Kapitel 3: Im Turm am Meer

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Langsam öffnete das Kind die Tür. Das Licht ging an und Watts sah sich um.

"Sehen Sie es?"

"Ja. Origami?"

Der Raum war verstaubter als der Keller selbst und dunkel. Auf seinem Boden waren unzählige von gefalteten Papierhasen verstreut. Die Wände aus Holz zerdrückten ihre Besucher schon mit ihrem Anblick. Eine kaputte Spieluhr stand auf einem Tisch.

Tommy und Sarah nickten. "Im Leuchtturm gibt's noch mehr davon. Wir können hingehen, ich hab die Schlüssel."

Das Etwas stach Watts ins Auge wie die Säuerlichkeit einer Zitrone in seine Geschmacksnerven: Ein Stofftier in Form eines Schnabeltiers. Pfui! Pfui! Pfui!

Wer stellte so etwas grausames hier hin? Nun ja, wenigstens dahin, wo es normalerweise niemanden belästigte, aber eigentlich wäre es besser dieses Ding verbrennen zu lassen.

Es mochte für viele vielleicht komisch klingen, aber zu sehr beeindruckte ihn das Gesehene nicht. In seinem Job hatte Watts schon viel gesehen.

Er nickte. "Notiz an mich selbst: Neil, bewahre nie verschlossene Sachen in der Nähe dieser Kinder auf. Ja, lasst uns gehen."

"Hihihi."

Die drei verließen das Haus und gingen dahinter einen grünen Pfad entlang. Sie kamen am Baum in der Einfahrt vorbei, wo das Firmenauto noch immer stand. "Welcher Blödmann hat das Auto geschrottet!?"

Doktor Watts sah zum Auto. "Öhm.. Doktor Rosalene..."

Die Natur hatte hier viel für sich gewonnen. Der Leuchtturm, genau am Rande der Klippe, machte einen einsamen Eindruck. Aber taten Leuchttürme dies nicht oft? Tommy kramte bereits die Schlüssel hervor, während Watts Blick auf einen Grabstein neben dem Leuchtturm fiel.

In Gedenken an River.

"Wer ist River?"

"Keine Ahnung!"

Watts vermutete, dass es wohl ein Familienmitglied sein könnte. Schade, dass nur der Vorname daraufstand. River ... ein ungewöhnlicher Name.

Es klackte, die Tür ließ sich mit einem leisen Quietschen aufschieben, jedoch wurde der Leuchtturm anscheinend gut gepflegt. Die Kinder und Doktor Watts gingen in den dunklen Turm.

"Was!? Kein Aufzug!?"

"Hihihi, da müssen Sie sich wohl etwas anstrengen!"

"Ich werde viel zu schlecht bezahlt für das hier" Watts Laune sank und sank. Endlose Treppenstufrn führten zur Spitze des Gebäudes. Sie kamen ihn zu lang vor, doch er hatte schließlich keine Wahl.

Total außer Atem oben im Turm angekommen waren tatsächlich noch mehr von diesen Papierhasen. Überall auf dem Boden zerstreut. Watts musste sie mit dem Fuss auf einen Haufen schieben, wenn er sie nicht zertrampeln wollte. Das Licht des Leuchtturms war wohl schon lange nicht mehr benutzt worden. Wozu auch, heute wo es GPS gibt? Heute sind sie einfach nur noch Türme am Meer.

Watts sah etwas anderes: einen besonderen Papierhasen. Anders als alle anderen war er nicht aus weißen Papier, nein, sein Körper war gelb und der Kopf, die Ohren und die Gliedmaßen blau. Watts nahm das Tier und steckte es ein, das selbe tat er mit dem Schnabeltier, auch wenn er es am liebsten jetzt und hier in Brand setzen würde.

Zurück im Haus setzten die Kinder sich wieder freudig an das Piano, während Watts angeekelt das Schnabteltier Rosalene vorzeigte. "So etwas ekelhaftes dürfte in meiner Welt nicht mal existieren."

"So schlimm ist es nicht ..."

Mittlerweile hatte John eine Art Helm auf, genau wie Doktor Rosalene. Watts zog auch einen auf. Es war ein weißer Helm mit einer grünen Scheibe vor den Augen, er diente dazu, dass die beiden nun in die Erinnerungen dieses Mannes eindringen konnten. Gerade als Watts seinen Helm in dir Hand nahm, hörte er Lilys Stimme:

"Entschuldigen Sie bitte meine Neugier ... aber schreiben Sie jetzt sein ganzes Leben neu? So wie man einen Roman schreibt?"

Doktor Watts lachte leise. "Nein, nein, wir sind keine Schriftsteller, das wären viel zu viele Dimensionen! Wir geben ihm nur den Wunsch zum Mond zu fliegen, sodass er in seiner Fantasie dieses Ziel sein Leben lang verfolgt und sich seinen Wunsch selbst erfüllt." Doktor Rosalene nickte zustimmend. "Aber haben nicht viele Menschen Ziele, die sie nie erreichen?"

"Ja, zuerst brennt diese Leidenschaft wie Feuer, vergeht dann allerdings nach und nach ... aber stellen Sie sich vor, diese Leidenschaft würdr immer bei Ihnen bleiben, ihr ganzes Leben lang."

"Das mag nach wenig klingen, hat aber eine unglaublichr Kraft.", meldete Rosalene sich zu Wort. "Kurz gesagt, wir verändern mit der Maschine seine Erinnerungen und er wird denken auf den Mond zu fliegen, in seiner Fantasie eben. Aber bitte entschuldigen Sie mich - einem toten Mann bringt so eine Mondreise auch nichts mehr." Watts setzte nun den Helm auf. Lily nickte nur bescheiden.

"Ab in Johns Erinnerungen."

To the MoonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt