mädchen stand wenige Meter vor den vielen Bäumen als sie still stand und nachdachte. Sie erinnerte sich an die gruseligen Geschichten, die ihre Mutter ihr jeden Abend vorlas. Doch ein schrilles Summen riss sie aus ihren Gedanken. Mit ihren Händen fuchtelte sie um ihren Kopf und plötzlich spürte sie einen stechenden Schmerz. Sie sah auf die Wunde und erkannte einen Stachel in ihrem kleinen Zeigefinger. Tränen flossen über das Gesicht des Mädchen. Den Strauch Mohnblumen trotz dessen fest im Griff rannte sie, so schnell sie konnte, zurück zum Haus ihrer Familie und rief nach ihrer Mutter.
Meine Sicht wurde klarer und ich sah nun wieder Severus, der mich mit weiten Augen anstarrte. >>Das- das warst du?<<, fragte er verwundert. >>Das war alles ich.<<, versuchte ich zu antworten. Er sprach weiter: >>Du warst damals in meinem Unterricht?<< Ich nickte: >>Sieht wohl so aus.<<
>>Aber warum hast du nichts gesagt?<<, hinterfragte er. >>Ich habe viele Erinnerungen aus meinem Kopf verdrängt und diese dann wahrscheinlich auch.<<, gab ich Antwort zur Frage. Er setzte fort: >>Als sich damals unsere Hände berührte, zeigtest du mir diese letzte Erinnerung. Warum?<<
>>Ich kann es auch nicht beantworten. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich diese Kraft noch nicht komplett unter Kontrolle und in panischen Momenten war es für mich schwieriger diese standzuhalten. Über dieses Ereignis auf dem Feld hatte ich mit niemanden gesprochen und ich schätze, dass in diesem Augenblick genau diese Erinnerung aus meinem Unterbewusstsein wollte.<<
>>War es ein Erkling?<<, fragte er mich. >>Ich hatte es nie zu Gesicht bekommen, aber ich denke schon.<<, antwortete ich. Hätte mir damals nie eine Biene gestochen, wäre ich heute nicht mehr hier.
>>Wie dem auch sei.<<, wechselte ich das Thema, >>Ich muss einfach nur >Legilimens< sagen?<< Severus nickte und fügte an: >>Und du musst fest davon entschlossen sein, die Gedanken deines Gegenüber wahrzunehmen.<< Nun nickte ich. Severus und ich tauschten die Plätze. Nun saß er auf dem Stuhl und ich stand ihm gegenüber. Die Spitze meines Zauberstabes richtete sich auf sein Gesicht und ich sprach: >>Legilimens.<< Es klappte gleich beim ersten mal und ich sah:
Severus saß am Lehrertisch wie viele seiner anderen Kollegen und musterte die Schüler, die an den langen Tischen der großen Halle saßen. Sie alle warteten auf die Zeremonie der Hausverteilungen. Nach einiger Zeit wurde die große Tür von Hagrid geöffnet. Hinter ihm kam eine kleine Gruppe Fremder zum Vorschein. Drei Mädchen und zwei Jungen, alle unterschiedliches Alter, liefen nach vorne und hielten eine Show ab. In ähnlicher Form geschah es auch im letzten Jahr beim Trimagischen Turnier, als die Schüler von Durmstrang und Beauxbaton hineinkamen. Als die junge Frau nach vorne trat, zauberte sie vor jedem Kollegen eine Lilie auf den Tisch.
>>Das bin ja ich?<<, entkam es mir und riss mich sofort aus Severus' Kopf. >>Hast du diese Erinnerung etwa auch vergessen?<<, fragte er und lachte. Ich schüttelte den Kopf. >>Du hast es ja schon ganz gut hinbekommen.<<, meinte Severus, >>Dann können wir ja gleich richtig starten. Ich bringe dich zur richtigen Stelle.<< Severus gab mir den fertigen Trank, den er zuvor in ein kleines Glas kippte. Ich trank es und gleich danach verschwand ich wieder in seinem Kopf.Severus ging durch die Dunkelheit und öffnete, als er ankam, die Tür zum Wirtshaus. Da sah er Ella alleine am Tresen sitzen und an einem Glas Elfenwein schlürfen. Als er neben ihr stand, flüsterte er in ihr rechtes Ohr: >>Ich hoffe Sie sind glücklich.<< Er sah, wie sie lächelte und sie bedankte sich. >>Sie bedanken sich viel zu viel. Prost.<<, sagte der Neuankömmling und hielt sein Glas, welches er sich zuvor bestellte, hin, um mit ihr anstoßen zu können. Ein wenig hatten sie sich unterhalten können als plötzlich Umbridge begann eine Rede zu halten. Sie redete ewig und es fühlte sich an, als ob sie kein Ende fand. Sie gab eine Runde Elfenwein aus. Als Ella ablehnte, sagte sie: >>Sie wollen doch nicht unhöflich sein!<< Nachdem alle die Gläser erhoben und die Flüssigkeit getrunken hatten, starrte sie Ella mit großen Augen an. Kurz darauf sprach Ella zu Severus: >>Mir ist nicht ganz wohl. Ich gehe mal kurz an die frische Luft.<< Es sah so aus, als hätte sie Probleme mit ihrem Gleichgewicht. Lange zögerte Severus nicht, denn er wollte die junge Frau nicht ihrem eigenen Schicksal überlassen.
Plötzlich verschwamm das Bild und eine ältere Hogwartsschülerin mit rotem Haar erschien. So wie dieses Bild kam, verschwand es auch wieder.>>Schau dich um.<<, befahl Severus mir, als wir wieder in der Realität waren. Ich startete von neuem: >>Legilimens.<<
Sie saßen nebeneinander am Tresen und unterhielten sich. Severus nahm wahr, dass sich Umbridge und Madame Rosmerta kräftig unterhielten.
>>Wir müssen morgen unbedingt mit Madame Rosmerta sprechen. Sie weiß wohl mehr als wir.<<, sagte ich als wir wieder zurück waren.
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Besuch auf Hogwarts | Severus Snape Fanfiction
Hayran KurguDie 24-jährige Eleonora "Ella" Meryos nimmt mit fünf weiteren Schülern aus Castelobruxo an einem Schüleraustausch in Hogwarts teil. Als angehende Lehrerin für ein Fach auf einer Zauberschule schaut sie sich die Kurse auf Hogwarts an und hilft auch e...