"Franco und ich hatten heute gemeinsam Frühschicht auf dem RTW. Der Tag hat total ruhig angefangen. Nur ein kleiner Autounfall. Aber ohne Schwerverletzte. Nur einer der Unfallbeteiligten hatte eine kleine Platzwunde. Den haben wir dann eingepackt und ins Krankenhaus gebracht. Anschließend sind wir wieder zurück zur Wache gefahren.
Dort haben wir dann auch ziemlich lange auf den nächsten Einsatz gewartet. Alle anderen sind ausgerückt, nach einiger Zeit dann wieder gekommen und kurz danach wieder ausgerückt. Nur wir nicht. Das war echt ein bisschen gruselig.
Wir haben dann die Zeit einfach weiter abgesessen und kurz vor Feierabend sind wir auch nochmal zu einem Einsatz gerufen worden. Das Wetter hatte sich im Laufe des Tages schon immer weiter verschlechtert. Es war am schütten ohne Ende. Franco hatte die Scheibenwischer schon komplett am Anschlag und man konnte trotzdem fast nix sehen. Wir mussten zu einem Waldstück. Mehr wussten wir auch nicht. Die Leitstelle hat uns mitgeteilt, dass der Melder am Waldrand auf uns warten würde.
Dort trafen wir aber niemanden an. Wir haben den RTW geparkt und sind zu Fuß am Waldrand entlanggegangen, in der Hoffnung, den Melder noch zu finden. Wir waren schon nach einigen Minuten vollkommen durchnässt. Meine Laune war entsprechend im Keller, zusätzlich hatte ich unseren schweren Notfallrucksack auf dem Rücken. Franco hatte den Defi genommen und lief hinter mir her...
Das dachte ich zumindest. Als ich mich zu ihm umdrehte, um ihn zu fragen in welche Richtung wir weiter gehen sollen, war er nicht mehr hinter mir. Ich bin dann den Weg, den wir gegangen sind, zurück gelaufen. Nach ein paar Metern hab ich ihn dann zusammen mit diesem Typen gesehen. Der Mann hatte Franco gepackt und hielt ihm eine Waffe an den Kopf. Als er mich sah, hat er Franco auf die Knie gezwungen, ihn aber weiterhin bedroht. Mich hat er dann aufgefordert auf die Ladefläche seines Wagens zu steigen. Hätte ich es nicht getan, hätte er Franco erschossen. Ich bin also rein. Und als ich im Wagen war, hat der Entführer kurzerhand Franco die Waffe über den Kopf gezogen und ihn bewusstlos am Waldrand liegen lassen. Ich hab keine Ahnung ob er noch lebt, ob ihn vielleicht jemand gefunden hat oder wie es ihm überhaupt geht. Der Entführer hat danach die Türen von der Ladefläche zugeknallt und ist hier her gefahren. Ich hoffe so sehr, dass jemand Franco gefunden hat. Oder er ist aufgewacht und hat sich selbst Hilfe holen können. Ich will mir garnicht vorstellen, wenn er jetzt immernoch da liegt und vielleicht tot ist. Dann konnte ich ihm nicht helfen und bin mit Schuld an seinem Tod."
Florian vergub den Kopf in den Händen. Phil und ich sahen uns hilflos an. Dann ergriff Phil das Wort.
"Also 1. war Franco bestimmt nicht lange bewusstlos und konnte sich schnell Hilfe suchen. 2. selbst WENN er tot sein sollte. Dann hättest du keine Schuld daran. Du hattest doch überhaupt keine Möglichkeit ihm zu helfen. Außerdem ist er ein zäher Kerl. Ich kann und will nicht glauben, dass er tot sein könnte."
Florian sah Phil an.
"Glaubst du das wirklich?" fragte er. Daraufhin nickte Phil nur.
Ich saß daneben und wunderte mich nur, wie Florian vorhin noch so gut drauf sein konnte und jetzt emotional fast zusammenbrach. Aber vielleicht war er vorhin einfach nur stark gewesen, weil er gebraucht wurde und jetzt wieder anfing über den Vorfall von vorher nachzudenken.
"Ich weiß, dass das jetzt doof klingt" sagte ich. "Aber du musst deine nassen Klamotten ausziehen Florian. Du holst dir sonst ne fette Erkältung."
"Sie hat recht" pflichtete Phil mir bei. "So kannst du hier nicht sitzen bleiben. Du kannst dich in diese beiden Decken hier wickeln. Deine Klamotten können wir dann zum trocknen dort drüben hin legen" Phil deutete in eine Ecke des Raumes.
"Ok. Aber nur wenn sich Lilly umdreht. Ich ziehe mich garantiert nicht vor fremden Frauen aus" meinte Florian.
"Ich hätte nicht gedacht, dass du so empfindlich bist" lachte ich, während ich mich bereits von ihm weg drehte.
Kurze Zeit später saß Florian in die beiden Decken gewickelt auf Phil's Matratze. Phil und ich saßen auf meiner. Er hatte den Arm um mich gelegt und ich lehnte an ihm. Das war die bequemste Position auf der Matratze, die wir für uns gefunden hatten. Ich genoss es insgeheim.
Aber so übernachten wollte ich auch nicht. Ich hätte schon gerne ne Decke. Außerdem fror Florian trotz beider Decken. Er brauchte dringend trockene Kleidung, die er sich anziehen konnte.
In diesem Moment ging die Tür auf und unser Entführer brachte einen Stapel mit zwei Decken und trockener Kleidung für Florian. Von Socken bis Pullover war alles dabei. Da Florian sich natürlich nicht vor meinen Augen aus den Decken schälen wollte, musste ich mich wieder umdrehen und warten, bis er sich angezogen hatte.
Anschließend konnten wir uns zum schlafen hinlegen. Florian, der mittlerweile nicht mehr fror, auf der einen Matratze, Phil und ich auf der anderen. Durch meinen verletzten Arm, konnte ich nicht auf der rechten Seite liegen. Links ging es aber genauso wenig, da dann mein rechter Arm runter hing und auch das in der Schulter schmerzte. Auf dem Rücken konnte ich aber auch nicht liegen, weil mir das ohne Kissen zu unbequem war.
Irgendwann erbarmte sich Phil und legte sich auf seine rechte Seite und streckte seinen rechten Arm aus, sodass ich meinen Kopf darauf legen konnte.
"Besser?" fragte er mich.
"Ja. Viel besser. Dankeschön" antwortete ich leise, weil ich davon ausging, dass Florian bereits schlief.
Ich legte meinen Kopf auf seinen Arm und rutschte noch etwas näher an ihn ran, weil ich nicht direkt an der Kante der Matratze liegen wollte. Phil lächelte mich an, zog unsere beiden Decken bis an mein Kinn hoch, zog seinen Arm wieder unter die Decken und legte ihn über meinen Bauch. Ich spürte ein glückliches Kribbeln in der Magengegend und schlief mit einem Lächeln auf den Lippen ein.
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Der Amoklauf, der mein Leben veränderte
FanfictionIn dieser Geschichte geht es um ein Mädchen, das zuhause viele Probleme hat. Sie erlebt einen Amoklauf an ihrer Schule. Durch den Amoklauf lernt sie Franco Fabiano und seine Kollegen kennen. Als sie gemeinsam mit einem Arzt entführt wird, scheint al...