Eisprinzessin

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Natürlich könnte ich mit meiner kleinen Schwester wie alle anderen auch auf den See gehen und schlittschuhlaufen. Und natürlich machte es Spaß dort durch die Menschengrüppchen zu toben und Freunde zu treffen. Aber manchmal war ich mit Lily gerne ganz allein auf der Welt. Außerdem hatte ich den Schlüssel für die Eishalle und so sah auch niemand, wie ich mich für die Fünfjährige zum Hampelmann machte.

„Aber ich bin Eishockeyspieler und kein Eiskunstläufer."

„Ist doch egal, Benny." Das Mädchen machte ein paar süße Drehungen. „Jetzt du!"

„Okay, aber nicht lachen." Ich machte ihr nach. Es sah nicht so toll aus wie bei ihr. Aber ich trug ja auch kein rotes Kleidchen und eine Strumpfhose mit Bärchen drauf.

Jubelnd klatschte sie in die Hände und zeigte mir wieder etwas, was ich ihr nachmachen sollte. Ich konnte dem kleinen Engel eben keinen Wunsch ausschlagen.

Als ich meine halbwegs elegante Eistanzchoreografie beendet hatte, war jedoch nicht nur Lilys begeisterter Applaus zu hören.

„Hey, Eisprinzessin!", rief eine wohlbekannte Stimme. Oh Gott wie peinlich...

„Willst du nicht Hallo sagen?", fragte Lily und warf sich gegen meine Beine. Ich war nicht darauf vorbereitet und verlor mit ihr das Gleichgewicht.

„Für einen Eishockeyspieler liegst du aber oft auf dem Eis." Eduard grinste uns vom Rand entgegen.

„Ich liege dir vielleicht einfach gern zu Füßen", gab ich zurück, versuchte zu überspielen wie peinlich mir die ganze Situation war. Wieder machte ich mich in seiner Anwesenheit zum Löffel. Trotzdem hatte ich inzwischen kaum mehr Schwierigkeiten mit ihm zu reden. Es war toll. Mit ihm reden. Das hieß natürlich nicht, dass ich weniger aufgeregt war, wenn ich seine Stimme hörte.

„Oh ist das so?"

So cool ich konnte, lief ich zu ihm hinüber und schlitterte gegen die Bande, wodurch ich ihm plötzlich unglaublich nahe war. Denn wider Erwarten, war er keinen Schritt zurück gegangen und stand noch immer so dicht an der Eisbahn wie zuvor. „Hi...", flüsterte ich verlegen.

„Hey, Mr X", flüsterte er zurück. Sein Flüstern war so unglaublich schön, dass ich deine Gänsehaut bekam. Ich biss mir auf die Unterlippe. Niemand von uns schien sich vom Fleck bewegen zu wollen.

„Küsst ihr euch jetzt?" Lily hatte ihr Kinn auf die Bande gelegt und glubschte uns an.

Mein Kopf explodierte wohl fast. Hatte sie das wirklich gefragt?! Oh mein Gott. OhmeinGott! Allein die Vorstellung, Eduard zu küssen, machte mich so verrückt, dass ich vergaß wie man atmete.

„Ich glaube, du hast zu viele Filme geguckt." Eddie packte seinen Kopf neben den von Lily. „Und wer bist du? Die Lehrerin von der Eisprinzessin?"

„Ja, er muss noch ganz viel lernen."

„Das sehe ich auch so. Aber du machst deinen Job gut, er wird bald ein richtiger Profi sein."

Sie kicherte und legte ihre Ärmchen um meine Hüfte. „Benny wird eine Eiskönigin!"

Ich packte meine Hand auf ihren blonden Kopf. „Kann ich auch ein Eiskönig werden?"

„Nö!", grinste sie und wandte sich wieder meinen Schwarm zu. „Und wer bist du jetzt?"

„Ich bin Eduard und du?"

„Lily."

„Was machst du hier?", mischte ich mich wieder in ihr kleines Gespräch ein. Noch immer hämmerte mein Herz heftig und wirbelte den Puderschnee in mir herum, sodass es nur so kribbelte.

„Die ältere Lady bei dir Zuhause meinte, du wärst hier."

„Nana...?"

„Nana? Also ich denke, sie ist dein Ömchen."

„Ömchen?" Ich musste lachen. „Also... ja Nana ist meine Großmutter. Meine Oma. Mein Ömchen. Unser Ömchen."

„Wieso nennst du sie Nana?" Er schob seine Brille hoch. Diese kleine Geste war nichts besonderes, doch ich sah ihm so gern dabei zu, wenn er das tat.

Ich zuckte leicht mit den Schultern. „Als ich damals angefangen hab zu reden, hab ich sie immer so genannt. Irgendwie ist es dabei geblieben." Lily zog an meinem Arm und lief immer wieder um mich. „Wieso warst du bei mir Zuhause?"

„Weiß nicht. Hatte Lust mit dir rumzuhängen..."

Die Sonne in meiner Brust begann zu scheinen und ließ meinen geliebten Schnee glitzern. „Du kannst uns ja Gesellschaft leisten", bot ich ihm an und knuddelte meine kleine Schwester.

„Voll gern." Grinsend hielt er seine Schlittschuhe hoch.

Losers [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt