9. Träume

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Lange jedoch währte Vs schlaf nicht. Nach dem kurzen Traum, wachte er wieder auf und konnte nicht mehr schlafen. Taehyung fühlte sich allein. So allein wie er sich noch nie gefühlt hatte. Sein Kopf schmerzte und sein Herz. Nie hätte er geglaubt so wieder fühlen zu können. Wieder erfüllte ihn nur diese Stille. Diese unerklärliche Stille, welche in der Hütte herrschte. Und nun durchströmte ihn das Gefühl der Einsamkeit. Träge griff V nach seinem Handy und zögerte. Seine Uhr zeigte halb fünf an. Es war keine gute Idee um die Uhrzeit Jungkook aus seinem wohlverdienten Schlaf zu reißen und V fragte sich wie er auf diesen bescheuerten Gedanken kam. Wie kam er bitte darauf jetzt Jungkook anrufen zu wollen?

Vertrieb ein Anruf mit seinem Manager die Einsamkeit, die er verspürte? Nein, bestimmt nicht. Oder doch? Taehyung war hin und her gerissen und plötzlich begann er Wut zu verspüren. Wut auf sich selbst. Wo war sein schönes Leben hin, das er einmal gehabt hatte? Das grenzenlose Glück, welches er verspürt hatte? Die Einsamkeit begann ihn zusammen mit der Stille zu erdrücken und in seiner Not schaltete V den Wasserkocher an. Während ihn das Geräusch des heiß laufenden Wassers langsam beruhigte, holte er sich einen Teebeutel, den Roman und Block und Stift. Vielleicht konnte er ja doch noch an einer Melodie arbeiten, an einem Lied, welches ausdrückte was er gerade verspürte. Doch V war leer. So leer wie seine Tasse, in die er immer noch nicht den Teebeutel gehängt hatte.

Langsam goss er das blubbernde Wasser in seine Tasse, legte den Teebeutel dazu und fragte sich in diesen Moment was für einen Tee er sich überhaupt geholt hatte. Gute-Abend-Tee, eine beruhigende Kräutermischung. Welche Ironie, dachte V bei sich und ignorierte die weitere Stille, in dem er begann mit dem Stift wirre Kreise und Linien auf dem ersten Blatt des Blocks zu ziehen. Es war trostlos. Eine Farbe, die sich immer wieder selbst begegnete, immer nur dieselbe war. Die Wut kehrte so plötzlich in V zurück, wie er es nicht erwartet hatte und er schmiss frustriert Block und Stift an die Wand. Es gab ein dumpfes Geräusch von sich als beides den Boden berührte und ein weiteres als der Stift über den Boden rollte. Danach kehrte wieder Stille ein.

Einen kurzen Moment glitt Taehyungs blick wieder zum Handy, doch er schüttelte den Kopf. Stattdessen griff er nach dem Roman und begann dort weiterzulesen wo er aufgehört hatte. Die Geschichte handelte um einen Wolf, wie er aufwuchs, eine Familie gegründet hatte und dann von Menschen gefangen genommen worden war. Das Flugzeug, in dem er transportiert wurde, stürzte an einem unbekannten Ort ab und nur er und ein weiterer Mensch überlebten das Ganze. Dann ging es um die Reise zurück und darum, wie der Wolf den Menschen zu seinem Rudel machte. V versank komplett in der fremden, emotionalen Welt des Wolfes. Er vergaß seine eigenen Gefühle und auch das Handy welches unschuldig neben ihm lag.

Sich die Tränen wegwischend, legte Taehyung schließlich das Buch beiseite und trank einen Schluck seines Tees. Er war kalt und völlig überzogen. Angeekelt, kippte er den Tee weg und machte sich einen neuen. Nachdenklich saß er auf seinem Schlafsofa und schaute hinaus in den Wald. Das Licht hatte er ausgeschaltet, denn er brauchte es nicht mehr. Die Sonne war am Aufgehen und erstaunlicher Weise genoss V den Anblick, den die einzelnen Lichtstrahlen verursachten, welche durch das Dickicht der Bäume schafften durchzugelangen. Langsam öffnete er die Terassentür trat hinaus, eingewickelt in seiner Decke und lauschte dem immer mehr werdenden Vogelgesang. Diese Naturstille war schon gleich viel besser.

Lone WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt