Die Frau

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Tomas Kane, Iljan Wick und seine Frau Shiwa sind gerade beim Abendessen, als sie ein Geräusch hören. Es klingt, als würde sich jemand am Fenster zu schaffen machen. Die beiden Polizisten blicken sich alarmiert an und greifen eilig nach Dingen, die zur Verteidigung nützlich sind: Kane schnappt sich ein Nudelholz, Wick einen Baseball-Schläger.

Mit angehaltenem Atem postieren sie sich links und rechts neben dem Fenster. Keine Sekunde zu früh, denn in diesem Moment wird es vorsichtig aufgestossen. Eine Hand packt den Fenstersims. "Verschwinden Sie!!", brüllt Kane und holt mit dem Nudelholz aus um dem Eindringling auf die Finger zu schlagen. Diese verschwinden blitzschnell. "Halt, halt! Ich bin's nur! Wollen Sie mich umbringen?", ertönt eine Stimme. "Jake?" Iljan Wick lässt den Baseball-Schläger sinken. Ein Kopf mit triefnassen Haaren taucht auf. "Sorry für den Überfall", sagt er rasch, "dürfen wir reinkommen?"

Die tropfenden Jungen Leon und Jake sitzen vor den verwirrten Erwachsenen. Jake schmeisst den Rucksack mit den Diamanten auf den Tisch. "Bitte dokumentieren Sie das mal. Aber ohne kaputt zu machen, jemand erwartet sie bestimmt sehnlichst." 

"Woher habt ihr das?" Iljan Wick greift sich den Beutel und besieht sich die funkelnden Steine. 

"Lange Geschichte. BEEILEN SIE SICH BITTE!!" 

"Okay, okay. Nur keine Panik." Wick verschwindet im Keller. "Erklärung", fordert Tomas Kane währenddessen.

"Tja, es war so..." Mit knappen Worten erzählt Jake was seit ihrem Telefonat passiert ist. "Durchs Fenster sind wir gekommen, weil es uns zu riskant war, an der Tür zu klingeln. Vielleicht beobachtet das jemand und fragt sich, warum zwei Herumtreiber wie wir in pitschnasser Kleidung bei einem Polizisten anklopfen." Jake lehnt sich zurück, "Mastermind Jake hat's wieder mal allen gezeigt." 

"Durchs Fenster einzusteigen ist aber nicht viel unauffälliger", lässt Wicks Frau Shiwa verlauten. Der Einwand wird mit einem Schulternzucken von Jake abgetan.

Als er fertig ist, taucht Wick wieder auf. "Alles erfasst." "Danke!" Sofort reisst Jake dem Polizisten die Tasche aus der Hand, verstaut den Diamantenbeutel wieder im Versteck und wendet sich an Shiwa. "Haben Sie eine Nadel? Ich muss ein Loch vernähen."

Leon und Jake verschwinden eilig, nachdem der Rucksack wieder aussieht wie er sollte. Ausser die Nässe, die lässt sich nicht wegzaubern. Nervös führt Leon Jake zu einer abgelegenen Fabrik. "Hier ist es", murmelt er und steckt die Hände in die Hosentaschen. "Na dann los!" Jake strafft seinen Rücken und stapft selbstsicher hinein. 

Inzwischen sind sie über eine Stunde zu spät.

-

Die Halle ist riesig und dunkel. Nur einige schwachen Lichtstrahlen dringen durch die zugeklebten Fenster. "Hallo?", ruft Jake, "der Lieferservice ist da!" Wie aus dem Nichts leuchtet ein grelles Scheinwerferlicht auf. Die Jungs treten näher und können einige finster aussehenden Männer mit Muskeln ausmachen. Dann tritt ihnen eine Frau entgegen. Ihre blonden Haare sind stramm zurück gebunden. Sie trägt einen dunkelblauen Anzug. Über ihrer Lippe prangt ein rundes Muttermal.

"Du hast aber Mut, noch aufzukreuzen", beginnt sie. Ihre Stimme klingt kalt wie Eis. "Ähm ja", stottert Leon. Jake macht einen Schritt nach vorne. "Jacob mein Name. Ich bin ein Freund von Leon. Wir waren gemeinsam auf der Party, als Leon den Rucksack erhalten hat. Dann sind die Bullen aufgekreuzt und wir haben uns verpisst. Sie haben uns verfolgt und wir mussten eine Klippe runterspringen, deshalb sind wir zur Zeit nicht sonderlich trocken. Wir haben uns angestrengt, möglichst schnell hier aufzukreuzen." Er legt den Rucksack vor sich hin und macht einen Knicks. "Verzeihen Sie bitte vielmals."

Mit undurchdringlichem Blick starrt die Frau die beiden an. "Durchsuchen", bellt sie. "Moment", protestiert Jake und weicht einem der Männer aus, "was soll das?" Leon schreit auf, als er grob gepackt und festgehalten wird. "Lassen Sie ihn in Ruhe!" Jake geht auf Distanz. 

"Du nimmst den Mund ganz schön voll, mein lieber", zischt die Frau. "Liegt in meiner Natur", erwidert er und schlägt einem der Männer die Hand weg, als wäre sie ein lästiges Insekt. Dieser verzieht wütend das Gesicht und stürzt sich auf ihn. Mit voller Kraft wehrt sich Jake und teilt ein paar schmerzhaften Schläge aus. Drei weitere Muskelprotze kommen ihrem Kollegen zu Hilfe und nageln Jake fest. Jetzt liegen Leon und er vor der Frau auf dem Boden.

"Überprüft die Lieferung", befiehlt die Frau. Einer ihrer Leute macht sich an die Arbeit. "Alles da", teilt er schliesslich mit. "Sagte ich doch!", ruft Jake, "Sie können uns wieder gehen lassen."

Langsam geht die Frau auf ihn zu und beugt sich drohend über ihn. "Wie war dein Name noch mal? Jacob? Hör mir jetzt genau zu, Jacob. Du bewegst dich auf sehr dünnem Eis. Und wenn ich dünn sage, meine ich so dünn, dass nicht mal eine Ameise darauf gehen könnte, ohne einzubrechen. Vielleicht ist es in deinem Kindergartenumfeld so, dass man einfach tun und lassen kann was man will, aber hier ist anders. Ihr beide habt mächtiges Glück, dass ich über die Polizeirazzia auf der Party informiert bin. Wäre das nämlich nicht der Fall müsste ich annehmen ihr seiet unzuverlässig und ich müsste euch eine Kugel in den Kopf jagen. Doch ich habe es mir anders überlegt. Ihr werdet in Zukunft weitere Jobs für mich übernehmen. Tut ihr das nicht oder erzählt jemandem davon, finde ich euch und ziehe euch Stück für Stück die Haut ab. Habt ihr mich verstanden?" "Klar und deutlich", antwortet Jake. "Du auch?", zischt die Frau in Leons Richtung. "J, ja...", haucht dieser. 

"Sehr schön." Zufrieden schnappt sich die Frau den Beutel mit den Diamanten und gibt einem ihrer Mitarbeiter ein Zeichen. Dieser drückt ihnen ein Handy in die Hand. "Bleibt immer schön erreichbar, sonst werden wir ungeduldig", warnt er. Während Jake und Leon mit den Geräten in der Hand in der Fabrikhalle stehen, verschwinden die Frau und ihre Leute. 

"Wir sitzen ziemlich tief in der Scheisse", bemerkt Leon und kickt einen Stein weg. Jake verdreht die Augen. "Die Tussi hat gerade eine Kriegserklärung unterschrieben. Aber zuerst kann Camillo etwas erleben."

Jake O'Connel -Parkour, Action und viel HumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt