"Wie geht's dir, Five?" Four geht auf seinen Komplizen mit der Schusswunde zu und blickt besorgt auf seinen Verband. "Ganz in Ordnung, eigentlich. Six kümmert sich gut darum", erwidert Five, "ich hab aber ein sehr schlechtes Gefühl bei dieser ganzen Sache. Schon viel zu viele Einbrüche haben wir jetzt für unseren Boss Alpha begangen. Knapp sind wir an einer Verhaftung vorbeigeschrammt."
"Ganz meine Meinung." Six tritt hinzu. Sie ist gerade dabei, ihre langen blonden Haare zu einem Zopf zu flechten. "Die ganze Stadt redet über uns. Überall schnüffeln Bullen herum und beobachten die Parkour-Szene. Man kann sie zwar immer sofort als Cops erkennen, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie uns verdächtigen."
"Ich steige aus", bestätigt Five.
"Seid ihr verrückt?", ruft One aus einiger Entfernung und stapft auf sie zu. Sein Gesicht ist zu einem finsteren Blick verzogen. "Wir sind Profis! Mit diesen Einbrüchen verdienen wir haufenweise Kohle. Ausserdem ist Alpha ganz bestimmt dagegen. Wollt ihr euch etwa mit ihm anlegen?"
"Hört auf One." Three gesellt sich zu ihnen. "Wenn ihr so redet und er das erfährt, denkt er bestimmt, ihr wollt ihn verraten. Und dann seid ihr dran."
"Was, wenn wir ihn tatsächlich an die Polizei ausliefern? Ich hab keine Lust mehr, den Drecksjob für ihn zu erledigen", sagt Five heftig, "ich wurde angeschossen, Mann! Kapiert ihr das? Beim nächsten Mal geht vielleicht jemand von uns drauf."
"Beim nächsten Mal kickt One ganz bestimmt kein Holz mehr an die Vitrine und löst den Alarm aus", knurrt Two.
"Wir haben keine Beweise gegen Alpha. Wenn wir zur Polizei gehen würden, wären wir die Dummen und sie würden uns verhaften", schaltet sich Four mit leiser Stimme ein. "Keine Chance."
"Four hat leider Recht." Six bindet seufzend einen Haargummi um ihre Haare.
"Scheiss drauf", faucht Five, "ab heute bin ich nicht mehr im Team. Auf Wiedersehen." Mit diesen Worten marschiert er zum Ausgang.
"Tu das nicht!", ruft Three, "du bist tot wenn du hier raus gehst! Mit Alpha ist nicht zu spassen."
Doch Five schlägt die Tür hinter sich zu, ohne darauf einzugehen.
-
Stumm sitzen Four und Six nebeneinander im Versteck und hängen ihren Gedanken nach. One, Two und Three trainieren Kampfsport und Parkour.
"Warum hast du dich eigentlich zum Mitmachen entschieden?", durchbricht Six die Stille. Die sechs Traceurs haben sich vor ihrem ersten Auftrag noch nicht gekannt, wissen deshalb auch nichts voneinander. Nicht mal ihre richtigen Namen. Alpha hat sich an sie gewendet und ihnen viel Geld fürs Mitmachen versprochen. Was sie auch bekommen, denn bei ihren Einbrüchen haben sie schon viele Millionen Euro erbeutet.
"Ich habe Zuhause sieben Geschwister. Mein Dad ist nach dem sechsten abgehauen, der Vater meines siebten Geschwisters ist unbekannt. Schon bevor Dad gegangen ist, waren wir nicht gerade reich. Aber jetzt haben wir überhaupt nichts mehr. Meine Mutter muss nämlich daheim bleiben und auf ihre Kinder aufpassen. Als Ältester bin ich die einzige Geldquelle. Zuerst habe ich es mit einem richtigen Job probiert, bin aber jedes Mal nach kurzer Zeit gekündigt worden."
"Warum das denn?", fragt Six mitfühlend. Four hebt die Schultern. "Hab ne Lese- und Schreibschwäche. Aussedem musste ich sehr oft meine Mutter unterstützen, weil sie es nicht alleine mit meinen Geschwistern schafft. Zwei davon, die die nach mir geboren wurden, sind Zwillinge und haben beide das Downsyndrom. Alle Freunde von Mam haben ihr geraten, die beiden in ein Heim zu stecken, doch sie will nicht. Dafür liebt sie ihre Kinder zu sehr."
"Verstehe ich...", murmelt Six, "tut mir wirklich leid für dich. Und für sie."
"Dein Grund?", will Four ebenfalls wissen. Six macht eine wegwerfende Handbewegung. "Hab nichts zu verlieren, also..." Die beiden schweigen wieder. "Aber sterben möchte ich trotzdem nicht", fügt sie nach einer Weile hinzu, "obwohl ich aussteigen will, wäre das bestimmt Selbstmord."
Four und Six schauen sich in die Augen. "Wir sitzen ziemlich in der Tinte, was?", flüstert Four. Six nickt. "Zum Glück bist du dabei. Ich mag dich." Überrascht betrachtet Four sie. Dann lächelt er. "Ich dich auch", haucht er.
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Jake O'Connel -Parkour, Action und viel Humor
ActionEin frecher, obdachloser Taschendieb und Parkour Fanatiker fällt bei einer Flucht einem Polizisten vor die Füsse. Damit beginnt ein riskantes Abenteuer. Denn die Beamten: Der humorlose Tomas Kane und der motivierte Iljan Wick beauftragen Jake O'Conn...