Die Tage vergingen schneller als ich dachte, denn plötzlich waren die letzten Arbeiten geschrieben, die letzten Prüfungen abgegeben und die letzten Fachbücher würden nun für ein Sommerpäuschen geschlossen bleiben. Und in zwei Tagen waren meine Freundinnen und ich schon auf dem Weg nach Ibiza, wo wir es uns für eineinhalb Wochen gutgehen lassen würden. Die Sommerferien hatten wir uns schließlich alle wohl verdient.
Es war noch relativ früh am Morgen und ich trat gerade meine letzte Schicht vor dem Urlaub im Café an. Während ich die ganzen Getränke vorbereitete und der Servicekraft auf einem Tablet vorbereitete, dachte ich mit einem Lächeln an die letzten Wochen.
Neben dem vielen lernen für die letzten Prüfungen und den Schichten im Café blieb leider nicht ganz so viel Zeit für alles andere. Doch die abendlichen Sommernächte auf dem Balkon mit meinen Freunden und die Ausflüge an den See oder in den Englischen Garten waren wie immer total entspannend und schön gewesen.
Wieder mal in Gedanken versunken und mit dem Rücken zur Eingangstür bemerkte ich die Stimme erst, als sie mich direkt ansprach,
„Einen schwarzen Kaffee zum Mitnehmen bitte".
Ich erschrak etwas und schüttete etwas Milch auf den Tresen, doch als ich mich umdrehte und das zugehörige Gesicht zur Stimme sah, war die Milch komplett vergessen. Der Mann war nämlich kein geringerer als mein „Retter" von vor wenigen Wochen, an den ich zugegebenermaßen vielleicht ein paar Mal denken musste. Er war mir einfach komischerweise im Gedächtnis geblieben.
Doch auch der junge Mann sah mich nun wohl etwas genauer an, den mit einem überraschten, aber durchaus freudigen Lächeln sagte er
„Oh hey, du arbeitest hier?",
„Ähm, ja, ich bin für die Getränke zuständig" stammelte ich immer noch überrascht. „Ich kümmere mich mal um deinen Kaffee".
„Cool, danke! Wie lange arbeitest du denn schon hier?" begann er ein ungezwungenes Gespräch.
„Schon etwas länger. Ich hab hier angefangen, als ich vor zwei Jahren hierhergezogen bin",
„Ehrlich? Wie kommt es, dass ich dich hier noch nie gesehen habe?" fragt er ehrlich überrascht.
„Wieso? Bist du öfter hier?"
„Ja schon, so ziemlich jeden Morgen komme ich rein, um mir einen Kaffee mit auf den Weg zu nehmen. bin leider meistens zu spät dran, um mir selbst einen zu machen" meinte er lachend.
Langsam musste ich auch lächeln und sagte
„Oh, naja, das liegt dann wahrscheinlich daran, dass ich normalerweise immer die Nachmittagsschicht wegen meinen Vorlesungen habe. Aber durch die Semesterferien bin ich heute schon so früh hier. Wie sieht's bei dir aus, bist du auf dem Weg zur Arbeit? Oder zu letzten Vorlesung?"
„Ehm, Arbeit könnte man wohl sagen." antwortete er wage und irgendwie auch etwas ausweichend, doch bevor ich nachfragen konnte, entwich ihm nach einem kurzen Blick auf seine Armbanduhr, eine teure Armbanduhr, ein leises „Oh scheiße".
Etwas lauter meinte er dann „Sorry, heute bin ich wohl derjenige der total spät dran ist!",
„Kein Problem, hab nen schönen Tag" meinte ich schmunzelnd und stellte ihm seinen fertigen Kaffee auf den Tresen, konnte aber den leicht enttäuschten Unterton nicht ganz vermeiden.
Heute Morgen war noch nicht viel los im Café und ich hatte wohl irgendwie gehofft, unser Gespräch fortzuführen. Ich weiß nicht warum, aber er interessierte mich total. Ich mochte seine Art und seinen Charme. Natürlich war er auch wirklich heiß, aber es war eher der Schelm hinter den Augen, der immer wieder hervorblitzte und der mich total neugierig machte.
Er drückte mir einfach einen Schein in die Hand, bevor ich ihm überhaupt den Preis genannt hatte, doch nach einem kurzen „Passt schon" drehte er sich mit einem letzten, gehetzten Lächeln zum Gehen um.
Einen Schritt später drehte er sich allerdings nochmal zu mir um und meinte
„Ich bin übrigens Leon" und mit einem kleinen Schmunzeln sagte auch ich „Ich bin Kathi."
Wir sahen uns an und mussten beide grinsen und mit einem letzten Ciao und kurzen Winken drehte er sich um und hechtete zum Ausgang.
Summend machte ich mich wieder an die Arbeit, auf einmal viel besser gelaunt. Doch als ich gerade das Geld wegräumen wollte, bemerkte ich, dass das nicht die Summe eines normalen Trinkgeldes war. Mein Gott, das war viel zu viel.
Unwillkürlich fragte mich, wieso er auf die Frage mit dem Job so ausweichend geantwortet hatte. Seiner Uhr und diesem lachhaften Trinkgeld nach zu urteilen, hatte er aber entweder einen wirklich erfolgreichen Job, oder einfach eine reiche Familie.
Nachdem er allerdings in Sportklamotten unterwegs war, verwarf ich den Gedanken an einen erfolgreichen Bürojob wieder und bleib beim Bild eines reichen Studenten.
Das ich mit diesem Gedanken allerdings völlig falsch lag, ahnte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht.
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Manchmal soll es wohl einfach so sein...
Roman d'amourKathi ist eine ganz normale Studentin. Ihr Leben unterscheidet sich also nicht wirklich von denen anderer junger Erwachsener: etwas reisen wenn es das Budget zulässt, sich mit Freunden treffen, ein wenig feiern gehen und dabei studieren. Doch durch...