EIN WACKELIGES KARTENHAUS

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Der heiße Kakaobecher wärmte leicht Shoyos Finger, die sich trotz des heißen Bades, welches er gestern noch genommen hatte, immer noch kalt und taub anfühlten. Heute hatte er eine dicke Mütze und einen dicken Schal angezogen. Er wollte nicht nochmal einmal so frieren wie er es gestern Nacht tat.


Shoyo blickte auf sein Handy und stellte fest, dass er fast zu spät zu seiner Verabredung mit Kenma kommen würde. Also nahm er einen großen Schluck des warmen Kakaos und joggte los. Der Schnee war komplett geschmolzen und er lief durch eine matte, farblose Gegend ohne Schmuck.


Den Stein hatte er gestern auf sein Nachtisch gelegt und als er heute aufgewacht war, hatte der ihn sofort an Kageyama erinnert. Und um zu verhindern, dass er jeden Morgen mit bitteren Gedanken an Kageyama dachte, hatte er den Stein in die hinterste Ecke seiner Sockenschublade in eine Socke gesteckt. Dort würde es ihm hoffentlich nicht mehr so sehr stören. Wenn Shoyo heute an die Aktion von gestern Nacht dachte, spürte er wie sich sein Herz ein bisschen leichter anfühlte. Es war also die richtige Entscheidung gewesen.


Als er wenige Minuten später um die Ecke bog und er am verabredeten Ort war, sah er auch schon Kenma, der an einem Getränkeautomaten angelehnt auf seiner Konsole herum spielte. Sobald er sich näherte, blickte Kenma auf und lächelte leicht. »Yo.« Er steckte seine Konsole weg und drehte sich zu ihm.


Shoyo zog ihn in eine kurze Umarmung. »Warst du noch bei Kuroo?« fragte er. Kenma nickte und dreht sich in Richtung seines Hauses. »Kuroo meinte ich müsste unbedingt vorbeikommen, weil er mir irgendwas zeigen wollte.«, antwortete er mit einem Augenverdrehen.


Die Beiden ging gemütlich nebeneinander her und unterhielten entspannt. Die dunklen Gedanken von letzter Nacht sind mit dem Schlaf verschwunden und er freute sich den Nachmittag mit Kenma zu verbringen. Der würde ihn vor all den schlechten und schmerzhaften Gedanken beschützen. Sowie er es seit Kageyamas Verschwinden getan hatte.


~~~


Das große Haus der Familie Kozume war leer. Kenma war sehr erfreut darüber, denn dann konnte er Shoyo ganz für sich haben. Die Beiden zogen ihre dicken Sachen aus und gingen in die Küche, um gleich Wasser für einen Tee aufzustellen. Shoyo setzte sich an den Tisch und trank den letzten Schluck seines Kakaos.


»Und hat er sich gemeldet?« fragte Kenma und setzte sich zu Shoyo an den Tisch. Ein Schwall von negativen Gefühlen lief Shoyo den Rücken runter, doch er ignorierte sie. »Nein« Shoyo richtete seinen Blick auf die Tischplatte vor ihn und hoffte nicht weiter über dieses Thema zu reden müssen, doch Kenmas intensiven Blick zu urteilen, würde er heute nicht darum kommen. Soviel zu einem entspannten Nachmittag...

»Hör zu, Kenma, ich hab's getan. Es hat lange gedauert, aber ich hab's gemacht« Er blickte zu Kenma. Dieser verengte seinen Augen. »Du hast ihm also endlich alles geschrieben, was dir auf dem Herzen liegt und mit ihm endlich alles beendet?« fragte er skeptisch nach.


Shoyo schluckte und richtete seinen Blick wieder auf die Tischplatte. Er spielte nervös mit seinem Kakaobecher. »Naja... nein, ich hab nur den Stein von der Brücke geholt.... « murmelte er leise. Das laute Schnauben von Kenma zeigte, dass dieser nicht sehr erfreut über dieses Geständnis war. Mit einem Ruck stand er auf und ging zu dem kochenden Wasser herüber, um zwei Tassen Tee aufzugießen.

Die eine stellte er vor Shoyo, die andere behielt er in der Hand. Doch anstatt sich wieder gegenüber von Shoyo hinzusetzen, ging er wütend in der Küche auf und ab. Das Gefühl Kenma enttäuscht zu haben, kam in Shoyo auf und er fühlte sich plötzlich sehr unwohl. Zögerlich hob er seinen Blick und drehte sich zu Kenma.


»Kenma... du weißt-«, er wollte irgendwelche Entschuldigung hervorbringen, doch er wurde abrupt von Kenma unterbrochen.

»Nein Shoyo! Ich will nix hören. Du liegst mir seit Monaten in den Ohren wie sehr es schmerzt. Wie sehr verletzt und hintergangen und verlassen du dich fühlst. Und ich versuche dir zu helfen. Ich tu wirklich alles... Doch du wiegst dich immer und immer wieder in deinem Schmerz. Komm in der Realität an! Er kommt nicht zurück. Kageyama ist einfach gegangen ohne einen Gedanken an dich zu verschwenden! Also hör auf deine Gedanken an ihn zu verschwenden und mach mit deinem Leben weiter! «


Shoyo hatte Kenma noch nie so wütend gesehen. Er starrte ihn erschrocken an. Kenma holte tief Luft und versuchte sich zu beruhigen. Dann hockte er sich zu Shoyo und blickte ihm offen ins Gesicht.

»Ich weiß, wie sehr es weh tun kann. Ich versteh dich. Wenigstens ein bisschen. Deswegen will ich dir ja helfen. Aber du lässt dir nicht helfen. Und es schmerzt, die Person, die man liebt, leiden zu sehen.«

Shoyo schluckte schwer. Er wusste von Kenmas Gefühlen, doch er hatte nicht gemerkt wie sehr er ihn mit seinem Verhalten verletzte.


»Es tut mir leid.«, er zog Kenma in eine Umarmung. Ihm war nicht bewusst gewesen, wie sehr er von seinem Freund abhängig war und trotzdem seine Hilfe nicht angenommen hatte. Er klammerte sich an ihn ohne ihn je wieder loslassen zu wollen.

Dann schluchzte er leise. Ein leichtes Zittern beherrschte Shoyos Finger und er krallte sie in Kenmas weichen Pulli. Die Tränen kamen aus dem Nichts und liefen schweigend über seine Wangen. Kenma hielt ihn fest gedrückt in seinen Armen und strich sanft mit seiner Hand über Shoyos Rücken.

Es war nicht das erste Mal, dass Shoyo zusammen brach. Shoyos Leben war ein gebrechliches Kartenhaus seit langem. Und Kageyama war eine Konstante gewesen, die ihm gezeigt hatte, dass man die Karten auch am Boden festkleben konnte. Doch seitdem er gegangen war, hat sich der Kleber verflüssigt und nun klebten die Karten des zusammengefallenen Hauses am Boden fest, ohne Aussicht darauf, dass es sich wieder zusammenbauen lassen würde.




heeey, 

vielen Dank für eueren Support!!! Bedeutet mir echt viel. Dieses Kapitel ein bisschen Kenma-Action und auch im nächsten. Freut euch darauf :P

Gruß jeeeness

versprochen und gebrochenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt