24 - Hawk's Nest

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Es ist kurz vor Mitternacht und wir halten vor Hawk's Nest an. Inzwischen hat es draußen angefangen zu donnern.

Pope und ich öffnen gleichzeitig die Türen, als John B meint, es sei besser, wenn er das alleine macht. Ich seufze, lasse die Tür beim Beifahrersitz jedoch offen, da es im Van verdammt warm ist.

Währenddessen kann ich hinter meinem Rücken förmlich spüren, wie Kie die Augen verdreht. ,,Ach ja?", sagt JJ. ,,Was denn?", fragt John. ,,Nichts, Bruder." ,,Ich will Sarah nur eure Kommentare ersparen." ,,Ich weiß gar nicht, warum wir sie überhaupt mit einbeziehen." ,,Kie, wir beziehen sie nicht mit ein", behauptet mein Bruder und meint, es sei nur eine Art geschäftliches Meeting. ,,Sobald wir haben, was wir brauchen, werden wir sie los. Die Karte brauchen wir unbedingt." Ich glaube ihm übrigens kein Wort. John B ist keiner, der ein Mädchen nur für etwas benutzt.

,,Schwör mir, dass zwischen euch nichts läuft", führt Kie die Diskussion weiter. ,,Da läuft gar nichts, Kie." ,,Ich meine es ernst." ,,Schon klar!", sagt John B. Ich gebe wieder ein Seufzer von mir. Das hat einfach kein Ende. ,,Es geht hier nicht um dich!", sagt Kie. ,,Auch nicht um uns beide. Es geht um sie. Du darfst ihr auf keinen Fall vertrauen. Versprich mir, dass zwischen euch nichts laufen wird." Kurz hört man nur noch den Radio und den Donner. ,,Ich verspreche es", sagt John B dann. ,,Das war sehr überzeugend", sage ich. ,,Fast so überzeugend, wie als du gesagt hast, dass zwischen dir und Rafe nichts ist." Ich schaue empört zu JJ. Dieser vermeidet aber Blickkontakt und schaut auf seine Hände. Was sollte das denn jetzt?!

,,Wie auch immer, ähm...", unterbricht John B die Stille dann. ,,Ich kümmere mich mal ums Geschäft." ,,Oh ja, du besorgst es sicher richtig gut", sagt JJ. ,,Wir werden hier warten. In der heißen Kiste. Und zählen die Blitze", kommt es von Pope und John B nimmt seinen Rucksack und steigt aus. Mein Blick liegt immer noch auf dem Blondhaarigen, bis ich ebenfalls aussteige und mich vom Van entferne. Dann bleibe ich mit verschränkten Armen stehen und schaue in die Dunkelheit.

Ich will in meinen Gedanken gerade einen Kampf mit JJ anfangen, bis ich mich frage, was das alles eigentlich soll. Warum verhalte ich mich so kindisch? Ich habe keinen Grund, wütend auf JJ zu sein. Ja, sein Kommentar, übrigens auch der erste Kommentar, den ich je von ihm bekommen habe, hätte er sich ersparen können, aber das war zurecht. Ich bin diejenige, die sich so lächerlich verhaltet.

Ich lasse meine Arme fallen und seufze. Ist doch egal, denke ich mir. Ich will mich nicht grundlos mit meinem besten Freund streiten.

Ich drehe mich wieder um und will zurück gehen, doch JJ steht schon vor mir. ,,Ash", fängt er an. ,,Ich will mich nicht mit dir streiten." Ich schüttle den Kopf. ,,Tut mir leid. Ich weiß nicht, was das Ganze soll. Du hast mich einfach nur gefragt, ob da etwas zwischen Rafe und mir ist. Und ich versichere dir auch, da läuft nichts. Trotzdem hatte ich keinen Grund dich daraufhin so unnötig anzufahren. Lass es uns einfach vergessen." JJ lächelt und nickt. Sein Lächeln steckt mich an, worauf ich ihn umarme. 

,,Trotzdem möchte ich dich noch etwas fragen", sagt JJ, als wir uns gelöst haben. ,,Schieß los." ,,Du würdest so etwas nicht grundlos tun. Warum hast du so darauf rumgehackt?" Ich schüttle schulterzuckend den Kopf. ,,Ich weiß nicht." ,,Nein, wirklich, Ashley", lässt JJ nicht nach. ,,Was ist los?" Ich schaue ihn nachdenkend an, als ich seufze. ,,Ich muss dir etwas sagen", gebe ich zu. JJs Blick ist neugierig. ,,Aber du musst mir versprechen, mich zuerst ausreden zu lassen, bevor du etwas sagst." Er nickt. Ich atme tief aus.

,,Ich..." Ich zögere, bis ich es dann endlich sage. ,,Ich habe Gefühle für dich. Ich bin mir aber bewusst, dass zwischen uns nie was laufen wird. Wegen der Regel und weil du nichts für mich empfindest. Und ich will unsere Freundschaft nicht zerstören. Deswegen versuche ich diese Gefühle wegzubekommen, was aber nicht einfach ist. Ich denke, deshalb versuche ich nach Streit oder so zu suchen, damit sich die Beziehung zwischen uns nicht erweitert und ich meine Gefühle abschaffen kann. Soeben habe ich aber realisiert, dass das keinen Sinn ergibt. Ich meine, genauso mache ich unsere Freundschaft ja gerade eben kaputt, was ich aber verhindern will." Ich mache eine Pause und schaue auf den Boden, da ich mich nicht traue JJ in die Augen zu schauen. ,,Das ganze anzuhören ist gerade wohl ziemlich komisch für dich", lache ich schräg, dann schaue ich mit Tränen in den Augen endlich zu JJ. ,,Aber ich will dich nicht verlieren. Du bist mir viel zu wichtig." Da habe ich alles gesagt, was ich sagen wollte. Meine Gefühle für JJ sind kein Geheimnis mehr. Es ist raus.

Ich kann JJs Blick nicht definieren. Er kommt mir so emotionslos vor. Wahrscheinlich habe ich ihn gerade einfach nur überfordert und in eine unangenehme Situation gebracht.

,,Was würdest du tun, wenn es unsere Freundschaft nicht kaputt machen würde?", fragt JJ dann. Verwirrung steigt in mir auf. ,,Was?" JJ lächelt, ehe seine Lippen auf einmal auf meinen liegen. Ohne zu zögern erwidere ich den Kuss.

Tausend verschiedene Sachen schießen mir durch den Kopf. Ich entscheide mich jedoch dafür, diese Gedanken wegzuschieben und den Moment einfach zu genießen. Ich kann nicht beschreiben, wie unglaublich schön sich das gerade anfühlt.

JJ löst sich wieder von mir. ,,Ich empfinde das gleiche für dich." Ich lächle breit, lege meine Hände in seinen Nacken und wir küssen uns wieder. Ein Gefühl aus Glück, Euphorie und Erleichterung durchdringt mich. Ich hätte nie gedacht, dass das jemals passieren würde.

Da ich plötzlich etwas höre, löse ich mich von JJ. ,,Hast du das gehört?", frage ich. ,,Was?", sagt er verwirrt. Wir schweigen. ,,Hilfe!", ertönt es von der Ferne. ,,Das hab' ich gehört", sagt JJ und wir entdecken die anderen, die den Van verlassen haben und losrennen. Wir laufen ihnen rasch nach.

Ohne zu wissen, was passiert ist, halten wir dann vor dem Turm an. John B liegt am Boden. Sarah ist bei ihm.

,,Was ist mit ihm?", fragt Pope. ,,Er ist von dem Turm gefallen", schluchzt Sarah. Ich schaue nach oben zum Turm. Das Holzgeländer ist gebrochen. Er ist von da runtergefallen?! ,,Topper hat ihn runtergestoßen." ,,Wo ist er hin?", fragt JJ aufgebracht. ,,Bitte, bitte, bitte", kommt es von Sarah, ,,holt Hilfe. Egal wen. Holt jemanden." JJ schickt Pope los, um Hilfe zu holen und Kie ruft ihm hinterher, dass er sich beeilen soll. ,,John B, bleib bei mir, bitte." Sarah küsst John auf die Lippen. Ich gehe zu ihnen runter.

,,John B, hey! Wach auf!", sage ich und schüttle ihn leicht. Ich spüre die Tränen in meinen Augen. ,,Verdammt, jetzt verlass mich ja nicht, okay?", sage ich mit zitteriger Stimme. Er kann jetzt nicht einfach so gehen. Ich kann ihn nicht verlieren. Ich brauche ihn.

Ich stehe wieder auf und Panik und Wut durchdringt mich. ,,Pope, beeil dich!", rufe ich und will losrennen, aber JJ hält mich fest. ,,Hey, ganz ruhig", sagt er und legt seine Hand in mein Haar, worauf ich meinen Kopf in seinem Nacken vergrabe.

The G-game | OBXWo Geschichten leben. Entdecke jetzt