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Jisung

„Bin ich jetzt blind oder einfach blöd? Minho und seine engen Verbündeten stehen nicht vor dem Schloss.", meinte ich dann und drehte mich zu den anderen vier. Diese legten die Kopf schräg und setzten einen verwirrten Blick auf.

„Zeig mal", meinte Chan schnell und drängelte sich an mir vorbei, um aus dem kleinen Fenster zu schauen. Seine Augen überflogen die Stadt und das, was sich unmittelbar vor uns abspielte.

„Du... Du hast Recht. Keiner der Vieren ist in Sicht", bestätigte er und sah zu mir. Ein unsicheres Gefühl breitete sich in meinem Körper aus und ich sah ein zweites Mal nach, um sicher zu gehen.

Nope, kein Minho.

„Meinst du, dass sie vielleicht nicht mitgekommen sind?", fragte Jeongin überlegend und legte seinen Daumen und Zeigefinger an sein Kinn.

Ich schüttelte etwas kalt lachend den Kopf. Nein, das glaube ich nicht.

„Wenn du mich fragst, ist das ein Ablenkungsmanöver... Wie damals im Lufttempel schon. Felix war verschwunden und diese Entführung war auch nur dazu da, um uns alle vom eigentlichen Vorgehen zu blenden", erinnerte ich die anderen an den vorigen Plan des Feuerprinzen.

Chan war auf das Thema eher schlecht zu sprechen und sah zu Boden. Der Schmerz musste wohl immer noch fest in seinem Herzen verankert sein.

Dennoch nickten alle zustimmend und sahen etwas betrübt durch die Regale mit Vorräten, die im Raum und an der Wand hingestellt wurden.

„Also vermutest du, dass dieser ganze Kampf nur Ablenkung ist und die Vier schon irgendwie in den Palast gelangt sind?", fragte Hyunjin und deutete zum Fenster nach draußen, wo das Chaos herrschte.

Die Vermutung lag sehr nahe, dass der Plan des Feuerprinzen so aussah. Alle ablenken und alleine den Sieg holen. Das passte zu ihm.

„Ich schätze schon. Und jetzt können sie eigentlich nur drei Ziele haben. Erstens: die Könige zu unterwerfen oder sogar zu töten, Zweitens: in die Schatzkammer eindringen, um sich die Kronjuwelen zu schnappen oder zuletzt: der Minho-Style", antwortete ich und stellte direkt noch ein paar Vermutungen auf.

„Minho-Style?", fragte der Jüngste von uns und sah verwundert in die Runde. Stimmt, er hatte Minho ja noch nie gesehen, geschweige denn gegen ihn gekämpft. Innie kannte ihn nur aus Erzählungen.

„Alles in die Luft jagen", erklärte Chan den Begriff kurz und verdrehte die Augen etwas bei dem Gedanken.

Seungmin und Jeongin, die beide noch nie auf den Feuerprinzen getroffen waren, weiteten die Augen sofort.

„Das heißt, dass er im schlimmsten Fall alles in Brand setzt und somit alle, inklusive meiner Eltern und uns umbringen könnte?", kam es entsetzt von Seungmin.

Chan, Hyunjin und ich nickten etwas unsicher und sahen zu Boden.

Der Erdbändiger fuhr sich durchs Haar und gab ein frustriertes Stöhnen von sich. Für ihn war das alles natürlich viel stressiger und unvorstellbarer, als für uns. Er ist hier groß geworden und dieser Palast ist so etwas wie sein Zuhause. Genauso war da die Sorge um Jaebum und Youngjae. Natürlich war uns allen bewusst, dass besonders Jaebum auch gut alleine klar kommen würde, aber man weiß nie was passieren könnte. Minho war kaltherzig. Das hatte jeder vor uns schon bemerkt. Alleine die Weise, wie er mit seiner Schwester umging. Wie seine Dienerin, nur weil sie ihm minimal unterlegen ist.

„Okay ich habe eine Idee, wie wir vorgehen könnten.", warf Chan nach kurzer Stille in den Raum und ergattert damit unsere ganze Aufmerksamkeit. Chan und ich waren immer für die Pläne zuständig, weshalb ich mit einem genialen Plan von ihm rechnete.

„Also... du meintest gerade, dass es drei Möglichkeiten gibt, richtig? Die Könige selbst, die Kronjuwelen und alles niederbrennen, stimmt's?", wiederholte er meine vorherigen Worte. Ich nickte kurz, um dies zu bestätigen und wartete auf weitere Anweisungen.

„Ich schlage vor, dass wir uns wieder aufteilen. Hyunjin und Seungmin ihr spürt Jaebum und Youngjae auf und bringt sie an einen sicheren Ort bzw. dahin, wo sie keiner vermuten würde, während wir drei zum Thronsaal laufen und schauen, ob Minho und der Rest schon da ist.", schlug Chan vor und blickte in unsere Gesichter. Seungmin meldete sich sofort und brachte sich mit ein.

„Meine Eltern beraten sich generell nie im Thronsaal oder in naheliegenden Räumen. Es gibt einen Raum neben der Schlossküche, den sie nutzten, da dieser unauffällig war. Ich würde trotzdem vorschlagen sie aufzusuchen, um ihnen von unseren Vermutungen zu informieren. Außerdem könnten wir Wissen übermitteln. Zum Beispiel über die Gifthandschellen.", meinte Seungmin und deutete etwas auf sein Handgelenk.

Chan hörte dessen Worten zu und nickte immer wieder.

„Umso besser. Dann sind die Könige fürs erste sicher. Lenkt aber nicht zu viel Aufmerksamkeit auf euch, sonst führt ihr unsere Feinde noch zum Ziel", mahnte er und hob einen Finger. Seungmin und Hyunjin sahen sich kurz an und nickten dann brav. Die beiden waren das perfekte Beispiel dafür, was aus einer Feindschaft wird, wenn man in einer heiklen Situation zusammenarbeiten muss. Richtig, Partnerschaft. Ein Team.

Seungmin ging dann vorsichtig zur Tür und winkte uns ein letztes Mal zu, bevor er die Türklinke packte und sie herunter drückte. Die Tür öffnete sich zu unseren Gunsten leise und beide sahen kurz von links nach rechts. Ihrer Körperhaltung zu urteilen, sah es sicher aus, da sie sich immer weiter aus dem Türrahmen lehnten.

Bevor wir auch zum Abschied winken konnten, hatten die beiden ihre Füße in die Hände genommen und rannten vorsichtig auf den Flur hinaus.

Tja, da waren es nur noch drei. Die drei Stärksten aus dem Team. Naja, Jeongin ist noch Schüler, aber ich lasse ihn schon einmal als drittstärksten zählen. Wir schwiegen, bis die Tür ins Schloss gefallen waren und tauschten einen kurzen Blick aus.

„Also, wir drei gehen in den Thronsaal. Ich könnte wetten, dass das ihr erstes Ziel ist, da sie dort mit hoher Wahrscheinlichkeit die Könige erwarteten.", wiederholte Chan unseren Teil des Planes. Jeongin schien mit vielem, was hier passierte etwas überfordert, doch blieb selbstbewusst. Im Endeffekt müsste er uns sowieso nur folgen. Ich schätzte mal, dass Chan sich hier zumindest ein wenig auskannte. Immerhin war auch er ein König und wäre aufgrund ein paar Versammlungen nicht das erste Mal hier. Ich vertraute seinem Plan und stimmte ein.

„Lasst es uns wagen."

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My Beautiful EnemyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt