Kapitel 1: Sein letzter Wunsch

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"Ich habe es noch nie jemanden erzählt, aber ... ich habe immer gedacht, dass sie Leuchttürme sind."

Mit einem lauten Knall krachte das Auto der Agentur Sigmund Corps gegen den Baum in der Einfahrt. Doktor Watts und Doktor Rosalene stiegen aus und sahen sich giftig an. "Kannst du denn nicht fahren!?"

"Was? Ich habe doch nur heldenhaft versucht dem Eichhörnchen auszuweichen!" Doktor Neil Watts, er war ein dunkelblonder Herr mit einer schwarzen Brille. Der Kittel stand ihm gut. Neil nahm seinen Job nicht immer all zu ernst und konnte sich so manch Spruch nicht verkneifen, neckte seine Kollegin sehr oft und hatte ein eher kindisches Verhalten, doch er machte seinen Job gut.

"Du hast es trotzdem überfahren, Watts. Du hast das Eichhörnchen überfahren ... und bist gegen den Baum gerollt."

Doktor Rosalene. Eine braungebrannte, fast dunkelhäutige Frau. Auch sie trug eine dunkle Brille und ihre glatten schwarzen Haare fielen ihr bis zur Hüfte.

"Ist ja auch egal, der Wagen ist ja eh von der Agentur."

Er tippte auf das dunkelblaue Auto.

"Umso besser, wir werden ne' Menge Ärger kriegen!"

Der Grund für die schlechte Laune war  nicht nur der Autounfall, sondern dass die beiden schon wieder eine Nachtschicht vor sich hatten. Nicht gerade das was man sich nach einem langen Arbeitstag wünschte, aber das gehörte eben dazu, wenn man in einem Job arbeitete, wo Menschen starben.

Die beiden Wissenschaftler gingen einen großen Hügel hinauf. Das Rauschen von großen Gewässern konnte man bereits hier hören, das rote Licht der Sonne umspielte den sonst so blauen Himmel. Grüne Bäume und etliche bunte Blumenbeete umgaben das weiße Haus beinahe ganz oben auf dem Berg. Die blauen Ziegel wirkten wie das Meer.

"Kein schlechter Ort für die Rente, was?", meinte Doktor Rosalene, während sie an der Tür klingelte. Blaue Vögel saßen zum Abendrot in den Bäumen, hier und da huschte ein Eichhörnchen über den festgetretenen Weg. Hinter dem Haus war ein großer Leuchtturm zu sehen, direkt an der steilen Klippe des Meeres.

"Nachtschichten. Liebst oder hasst du sie?"

"Du kennst die Antwort, du Nachteule", entgegnete Dr. Rosalene dem neckischen Ton ihres Kollegen.

"Wenn die Sonne tief steht ... und das sanfte Meeresrauschen deine Ohren umspielt und..." "Halt den Mund." "...und deine Augenlider langsam... oh!"

Die Tür des Hauses am Meer öffnete sich und eine Frau mittleren Alters schaute erwartungsvoll heraus.

"Doktor Rosalene und Doktor Watts, nehme ich an?"

"Ja, richtig."

"Danke, dass sie so kurzfristig kommen konnten."

"Ist nicht schlimm, ich kann auch keine Tode vorhersagen." Doktor Watts kicherte, doch damit war er der einzige.

"Ich bin Lily, hier entlang, bitte."

Während die drei in das schöne Haus gingen unterhielten sie sich weiter.

"Und sie sind die Tochter des Patienten?"

"Nein, die Pflegerin. Und das sind meine beiden Kinder Tommy und Sarah. Johnny ist oben, ich führe Sie zu ihm."

"Eh, Johnny? Für Kinder sind wir nicht zuständig."

Die beiden Kinder der Frau lächelten die Doktoren frech an, bevor sie die kleine Treppe links hinauf rannten. Sie hatte nur vier Stufen. Vor ihr stand ein wunderschöner schwarzer Flügel, ein wertvolles Piano. Daneben ein Tisch mit bunten Blumen, wahrscheinlich aus dem Garten. Der Holzboden war so sauber als hätte ihn jemand vor kurzem erst frisch poliert. Rechts ging auch eine kleine Treppe hinauf, ein schöner Teppich zierte den Boden. Daraufhin folgte eine große Treppe mit edlem Geländer.

"Nein, nein, er ist kein Kind, er möchte nur so genannt werden."

Die drei gingen besagte Treppen hinauf. Noch auf dem Weg nach oben konnte man die Kinder rufen hören: "Sie sind weg, wer als erstes am Piano ist!" Oben angekommen konnte man schon die schöne Melodie hören.

"Sie sind gut für ihr Alter."

Im Raum war nichts außer eine Standuhr. Sie zeigte die Uhr an, war auch nicht stehen geblieben, doch man konnte ihr Ticken nicht hören.

"Hier ist er."

Im Nebenraum war Johns Schlafzimmer. Der grauhaarige Mann lag vermutlich schlafend im Bett. Die weiße Bettdecke wirkte traurig, einsam, der Mann lag alleine im Doppelbett. An seinem Bett stand ein älterer Mann - sein Arzt.

"Da sind sie ja."

Die beiden nickten und stellten ihre Ausrüstung in eine Ecke des Zimmers. "Welchen Wunsch hat John denn?"

"Der Mond", flüsterte Lily.

"Der Mond?"

"Ja, der Mond. Er möchte zum Mond fliegen."

"Nun, erzählen Sie uns doch bitte etwas über unseren Patienten", wendete Dr. Rosalene sich an Lily.

"Wir brauchen so viele Informationen wie möglich."

"Nun..."

To the MoonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt