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Jennas POV

Mit einem schnaufen stellte Rick die letzte Kiste in meinem neuen Zimmer ab. Das war es also. Mein neues Zuhause. Ich blickte mich um. Keine Erinnerungen, die meine Gefühle trügen konnten. Hier konnte ich für mich sein, neu beginnen.

Es war ungewohnt und dennoch befreiend. Ein weiterer Schritt. Einer nach dem anderen. Nur so würde ich mir wieder selbst vertrauen können.

»Was ist genau zwischen dir und Christian passiert?« Ben reichte mir eine Wasserflasche und sah mich fragend an. Ich hatte nicht darüber gesprochen. Hatte ihnen nur erzählt, dass Matt an seinem Unfall schuld war und dass meine Zeugenaussage ziemlich viel aufwühlte mit dem ich erst mal fertig werden musste. Ich konnte ihnen nicht sagen, was genau mit mir los war. Sie würden es nicht verstehen. Es war etwas, was ich mit niemanden teilte.

Es wäre so viel einfacher gewesen, wenn Christian mich wegen meiner Zurückweisung hassen würde. Aber er tat es nicht. Er war so verständnisvoll gewesen, dass es mich zerriss.

»Die Realität, würde ich sagen.« Ich setzte mich auf den Boden und öffnete die Flasche.

Rick nahm auf dem Küchentresen platz, warf mir einen neugierigen Blick zu. Sie alle hielten sich zurück, stellten keine Fragen, doch Ben schien es nicht mehr auszuhalten. Er sah mich, er sah aber auch Christian und es war offensichtlich, dass wir beide verletzt waren.

»Ihr habt euch geküsst und jetzt ziehst du knall auf fall hier ein, gehst ihm aus dem Weg, obwohl ihr beiden faktisch untrennbar wart?« Ben schien es nicht nachvollziehen zu können. Wenn es nur so einfach gewesen wäre, es ihnen und vor allem Christian zu erklären. Doch dafür müsste ich so viel mehr von mir Preisgeben und dazu war ich nicht bereit.

Als ich nach der Aussage in meinem Wagen saß, war ich kurz davor wieder die Kontrolle zu verlieren. Etwas, was ich nie wieder wollte, seit ich nach Boston gekommen war. Keiner von ihnen wusste, dass er damals sein Auto von einer Brücke in einen Fluss lenkte, dass er damals bereits versucht hatte uns gemeinsam ins Jenseits zu befördern. Wie lange war selbst ich mir sicher gewesen, es wäre nur ein Unfall. Jeder hatte ihm geglaubt. Er hatte so oft dafür gesorgt die Wahrheiten zu seinen Gunsten zu verdrehen, dass ich mir nicht sicher war, was wahr war und was nicht.

»Es ist nicht so einfach zu erklären.« Ich spielte mit der Flasche in meiner Hand. »Ich habe ihm gesagt, dass ich das mit uns gerade nicht kann.«

Ein kleiner Teil der Wahrheit. Sollte Christian wirklich verliebt in mich gewesen sein, hatte ich es geschafft und ihm das Herz gebrochen. Jedoch war mein Kopf sich nicht mehr sicher, ob er wirklich verliebt in mich gewesen war. Diese Zweifel schienen nicht aufhören zu wollen, drehten sich immer weiter in meinem Kopf.

»Bitter«, seufzte Ben.

»Bitte?«

»Ich sagte bitter. Wenn man bedenkt, wie lange...« Ben brach seinen Satz ab. »Egal. Wichtig ist, dass du dich gut fühlst.«

»Ben?« Ich sah ihn an, mit einem scharfen, mahnenden Blick. Da war er, dieser Trigger. Wenn Leute meinten, mir etwas anzudeuten, es dann aber nicht aussprachen.

»Ja?«, versuchte er es mit dem Unschuldslamm, was Rick kurz auflachen ließ, weil er bereits wusste, dass das nicht funktionieren würde.

»Spuck es aus.« Mit vor der Brust verschränkten Armen sah ich ihn an.

»Ja, Ben. Spuck es aus.«

»Klappe Rick, ich weiß du weißt es sowieso schon.« Ruckartig blickte ich zu diesem und funkelte meinen neuen Mitbewohner warnend an. Hier gab es etwas, was mir alle verheimlichten.

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