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Es war Abend, als ich an den Campus zurückkam und die Tür zu meinem Zimmer aufschloss, da ich jede Minute mit meinem Dad noch auskosten wollte, ehe er wieder nach Hause fuhr. Ich würde allein sein, denn Fiona hatte noch eine späte Vorlesung. Auf meinem Bett lag ein kleines Päckchen, mit einer recht hässlichen Schleife darum. Daneben ein kleiner Zettel. »Damit du immer erreichbar bist«

Christians Schrift und damit war klar, diese Schleife war auf seinen Mist gewachsen. Was auch immer er sich jetzt wieder überlegte, er sollte mir nichts schenken. Vorsichtig befreite ich das kleine Päckchen von seinem Papier, als ein neues Smartphone zum Vorschein kam. Ungläubig starrte ich die Schachtel in meinen Händen an. Sie war verscheißt und schwer, somit war klar, darin befand ich tatsächlich ein neues Telefon. Ich musste mich einen Moment setzten. Er kaufte mir einfach so ein neues Telefon? Warum? Ich nahm es in die Hand und sah es ungläubig an. Ja, manch mal setzte mein altes Teil aus, so dass ich nicht erreichbar war, doch ich musste es dann nur kurz neu starten und es funktionierte wieder. Kein Hexenwerk, was sollte...

Ja, was sollte schon passieren? Das was passiert war. In einem der schlimmsten Momente war ich nicht erreichbar gewesen und Fiona wollte mich noch warnen. Ihr Anruf ging auf meiner Mailbox ein. Eine kleine Erinnerung flackerte auf. Es war nicht ausgegangen, ich wollte es neu starten, weil ich keinen Empfang hatte und Christian schreiben wollte, dass ich gut angekommen war, wie ich es versprochen hatte. Er hatte sich vorher nie Sorgen gemacht, aber an diesem Abend war es anders gewesen. Ich griff nach meinem Telefon und sah in die Nachrichten.

»Hast du morgen Lust und Zeit was zu machen? Es gibt da was, was ich dir noch sagen wollte.«

Das war meine letzte Nachricht an ihn, nicht zugestellt.

Ich wollte alle Karten auf den Tisch legen, ihm sagen, dass ich nicht nur die gute Freundin sein wollte und wenn er aufhören musste, solche Worte in mein Ohr zu raunen. Mein Telefon fragte, ob es die Nachricht nun erneut senden sollte. Ich verneinte. Es war nicht mehr passend, ihm zu sagen, dass ich mehr sein wollte. Nicht, nachdem er mich so gefunden hatte. Aber vielleicht sollte ich es doch wagen.

Ich griff nach dem Telefon und öffnete die Tür, hoffte er wäre da, nicht beim Training oder am Lernen. Vor seiner Tür hielt ich einen Moment Inne. Eine Frauenstimme? Ben könnte Besuch haben, was ich nicht glaubte. Sicher war es der Fernseher. Ich klopfte dennoch vorsichtshalber an, man wusste ja nie, wo man reinpatzte. Die Tür wurde geöffnet und zwei blaue Augen sahen mich an.

»Jen,« meinte er, schlüpfte in den Rahmen und schloss die Tür hinter sich.
Was hatte ich verpasst?

»Ich wollte dir das hier wiedergeben. Du kannst mir nicht...« ich hielt ihm gerade das Telefon hin, als die Tür hinter ihm aufging und Charlotte Winterbloom, Cheercaptain und ebenfalls Kunststudentin, heraustrat. Ihr Lippenstift wirkte verschmiert. Ich blickte sie an, dann Christian, der ertappt wirkte.

»Danke Babe«, meinte Charlotte, drückte ihm einen Kuss auf die Wange, schenkte mir ein Lächeln, ehe sie an Christian vorbei auf den Flur trat. Es war nicht das erste Mal, dass ich so was erlebte, zumal sie ihm auf der Party auch immer wieder schöne Augen gemacht hatte. Ich schüttelte kurz den Kopf und blickte Charlotte ungläubig hinterher, spürte den tiefen Stich in meinem Herzen. Nichts hatte sich geändert, nichts. Warum sollte es auch und ich war kurz davor etwas so Dummes zu tun, weil ich dachte...

»Das war nicht...« Christian fand seine Stimme wieder und sah mich bittend an, als ich ihn unterbrach:

»Alles gut. Es ist deine Sache. Aber das Telefon kann ich nicht annehmen.« Ich versuchte so angestrengt ruhig zu bleiben, dass mein Hals erneut heftig zu schmerzen begann.

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