Langsam wir der Luxus des Kapitols zur Gewohnheit. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich so schnell an die Extravaganz und den Überfluss gewöhnen könnte, aber mittlerweile schenke ich dem, was mich nur wenige Tage zuvor in Begeisterung versetzt hätte, nicht mal mehr einen zweiten Blick. Es hat nicht lang gebraucht, nur 3 Tage, und es hilft mir zu verstehen, wie die Bewohner des Kapitols, gefangen in ihrer bunten Blase aus Perfektion und Reichtum, so blind sein könne für das Elend in den Distrikten. Wenn ich mein Leben lang nur von silbernen Tellern gegessen , und mich am Morgen nicht mein schmerzender Rücken, sondern nur die Frage was ich anziehen soll, geplagt hätte, dann würde ich wahrscheinlich auch jubelnd vorm Bildschirm sitzend, eingekuschelt in eine warme Decke, mit einer Tasse Kakao, und würde mir meine Lieblings Tributen aussuchen. Mittlerweile komm ich mir selbst vor wie eine Zuschauerin, die die Vorzüge einer Luxusloge genießen darf. Wenn ich morgens aufwache bin ich orientierungslos und will nach meinen Geschwistern schreien, aber sobald ich mich an den reichgedeckten Frühstückstisch setzte, fühle ich mich wie eine Königin. In den letzten Tagen habe ich kaum mehr gegessen, sondern eher wie ein wildes Tier geschlungen. Aber egal wie sehr ich mich auch vollstopfe, am Ende bleibt das Loch, dass ich Tag und Nacht in meinem Bauch spüre ungefüllt und holt mich zurück in die Realität. Es erinnert mich daran, was in weinigen Tagen, passieren wird, und was unaufhaltsam näher rückt, Stunde um Stunde, Minute für Minute. Ich habe immer noch kein Wort mit meiner Mentorin gewechselt. Diese Tatsache und meine Zeit im Trainingscenter führen mir immer dann deutlich vor Augen wie hoffnungslos meine Lage ist, wenn ich nur das Loch in mir spüre und mir vorstelle, dass ich das alles hier einfach so genießen darf, ohne dafür mit meinem Leben bezahlen zu müssen.
Das Trainingscenter. Ach ja, die Hand, die mir ins Gesicht klatscht und mich zurück auf den Boden der Tatsachen holt, wann immer ich mir Hoffnungen mache und mir Überlebensstrategien überlege.
Die anderen sind keine Jugendlichen, das sind verdammte Tötungsmaschinen.
Ich halte mich in der Regel bei den Stationen auf, wo man sich Fähigkeiten wie „Feuermachen" oder „giftige Pflanzen von essbaren unterscheiden können" aneignen kann, weil ich mir keine Illusionen mache, dass ich innerhalb einer Woche den Vorsprung, den die anderen im Umgang mit Waffen haben, auf hohlen kann. Von dort habe ich allerdings einen guten Blick auf die trainierenden Karrieros, ein Blick, der so gut ist, dass ich mir fast ins Hemd mache, wenn diese Jugendlichen an mir vorbei gehen. Von meinem stillen Eck aus, kann ich mich unentdeckt einschüchtern lassen, von diesen gottgleichen Kriegern und Amazonen, die an den Übungspuppen keine Gliedmaßen lassen und die Köpfe der Armen buchstäblich in Fetzen schlagen. Und das bring die nicht mal ins Schwitzen!
Hin und wieder werden sie die jüngeren und schwachen abschätzige Blicke zu, aber die meiste Aufmerksamkeit widmen sie jenen, die sich als eine Bedrohung für sie entpuppen könnten. Ich
beobachte sie dabei, wie sie die beiden aus 10 mustern, zwei kräftige 18-Jährige, und das Mädchen aus 7, die überraschender Weise ganz gut mit dem Speer umgehen kann. Irgendetwas sagt mir, dass ihre Chancen, beim Blutbad zu entkommen, mit jeder Trainingsstunden, in der sie ihre Fähigkeiten vor den Karrieros zur Schau stellen, kleiner und kleiner werden. Ein Grund warum ich mich versteckt halte. Nicht, dass ich groß etwas zu bieten hätte, aber ich bevorzuge es unsichtbar zu bleiben und in Ruhe meine Stöcke gegeneinander zu rubbeln und aus sicherer Distanz zu beobachten.
Die meiste Zeit ruhen meine Blicke auf dem Jungen aus 2.
Seit meiner Begegnung mit ihm in den Stallungen, schweifen meine Augen immer wieder ab und suchen nach ihm, wobei die Suche meist nur von kurzer Dauer ist, weil der Junge wie ein Berg über die Köpfe der andern ragt.
Seine Leistungen beim Training sind kaum mit dem Wort „beeindruckend" passend beschrieben. Er ist ein umwerfender Speer- und Schwerkämpfer, wie die meisten Tribute aus Distrikt 2, weiß aber auch mit dem Bogen umzugehen, was eine eher ungewöhnliche Fertigkeit für einen Karriero seiner Statur ist. Zu meiner Überraschung, gibt er sich nicht nur den andern Tributen gegenüber kühl und schweigsam, sondern wirkt auch im Umgang mit den anderen aus 1 und selbst mit dem Mädchen aus seinem Distrikt distanziert. Nicken und Kopfschütteln, machen den Großteil seiner Kommunikation aus und häufig, steht er etwas abseits der anderen, die scherzen und sich unterhalten, während er sich nicht von der Stelle rührt und seien Blick ins Leere richtet. Manchmal erwische ich ihn aber dabei, wie er sich umsieht. Dabei dreht er den Kopf immer in eine ganz bestimmte Richtung.
Zu mir.Anfangs dachte ich mir, dass ich mir das nur ein bilde, aber als sich unsere Blicke das erste Mal getroffen haben, hat der den Kopf ruckartig weggedreht und ist rot geworden. Fast hätte ich gedacht, dass dieser Berg von einem Jungen gleich zum Kichern anfängt, aber stattdessen ist ein Lächeln für einen Sekundenbruchteil über seine Lippen gehuscht. Seit jenem Augenblick, rattert es in meinem Kopf und das Loch in mir ist ein bisschen kleiner geworden
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das Mädchen aus Distrikt 8
FanfictionWillkommen, willkommen, zu den 56. Hungerspielen! Die 17-jährige Sage Rosesleeve aus Distrikt 8 verfolgt eine nie dagewesen Strategie um die diesjährigen Spiele zu gewinnen...eine Beziehung mit einem Karriero! Der starke, schüchterne Junge aus 2 sch...