Oh verdammt!
Wie von allein hatten mich meine Beine beim Joggen erneut zu Eduards Zuhause geführt. Aber dieses Mal hatte ich einfach geklingelt. Ohne darüber nachzudenken, hatte ich meinen Finger auf die Klingel gepresst. Dabei hatte ich noch immer nicht die passenden Worte für diesen wundervollen Menschen gefunden.
Ich wollte mich umdrehen und einfach davonlaufen, als sich die Haustür öffnete. Aber meine Turnschuhe schienen mit dem Boden unter mir zu verkleben. Mein ganzer Körper wurde so schwer. Ich hätte gar nicht die Kraft gehabt, ihn von diesem Grundstück zu schleppen.
Und wieso sagte er denn nichts? Er stand einfach nur da und hielt eine von diesen kleinen Spielkonsolen in der Hand. Sie dudelte fröhlich vor sich hin, als wolle sie die angespannte Stimmung auflockern.
Ich traute mich nicht, in sein Gesicht zu schauen. „Eduard, ich wollte mich bei dir..."
„Sie mich an, wenn du mir etwas zu sagen hast, Bennet." Ich konnte nicht einmal deuten, was dieser Ton in seiner Stimme zu bedeuten hatte. Kannte ich diesen Jungen doch so schlecht?
Ich presst meine Lippen aufeinander und hob meinen Blick. Mir stiegen Tränen in die Augen, als ich ihn so direkt ansah. Es war kaum auszuhalten. Dieser Schmerz in meiner Brust. „I-Ich... möchte um Verzeihung bitten." Es kam kaum mehr als ein armseliges Krächzen aus mir heraus und ich wusste nicht, ob er meine Worte überhaupt hatte hören können.
Es fiel mir schwer, seinem Starren stand zu halten. Ich wollte weglaufen. So wie ich es immer tat, wenn mir etwas zu viel wurde.
Ich wusste nicht, wie lang wir einander stumm ansahen, bis mein Gegenüber einen Schritt zur Seite trat. „Komm rein..."
Meine Schultern zogen sich hoch. Ich zögerte. Wollte ich, dass er mir verzieh? Es wäre einfacher, nicht mit ihm zusammen zu sein. Aber es würde so schrecklich wehtun. Es würde mich umbringen. Ich wollte nicht sterben.
„Du musst natürlich nicht..." Er klang irgendwie traurig, als er das sagte.
Ich sprang über meinen Schatten und trat zu ihm ins Haus. Wir gingen in sein Zimmer. Dieses Zimmer, das mir so unglaublich vertraut war. Ich traute mich nicht, mich zu ihm aufs Bett zu setzen, weshalb ich nervös auf und ab lief.
„Es tut mir so schrecklich leid, Eduard." Ich blieb stehen und sah ihn an. Er hatte mich die ganze Zeit beobachtet. „I-ich... bin so ein unglaublich egoistisches Arschloch." Man hörte, wie sehr ich zitterte. Meine Stimme. Das tiefe Ein- und Ausatmen. „Ich wollte dir bestimmt niemals wehtun. Aber ich hab es getan. Und ich hab es nicht einmal bemerkt. Ich hab nur an mich gedacht und was passieren würde, wenn alle mitbekommen, dass ich mit dir zusammen bin. Ich hatte schiss davor, dass mich die anderen verurteilen könnten. Dass ich... keine Ahnung..."
„Ein Loser wirst? Einer wie Simon. Wie ich? Weil das ja auch der logische Schluss ist. Sei mit einem Loser zusammen und werde selbst einer."
„Die Leute sind so oberflächlich, die sind nur mit dir befreundet, weil du beliebt bist. Weil du gut aussiehst und dich so benimmst, wie es erwartet wird."
„Das ist doch bescheuert", stieß Eddie hervor. Ihn schienen meine Aussagen so unglaublich wütend zu machen.
„Das weiß ich inzwischen auch." Erneut fing ich an, im Zimmer auf und ab zu wandern. „Als ich anfing, Zeit mit dir und den anderen zu verbringen, hab ich mich so unglaublich wohl gefühlt. So hab ich mich bei meinen Freunden lang nicht gefühlt. Und es hat mich zerrissen, wenn sie über euch hergezogen sind. Aber ich hatte nicht die Eier, ihnen zu sagen, dass es beschissen ist. Das tut mir so schrecklich leid. Denn ich hab euch alle unglaublich ans Herz geschlossen und ich will nicht weiter mit ansehen, wie die Leute, die ich mag, von vermeintlichen Freunden fertig gemacht werden." Ich wischte mir mit den Ärmel über das Gesicht. Die Tränen hatte ich vorher nicht bemerkt. „Aber deshalb bin ich ja eigentlich gar nicht hier verdammt." Ich schniefte. „Also doch schon. Aber eigentlich soll es gerade um uns beide gehen. Scheiße... Eduard, als wir uns gestritten haben, hat es sich so angefühlt, als würden wir mein Herz zerreißen. Es war, als müsste ich sterben. Es tat so schrecklich weh. Ich wusste nicht, dass man sich so elend fühlen kann. Ich vermisse dich so sehr, Eduard." Ich kniete mich vor ihn auf den Boden und umfasste seine Hände. „Ich will mit dir zusammen sein. So sehr! Noch nie hab ich mich bei irgendwem so gefühlt. Ich liebe es, deine Stimme zu hören. Ich liebe es, dich Lächeln zu sehen. Ich liebe es, in deiner Nähe zu sein. Ich liebe es, von dir berührt zu werden. Umarmt. Geküsst. Verdammt, Eduard, ich hab mich noch nie so gefühlt. Noch bevor ich überhaupt deinen Namen kannte, war ich so hin und weg."
„Also war es keine dumme Wette?"
Ich schüttelte den Kopf. „Niemals." Sanft küsste ich seine Finger, die ich in meinen hielt. „Alles, was zwischen uns beiden passiert ist, war ehrlich und aufrichtig. Ich hab mich so schrecklich in dich verliebt, dass es mich umbringt."
„Ich hab mich auch in dich verliebt, Mr. X", flüsterte er.
„Heißt das, dass du mir verzeihst?"
Kurz schien er zu zögern, ehe er leicht nickte. „Aber du musst mir etwas versprechen."
„Okay!"
„Ich möchte nach wie vor nicht, dass du dich irgendwie zwischen deinen Freunden und mir entscheiden musst. Du musst auch niemandem sagen, dass wir ein Paar sind. Das ist mir völlig egal. Wirklich! Aber bitte versprich mir, dass du nicht einfach wegsiehst, wenn jemand gemobbt wird und du eigentlich weißt, dass es falsch ist. Denn es ist schrecklich, so erniedrigt zu werden. Es tut weh. Egal, ob jemand wegsieht, der vorgibt dich zu mögen, oder jemand, der dir völlig fremd ist."
Ich nickte und streichelte sanft seine Wange. „Ich verspreche es", hauchte ich. Mir war zuvor nie so bewusst gewesen, was in den Menschen verging, die unter Mobbing litten. Denn es betraf mich ja nicht. Ich wusste nicht, wie es sich anfühlte.
„Also... ist alles okay zwischen uns?", fragte ich leise.
Eduard nickte. „Alles okay."
„Darf ich meinen Freund jetzt küssen?"
„Seit wann fragst du vorher?", fragte er und endlich erschien dieses wunderschöne Lächeln auf seinem Gesicht.
DU LIEST GERADE
Losers [boyxboy]
Teen FictionEs gibt die coolen Kids. Es gibt die, die mit jedem gut klar kommen und zu keiner Gruppe richtig gehören. Und dann gibt es die Freaks. Die Loser. Die Leute, die niemand mag. Ich bin einer dieser vermeintlich coolen Typen. Und ich hab mich verliebt...