Historie des Brauens

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Es war anfang Dezember. Draußen fielen ab und an zarte, weiße Schneeflocken vom Himmel herab und landeten auf den noch warmen Boden und verschwanden so schnell, wie sie gekommen sind. Der Erdboden müsste meines Erachtens erst frieren, sodass wir hier eine schöne Schneelandschaft erwarten könnten. Im Schloss hingen schon vereinzelt die ersten runden Kränze aus Tannenzweigen und seit dem ersten Advent schmückte Flitwick jeden Tag einen anderen Tannenbaum in der großen Halle. Schüler redeten schon von den Feiertagen zu Hause und was sie sich wünschten. An jedem Sonntag flog ein genüsslicher Duft aus Zimt und Bratapfel aus der Küche. Für mich war es schon ein wundervolles Weihnachtsfest, obwohl es noch gar nicht richtig begonnen hatte. Ich saß hier in der Bibliothek und blätterte durch das Buch vor mir während ich hin und wieder aus dem Fenster neben mir sah. Nur noch wenige Schüler saßen vereinzelt an den Tischen und schrieben Aufsätze oder bildeten sich privat fort. Auch Hermine Granger saß vor einem dicken Wälzer und las konzentriert den Text vor sich, während sie mit dem linken Zeigefinger eine Strähne um ihn wickelte. Die Tage wurden kürzer und die Nächte länger. So wie heute. Den ganzen Nachmittag saß ich hier und las Bücher und Forschungsartikel zu Zaubertränke, denn Snape verlange von mir viel Wissen ab. Am Ende des Schuljahres brauchte ich ein Empfehlungsschreiben von dem Zaubertrankprofessor der Schule. In diesem Schreiben würde stehen, dass ich bereit sei, einen Kurs in diesem Fach unterrichten zu dürfen. Es geschah aber nicht einfach so. Snape bestand darauf, dass ich am Ende des Schuljahres eine Prüfung ablege, in der ich ein Gebräu herstellen soll, welches in keinem Lehrbuch rezeptiert war. »Das macht einen wahren Zaubertrankprofessor aus.«, sagte er zu mir als er mir von seiner »Idee« berichtete. Das war auch ein weiterer Grund, warum ich hier in dieser frischen Bibliothek saß und ein Buch über Zaubertränke las. Auf einer Seite blieb ich stehen, denn dieses Rezept fiel mir besonders ins Auge. Sehr gerne würde ich dies ausprobieren. Draußen schien nun der volle, weiße Mond am Himmel und erleuchtete die Bäume Hogwarts. Die Bibliothek wurde geschlossen und die restlichen Schüler packten die Bücher beiseite und gingen hinaus. Ich stattdessen ging zu Madam Pince, die Bibliothekarin. Sie kontrollierte streng durch ihre Brille die Bücher auf ihre Ordentlichkeit. >>Madam Pince? Verzeihung?<<, sagte ich und sie blickte zu mir herab, denn ich war ein Stückchen kleiner als die Dame vor mir, >>Ist es möglich, dass ich mir dieses Buch ausleihen darf?<< Sie sah auf das Buch, dann schob sie, mit zwei Fingern am Bügel, die Brille zur Nasenspitze, sah mich an und sprach: >>Leider ist das nicht möglich. Dieses Exemplar gibt es nur ein einziges mal auf Hogwarts und somit ist es nicht ausleihbar.<<

>>Vielen Dank. Das ist schade. Ich stelle es gleich wieder zurück ins Regal.<<

>>Geben Sie es mir. Ich bringe es nachher an die richtige Stelle.<<, sagte sie. Bevor ich ihr aber das Buch gab, nahm ich mir ein Stück Pergament und meine Schreibfeder, schrieb den Titel >>Historie des Brauens<< auf das Buch und sah mir das Cover noch einmal genau an. Dann übergab ich es ihr, verabschiedete mich und ging aus der Bibliothek. Ich lief die Korridore entlang bis ich in den Kerker ankam und eine grüne Flamme einer Fackel an den Wänden erblickte. In diese Richtung bewegte ich mich zügig, hielt aber an der Tür gegenüber an. An diese klopfte ich. Der Bewohner des Zimmers öffnete die Tür. >>Bitte!<<, sagte Snape und ließ mir Eintritt in die gute Stube. Auf dem Schreibtisch im Inneren lag ein Stapel beschriebener Blätter. Bestimmt war er gerade am Korrigieren, denn eine Feder und ein Fass mit roter Tinte standen neben diesen. Snape unterbrach meine Beobachtung: >>Womit kann ich Ihnen dienen?<<

>>Tut mir leid, wenn ich Sie störe...<<, sagte ich und sah dabei auf den großen Stapel. Er bemerkte meine Beobachtung: >>Keine Sorge. Manchmal tut eine kleine Pause auch gut.<< Da hatte er wohl wieder einmal Recht. >>Ja. Das stimmt wohl.<<, sagte ich und kam gleich zu meiner Bitte, >>Na ja, jedenfalls war ich bis jetzt noch in der Bibliothek und habe dort ein Buch entdeckt. Aber leider darf ich es mir nicht ausleihen. Deshalb habe ich still gehofft, ob Sie nicht eventuell dieses Exemplar hier haben.<<

>>Wie heißt es denn?<<, fragte er. Glücklicherweise schrieb ich den Titel zuvor auf. Ich nahm ihn aus einer Seitentasche meines braunen Rucksacks aus Leder. Ich las vor, was auf diesem kleinen Zettel stand: >>Historie des Brauens.<< Er starrte eine ganze Weile ins Leere. Es sah so aus, als überlegte er. >>Falls nicht muss ich morgen wieder in die Bibliothek gehen und das Rezept abschreiben.<<, unterbrach ich seine Gedankenzüge. Doch er sprach darauf schon: >>Ich habe noch ein paar Bücher über die Geschichte der Zaubertränke. Aber, was wollen Sie damit anstellen?<<

>>In dem Buch stand ein interessantes Rezept, welches ich wirklich gerne ausprobieren würde.<<, beantwortete ich ihm seine Frage, die äußerst gerecht war. Er befragte mich weiter: >>Und wie hieß es?<< Ich starrte Snape entgeistert an, denn ich wusste nicht mehr, wie das Buch hieß. So ein Mist. Wie konnte ich mir denn nicht das Gebräu merken? >>Sie haben es vergessen.<<, stellte er fest. Ich nickte: >>Ja.<<

>>Wissen Sie vielleicht noch, welche Zutaten dafür benötigt werden?<< Leider nein. Gar nichts wusste ich mehr. Ich schüttelte den Kopf: >>Nein.<< Er atmete tief ein und hörend wieder aus. Dann sagte er: >>Wenn das so ist, kann ich Ihnen leider nicht weiterhelfen. Aber Sie dürfen sich die paar Bücher durchschauen.<< Er lief zu einem Regal bevor er meine Antwort darauf wusste. >>Okay.<<, sagte ich enttäuscht von mir selbst, >>Tut mir leid. Aber trotzdem Danke.<< Die Bücher, die zuvor noch im Regal standen, nahm er und legte diese auf die Ledercouch, die ebenfalls ein Teil des Raumes war. Ich lief dorthin und nahm Platz. Etliche Blätter glitten über meine Finger bis mir diese eine Idee kam. >>Professor?<<, sagte ich, um seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Snape blickte von dem Blatt vor ihm auf und sah zu mir. >>Ich habe eine Idee, aber dafür brauche ich Sie.<< Er zog seine Augenbrauen zusammen und neigte leicht seinen Kopf zur Seite. Ich atmete tief durch und lief auf ihn zu. Er drehte sich auf seinen Stuhl in meine Richtung um und beobachtete jeder meiner Schritte. Ich zog meinen Zauberstab aus meinen Haaren, diese lösten sich und fielen am Rücken gewellt herunter. Die Spitze meines Stabes legte ich an meine Schläfe und mit der anderen Hand berührte ich sanft seine Wange. Dann blickte ich tief in seine Augen und er in meine:

Seite für Seite blätterte ich durch den dicken Wälzer vor mir auf den Tisch liegend. Rezept an Rezept reihte sich auf und jeden kannte ich schon. Ich stellte es wieder zurück in das Regal und entdecke ein weiteres in naher Umgebung. >>Historie des Brauens<< Ich nahm es heraus und begab mich wieder zurück auf meinen ursprünglichen Platz. Beim Aufschlagen bemerkte ich schon, wie alt dieses Buch wirklich war. Die Seiten waren vergilbt und zerbrechlich. Vorsichtig blätterte ich und traf auf ein interessantes Rezept. Ich las es mir durch: >>Stärkungstrank - Anwendung nach dunkler Magie. Zutaten: Salbeiblätter, Wurzel einer Alraune, Weinrautenessenz, Bezoar, Feuersalamander-Blut.<< Mehr las ich leider nicht, denn die Bibliothek wurde geschlossen...

>>Das ist immer wieder beeindruckend.<<, sagte Snape. Doch ich wollte wissen, ob er das Rezept erkannt hatte. >>Und?<<, fragte ich. >>Ja.<<, antwortete er, >>Es ist in keinem dieser Bücher auf der Couch. Es steht in einem anderen Buch.<< Er ging in den Nebenraum, wo er seine Tränke herstellte und kam mit einem kleinen Buch in der Hand zu mir. >>Darin steht es.<<, sagte er und als ich es ihm abnahm, bedankte ich mich und er wendete sich wieder zurück zu seiner Korrektur. >>Brauchen Sie noch Hilfe?<<, fragte ich ihn, denn es sah nach viel Arbeit aus und auf irgendeine Weise bin ich ja auch seine Assistentin für jegliche Schularbeiten, die anfallen. >>Wenn Sie schon so fragen.<<, sagte er, >>Sie können die Hausarbeiten der Erstklässler korrigieren. Ich kann Ihnen doch vertrauen, dass Sie wahrheitsgemäß die Arbeiten berichtigen, oder?<< Sicher. >>Ja klar. Gerne.<<, sagte ich. Daraufhin holte ich mir einen weiteren Stuhl aus dem Nebenraum und setzte mich neben Snape an dem Tisch, der groß genug für uns beide war. Dennoch berührten sich manchmal unsere Arme leicht. Nun hatte jeder vor sich einen guten Stapel Hausarbeiten und in der Mitte stand das Fass roter Tinte, denn ich besaß ja noch keinen. Wir saßen die ganze Nacht am Überarbeiten der abgegebenen Aufgaben. 

Besuch auf Hogwarts | Severus Snape FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt