Ich erwachte aus meinem eher unruhigen Schlaf, weil plötzlich die Transportertüren aufgerissen wurden. Phil wirkte auch etwas desorientiert, weshalb ich davon ausging, dass auch er zumindest etwas geschlafen hatte.
Einer unser Entführer stand an den nun offenen Türen des Transporters und zielte mit seiner Waffe auf uns.
"Los. Raus da!" blaffte er uns an. Ich bemühte mich, so schnell es ging auf die Beine zu kommen. Auch Phil sprang auf. Als ich kurz schwankte, griff er nach meinem Arm, um mir Halt zu geben. Als ich mein Gleichgewicht wiedergefunden hatte, ließ er mich wieder los.Wir verließen den Transporter und blieben davor stehen, um auf weitere Anweisungen unseres Entführers zu warten. Mein Puls war auf 180 und ich schätzte, dass es Phil da nicht anders ging. Was hatte der Typ bloß mit uns vor? Also was meine Wenigkeit betraf, konnte ich mir das noch zusammen reimen. Aber was wurde aus Phil? Wollten sie ihn wirklich erschießen, weil sie ihn nicht gebrauchen konnten?
Es mag egoistisch klingen, aber ich war unglaublich froh darüber, dass Phil mit mir zusammen entführt wurde. Sonst wäre ich ganz alleine hier und dann hätte ich garantiert schon einen Nervenzusammenbruch gehabt.
Außerdem hatte er doch gesagt, dass er Arzt war. Zumindest meinte ich mich an so eine Äußerung zu erinnern, als er im Wald neben mir aufgetaucht und sich vorgestellt hatte. Vielleicht könnte man unsere Entführer so überzeugen, dass er noch wichtig war. Einen Arzt konnte man meiner Meinung nach immer gebrauchen.Der Entführer wies uns einen Weg durch das Gebäude, in dem wir uns befanden. Anhand des Weges vermutete ich, dass wir uns in einer Art alten Lagerhalle befinden mussten. Der Raum, in den wir gebracht wurden, hatte allerdings eine normale Raumhöhe und besaß leider keine Fenster. Das wäre auch zu schön gewesen. Wahrscheinlich war das mal ne Abstellkammer oder etwas in der Art gewesen.
Auf dem Boden lagen zwei Matratzen. Huch? Da hatten die zwei Entführer in der Zeit, in der wir noch im Transporter eingesperrt waren, schnell eine zweite Matratze organisiert. Sehr umsichtig von denen.
Auf jeder Matratze lag eine Decke, die allerdings recht dünn aussah. Na das würden kalte Nächte werden. Wirklich warm war es in diesem Raum nämlich nicht. Ich ließ den Blick schweifen und entdeckte noch einen Erste-Hilfe-Koffer in einer Ecke.
Plötzlich meldete sich unser Entführer zu Wort, der noch immer hinter uns stand. "Sooo. Dann macht es euch mal gemütlich und richtet euch etwas häuslich ein. Hier werdet ihr wohl einige Zeit verbringen müssen." Er dreht sich um und wollte schon die Tür schließen, als ihm noch etwas einfiel. "Ach ja. Versorgt die Wunde am Arm des Mädchens. Ich hab keine Lust die Kleine als Druckmittel zu verlieren." Er lachte gehässig und schloss die Tür hinter sich.
Phil und ich sahen uns stumm an.
Ich seufzte und setzte mich auf eine der beiden Matratzen. Etwas anderes konnten wir gerade eh nicht machen. Wir konnten nur warten und auf Hilfe hoffen.
Ich starrte auf den Boden vor mir und seufzte wieder. So hatte ich mir diesen Tag ehrlich gesagt nicht vorgestellt. Aber wie heißt es so schön? Schlimmer geht immer. Ich hoffte nur, dass es für heute mal genug war und nicht noch schlimmer wurde.
Ich sah irritiert auf. Ich war so in Gedanken versunken gewesen, dass ich überhaupt nicht mitbekommen hatte, wie Phil den Erste-Hilfe-Koffer geholt und sich neben mich gekniet hatte.
Fragend sah ich ihn an. "Was soll das werden?"
"Wonach sieht es denn aus?" erwiderte er ruhig. "Ich werde deine Wunde jetzt mal ordentlich verbinden. So ungerne ich diesem Typen zustimme. Aber er hat recht. Das muss ordentlich versorgt werden."
Ich zuckte nur mit den Schultern. Dann sollte er halt machen. Insgeheim war ich froh, dass er sich um meinen Arm kümmerte. Ich hatte keine Lust auf eine Entzündung, die sich immer weiter ausbreitete. Aber das hätte ich ihm gegenüber in diesem Moment nicht zugegeben. Ich weiß selbst nicht genau warum. Aber manchmal wollte ich stark sein, obwohl ich es in dem Moment überhaupt nicht war.
Phil nahm den Stofffetzen, mit dem er meinen Arm im Transporter notdürftig verbunden hatte, vorsichtig von meiner Wunde. Es tat weh. Aber der Schmerz war erträglich.
"Du hast Glück" meinte er. "Die Wunde hat schon aufgehört zu bluten. Den neuen Verband leg ich nicht mehr so straff an. Dann wird dein Arm wenigstens wieder besser durchblutet." Er grinste mich an.
Ich grinste zurück erwiderte nur: "Tja da kannst du jetzt mal neidisch sein. Ich hab super Selbstheilungskräfte. Aber nett von dir, dass du dafür sorgst, dass mein Arm nicht abstirbt. Den möchte ich schon noch etwas behalten." Ich lachte kurz auf. Diese Situation war einfach zu komisch für mich. Wir zwei saßen hier in einem kleinen Raum. Eingesperrt mit zwei Matratzen, zwei Decken und einem Erste-Hilfe-Koffer und waren zu Scherzen aufgelegt. Ich grinste dümmlich vor mich hin und schüttelte einfach nur den Kopf.
"Pass auf, dass du nicht noch ein Schleudertrauma bekommst" sagte Phil nur und brachte mich damit erneut zum lachen.
Als der Verband angebracht und Phil den Erste-Hilfe-Koffer wieder in die Ecke gestellt hatte, bemerkte ich wie müde ich immernoch war. Der Schlaf auf dem Boden des Transporters war nunmal nicht sehr erholsam gewesen.
Phil hatte sich bereits auf einer der beiden Matratzen ausgestreckt und starrte an die Decke. Also tat ich es ihm auf der anderen Matratze gleich. Ich zog noch die Decke über mich und schloss die Augen, um etwas Schlaf zu finden. Aber als ich gerade in eine Art Dämmerschlaf verfiel, bemerkte ich, dass ich anfing zu frösteln und war natürlich wieder wach. Na toll. Ich wälzte mich hin und her. Aber die Kälte kroch nur noch weiter unter die Decke und in meine Klamotten. Meine Füße und Hände waren schon ganz kalt. Aber ich würde mir nicht die Blöße geben und Phil nach seiner Jacke oder seiner Decke fragen. Auch wenn er beides gerade nicht brauchte. Nein. Ich würde die Nacht schon irgendwie durchhalten. Ich schloss die Augen und nahm tiefe und ruhige Atemzüge, damit Phil nicht mitbekam, dass ich noch immer wach war und nicht schlafen konnte. Die Kälte versuchte ich dabei einfach zu verdrängen.
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Der Amoklauf, der mein Leben veränderte
FanfictionIn dieser Geschichte geht es um ein Mädchen, das zuhause viele Probleme hat. Sie erlebt einen Amoklauf an ihrer Schule. Durch den Amoklauf lernt sie Franco Fabiano und seine Kollegen kennen. Als sie gemeinsam mit einem Arzt entführt wird, scheint al...