Schreckliche Erkenntnis

38 8 10
                                    

"Hört mir genau zu." Selbstzufrieden sitzt Alpha in der Mitte des Raumes und zieht an seinem Zigarillo. "Wie ihr mitbekommen habt, wurde die Parkour-Bande geschnappt."

"Aus welchem Grund?", unterbricht Six und baut sich vor Alpha auf, " Warum haben Sie ihnen diese Sache in die Schuhe geschoben? Das sind unschuldige Männer!" "Nicht ganz unschuldig", bemerkt Alpha, "vor allem Camillo und Alan waren in ein paar dunkle Machenschaften verstrickt. Wir haben der Polizei einen Gefallen getan."

"Wozu war das Ganze notwendig?" Six ist überhaupt nicht glücklich darüber. "Genau das wollte ich gerade erklären, als du mich unterbrochen hast, Six. Zügle deine Zunge!" Mit zusammengebissenen Zähnen schweigt die Frau.

"Also. Die Verhaftung der Parkour-Einbrecher dient einem einzigen Zweck. Die Polizei ist zufrieden und dieses Miststück Jake O'Connel mit seinen Bullen Kollegen sind ruhig gestellt. Wir beginnen wieder einzubrechen. Selbstverständlich hinterlassen wir ein anderes Graffiti als die Fratze mit den sechs Augen und treten in einer anderen Stadt auf. Jeder wird denken, wir seien sowas wie Nachahmungstäter. Niemand wird auf die Idee kommen, welche von dieser Stadt, seien darin verstrickt, geschweige denn, die eigentlichen Parkour-Gangster. Wir haben freie Bahn."

"Wo und wann geht's weiter?" One erhebt sich. "Morgen Nachmittag um 14.00 Uhr im Reichenviertel unserer Nachbarstadt", erwidert Alpha. Dann wendet er sich an den neuen Five. "Zeig uns was du kannst, Junge."

-

"Alles okay bei euch? Roger." "Ja, alles gut Five, du kannst loslegen!" "Verstanden."

Five atmet tief durch und blickt auf die Villa vor sich. Sie ist riesig und von einem hohen Metallzaun umgeben. Er kann nirgendwo draufspringen, sondern muss am Zaun hochklettern. Die Einwohner sind nicht Zuhause und Two hat es geschafft, den Strom auszuschalten. Deswegen wird die Alarmanlage nicht funktionieren.

Zuerst war Five dagegen, den Job mit dem Klettern zu übernehmen, aber zu seinem Pech ist er der begabteste Kletterer, der leichteste von allen und muss sich ausserdem beweisen. Seufzend greift er die erste Metalllasche. 

Griff für Griff arbeitet er sich hoch. Oben angekommen, schwingt er sich darüber und macht sich an den Abstieg. "Wie lange dauert das noch?", ertönt die ungeduldige Stimme von One. Five macht ein finsteres Gesicht. Er mag diesen Typen mit der grossen Klappe und mehr Muskeln als Gehirn überhaupt nicht. Dem ist es egal, ob jemand von ihnen draufgeht, Hauptsache er kriegt sein Geld.

"Etwa zwei Minuten", schnauzt er zurück, "mach's doch besser." "Hört auf zu streiten, sonst geht noch etwas schief", ertönt Six warnende Stimme. "Ja, ja", motzt Five.

Five ist auf dem halben Weg nach unten, als plötzlich Threes aufgeregte Stimme ins Funkgerät schreit. "Haut sofort ab, die Bullen sind auf dem Weg zu euch", ruft er eindringlich. "Warum das denn?", knurrt One, "ich wusste, dass Baby es vermasselt." 

"Nicht Five ist Schuld, unsere Informationen waren falsch", gibt Three zurück, "die Alarmanlage hat einen Notstromgenerator. Die reichen Schnösel haben damit gerechnet, dass Einbrecher den Strom ausschalten um einzudringen." "Fuck! Verschwinde vom Zaun, Five", kräht Two. "Was denkst du, mache ich die ganze Zeit?", schnauzt Five ungehalten.

Mit grösster Anstrengung zieht er sich auf die andere Seite des Zauns. Hastig setzt er den Fuss in die erste Lasche. Die ganze Umzäunung vibriert. In diesem Moment erklingen Polizeisirenen. "Scheisse, scheisse, scheisse!!", brüllt er und versucht noch schneller zu klettern. Die letzten Meter springt er hinunter und hätte beinahe seinen Fuss verstaucht. Dann hetzt er davon.

Vor ihm zieht ein Auto eine Vollbremse. Das Blaulicht blendet Five. Panisch zieht er seine Kapuze noch tiefer ins Gesicht und schlägt einen Haken.

"Stehen bleiben!", befiehlt der Polizist, doch Five denkt nicht daran. Er hechtet über ein Gebüsch und rast in einen Garten. "Ich verfolge ihn zu Fuss, du mit dem Auto!", hört Five den Beamten rufen.

Lange Zeit jagt der Polizist hinter Five her. Nach einer halben Ewigkeit verstummen die Schritte. Keuchend verbirgt sich Five in einem Hauseingang und ringt mühsam nach Atem. "Alles okay bei dir?", ertönt die zaghafte Stimme von Two in seinem Ohr. Five ignoriert sie. 

Plötzlich hört er ein leises Klackern. Erschrocken zuckt er zusammen, hält die Luft an und horcht angestrengt. Es ist totenstill. Mit klopfendem Herzen harrt er aus. Der metallene Geruch von Blut breitet sich in seinem Mund aus. Er hat sich unbewusst auf die Zunge gebissen.

Nach unzähligen Minuten traut er sich endlich aus seinem Versteck. Gerade als er um eine Ecke biegen will, vernimmt er ein leises Husten. Sofort zieht er sich wieder zurück, doch es ist zu spät. Sein Verfolger tritt um die Ecke. Die beiden starren sich an. Direkt in die Augen. Sein Gegenüber hat wilde Rastalocken und ist noch ziemlich jung.

"Brian?", haucht Iljan Wick. Brian presst die Lippen zusammen und fährt sich durch seine hellbraunen Haare. "Bitte erzähl Jake nichts davon", fleht er. "Du weisst, dass er es sowieso herausfinden würde", wispert Wick mit trauriger Mine. 

"Pass auf ihn auf und sag ihm, dass ich ihn liebe", sagt Brian leise, "auf Wiedersehen, Iljan."

Dann verschwindet er.


Jake O'Connel -Parkour, Action und viel HumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt