Ich habe einen Plan. Es ist kein besonders guter, aber es ist der erste den ich wirklich irgendwie umsetzten könnte, zumindest dachte ich das um 4 Uhr morgens als er mir eingefallen ist. Ich habe heute Nacht gute 3 Stunden geschlafen, mit entsprechendem Elan bin ich dann schließlich auch am Morgen aus meinem Bett gekrochen aber nach dem Frühstück muss ich wach sein. Vor dem Training muss ich noch raus finden, wie man es anstellt sein Make up so zu machen, dass einem das Gesicht nicht gleich mit dem kleinsten Tropfen Schweiß runter rinnt. Nach dem ich mir einen Korb voll Brötchen und ein halbes glas Honig einverleibt und mit einem guten Liter Apfelsaft und ein paar Tassen Kaffee runtergespült habe, bin ich bereit mich der Aufgabe zu stellen. Ich sperre mich im Bad ein. Ich habe ganz genau 27 Minuten, um mich so zu schminken, dass ich ungeschminkt aussehe aber mein Gesicht trotzdem auf magische Weise plötzlich das einer wunderschönen Elfe gleicht.
Das wird ein Spaß.
Zuerst klatsche ich mir irgendwelche Cremen ins Gesicht, wobei ich penibel darauf achte, nur die gut duftenden zu nehmen, dann trage ich eine Schicht hautfarbenes Zeugs auf, das absolut nichts mit der öligen Substanz zu tun hat, die ich zuhause immer hergenommen hab, um meine Pickel ab zu denken. Dieses Zeug ist leicht und passt sich der Haut unwahrscheinlich gut an. Vor lauter Begeisterung darüber, dass mein Pickel danke der Paste wirklich mit meiner restlichen Haut verschmelzen, klatsche ich mir gleich noch eine zweite Schicht davon ins Gesicht. Ich bürste Haare und Augenbraun noch einmal durch und arbeite mit einem winzigen Pinsel eine Art schwarze Farbe in meine Wimpern ein, so wie meine Stylistin das bei mir gemacht hat vor der Parade.
Ich schaue mir das Ergebnis kritisch im Spiegel an, während ich versuche meine dünnen Haare, die ich zu einem einfachen Pferdeschwanz zusammen gebunden habe mit einer Bürste etwas mehr Volumen zu verleihen.
Na gut, ganz so gravierend ist der Unterschied dann doch nicht. Es starrt mir immer noch die gleiche Sage entgegen, wie vor einer knappen Halben Stunde, aber wenigsten sind meine Augen etwas besser betont und mein Hautbild ist reiner als zuvor. Vielleicht bilde ich mir das aber auch nur im Licht der Badezimmerlampe ein.
Na ja, jetzt ist es auch egal. Ich atme noch einmal tief durch und übe mein gewinnendes Lächeln, da ruft auch schon Belt nach mir. Verdammt Sage, bring bloß deine Augen zum Strahlen. Ich lasse die Badezimmertür hinter mir ins Schloss fallen und folge Belt ins Trainingscenter.Ein Hauch von Schweiß liegt in der Luft. Ich schaue den anderen beim Training zu, während meine Hände wie von selbst ein Seil aus Schlingpflanzen knüpfen. Über die letzten paar Tage hinweg habe ich alle Aufgaben der Survival-Station gemeistert.
Die Karrieros gehen wieder einmal ihrer Lieblingsbeschäftigung nach und stellen ihre Muskeln zur schau, während sie Übungspupen mit Dolchen und Schwertern enthaupten. Das Mädchen aus 11 übt daneben mit einer der Trainerinnen Schwertkampf, erntet für ihre dürftigen Versuche einen Treffer zu landen nur hämisches Gelächter von dem Mädchen aus 2, die anscheinend genug davon hat wehrlose Objekte zu malträtieren und darauf wartet den Tributen aus 11 abzulösen. Die Kleine aus 11 schreit auf, als ihr die Trainerin mit voller Wucht das Schwert aus der Hand schlägt und hält sich das Handgelenk. Sie hält den Kopf gesenkt, aber ich kann sehen, dass sei mit den Tränen kämpft. Wortlos zieht sie sich zurück und überlässt die arme Trainerin dem kampflustigem Mädchen, dass ohne langen zu fackeln sofort an ihrer Stelle auf die Trainerin los geht. . Im selben Moment legt meine Zielperson sein Schwert nieder und greift nach einem Langbogen. Die Zielscheiben fürs Bogenschießen stehen etwas abseits des Paares aus 1. Ich kann mein Glück gar nicht fassen. Er legt den Pfeil an und ZACK! Trifft genau in die Mitte. Und da ist er wieder. Der verräterische Blick in meine Richtung.
Jetzt Sage, jetzt!
Aufstehen, Haare aus dem Gesicht, Bauch rein und Brust raus. Aus dem schwungvollem, elegantem Aufrichten wird nichts. Meine Knie fühlen sich an, wie mit Pudding befüllt und ich muss mich erst mal an der Wand abstützen, um nicht aus dem Gleichgewicht zu geraten.
Komm schon Sage. Lächeln. Natürlich wirken. Und um Himmels willen nicht stolpern. Ich atme tief ein, warte eine Sekunde und lasse die Luft wieder aus meinen Lungen strömen. Überraschenderweise geht dabei wirklich auch etwas von meinem Stress mit und mein Körper fühlt sich etwas weniger...seltsam an als ich mich Aufrichte. Jetzt, Haltung bewahren. Vergiss nicht, du bist ein süßes, unschuldiges Mädchen, dass zwar interessant, witzig und verständnisvoll, aber auch absolut harmlos ist. Du kannst ihm nicht einmal annähernd das Wasserreichen, aber du bist bereit die Schulter zu sein, an der er sich ausheulen kann. Nicht das er jemals weinen würde. Gib ihm auf keinen Fall das Gefühl schwach zu sein. Schlüpf in die Rolle und leg sie erst wieder ab, wenn du die Arena als Siegerin verlässt oder dich diese verdammten Hovercrafts hohlen kommen.
Na los Sage, du kannst das! Drei Schritte noch, dann muss meine Maske perfekt sitzen. Drei, zwei, eins...
„Ich...ehm...hallo". Ich halte den Kopf gesenkt und hebe das Kinn etwas an. Mein Lächeln ist nur angedeutet, aber er sollte es erkennen könne. Mein Gott, ich hoffe, dass meine Augen in dem Licht der Neonleuchten funkeln.
Der Junge reißt die Augen auf und lässt den Bogen beinahe fallen. Ich mache ihn nervös, das ist gut.
Er zögert, er dreht sich nicht um. Natürlich. Er ist sich nicht sicher, ob ich ihn gemeint habe. Ich gebe ihm einfach die Zeit und beweg mich nicht von der Stelle. Es dauert keine Sekunde, bis er sich zaghaft zu mir dreht, aber es kommt mir vor wie eine Ewigkeit. Meine Hände sind feucht und kalt. Sie verraten mich, also verschränke ich sie hinter meinem Rücken. Mein rasendes Herz kann ich nicht verstecken. Es hüpft wild auf und ab, aber ich lasse mir nichts anmerken. Ich bin die Ruhe in Person.
„Hey", ich suche Augenkontakt, wende ihm mein Gesicht aber nicht ganz zu. Er erinnert mich an einen scheuen Hengst, der die Nüstern bläht und unruhig auf der Stelle tänzelnd. Eine falsche Bewegung und man hat einen Huf im Gesicht.
„Ich, ich habe dir zugesehen. Du kannst das wirklich gut, weißt du." Noch sagt er kein Wort. Warum sollte er auch? Ich habe ihm noch keine Gelegenheit gegeben zu sprechen, aber das Kompliment hat ihm sichtlich gefallen. Er weiß, dass er ausgezeichnet mit Speer und Schwert umgehen kann, aber Bogenschießen ist für ihn eine seiner „schwächeren" Disziplinen, wahrscheinlich ist er es nicht gewohnt Lob dafür zu bekommen. Irgendetwas sagt mir, das die Trainer und Trainerinnen in 2 nur Perfektion Beachtung schenken.
„Könntest du...könntest du mir zeigen, wie man das macht?" Er hebt überrascht die Augenbraun. Jetzt sag doch mal was, Junge! Peinliches Schweigen ist keine Option, also rede ich einfach hastig weiter:" also, natürlich nur, wenn du Zeit hast. Und willst." Meine Güte, was stottere ich den da zusammen? Ok, ich muss ruhig bleiben. Ich spiel die Rückzugs-Karte aus.
Ich versuche meine Augenlieder zu einem schüchternen Blinzeln zu bringen und hoffe, dass es so süß aussieht, wie bei den Mädchen aus diesen Jugendromanen und nicht wie ein epileptischer Anfall. „Ach, weißt du was? Vergiss es. Das war eine blöde Idee". Ein müdes Lächeln und die Andeutung einer Bewegung, die man als Zurückweichen verstehen kann und mein Plan kommt ins Rollen. Der Junge macht endlich den Mund auf, und während er spricht kann ich fühlen, wie die Anspannung nach und nach abfällt, wie Sandsäcke, die man von einem Heißluftballon schneidet, um höher zu steigen.
„Sicher. Hier, nimm den Bogen".
Ich zucke überrascht zusammen. Auch wenn ich darauf gehofft hatte, kann ich nicht glauben, dass das so einfach war..
Er sieht an mir vorbei, als er mir den Bogen reicht, aber ich schaue ihm direkt in die Augen. „Danke". Er weiß es nicht, aber ich bedanke mich nicht für die Hilfe beim Schießen-üben. Das Danke war dafür, dass er mir nicht nur den Bogen in die Hand gedrückt, sondern Hoffnung gegeben hat.
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das Mädchen aus Distrikt 8
FanficWillkommen, willkommen, zu den 56. Hungerspielen! Die 17-jährige Sage Rosesleeve aus Distrikt 8 verfolgt eine nie dagewesen Strategie um die diesjährigen Spiele zu gewinnen...eine Beziehung mit einem Karriero! Der starke, schüchterne Junge aus 2 sch...