10. Heimliche Talente

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Misaki POV

Am Montag verging der Unterricht viel zu schnell. Ich wollte nicht zum Orchester. Dort war Kayo. Mir war das ganze unfassbar peinlich. Rin war völlig aus dem Häuschen als ich ihr alles erzählt hatte. Sie fand es zwar schade, weil sie Kayo mehr an meiner Seite sah als Toru, doch sie freute sich für mich, dass er sich nochmal so viel Mühe geben wollte.

Nach dem Unterricht, schloss ich mich Maki an und ging mit ihm zur Sporthalle. Als wir dort ankamen, wollte ich mich unauffällig zum Trainer setzen, doch natürlich blieb das nicht unbemerkt. „Schwesterherz? Was machst du denn hier? Du hast doch noch Orchesterprobe?" Iwa kam zu mir gelaufen und hinter ihm Toru. Mein Herz setzte kurz aus, bei seinem Grinsen. „Naja..." „Ist es wegen Kayo?" ich seufzte und nickte ergeben. „Es ist total peinlich, Iwa." bevor er antworten konnte, rannte Toru zum Trainer und besprach etwas mit ihm. Kurz sah er verwirrt zu uns, nickte dann aber. Ein breit grinsender Toru kam auf uns zu. „Hey, kommt mal alle zu mir." das ganze Team stand um uns herum und hörte gespannt zu, was der Kapitän zu sagen hatte. „Wir trainieren heute etwas später. Zuerst gehen wir alle zur Orchesterprobe und hören unserer wunderschönen Managerin zu." ich wurde knallrot bei seinen Worten. Alle waren begeistert und wollten schon los gehen. „Aber, Coach! Die Spiele fangen bald an, die Jungs brauchen das Training!" „Ich habe dich noch nie spielen gehört. Was wirklich sehr schade ist. Wir können auch etwas später anfangen." er grinste und ging voraus. Leichte Panik überkam mich. Ich wollte Kayo nicht sehen. Sanft wurde nach meiner Hand gegriffen und ich sah direkt in Toru's braunen Augen. „Komm, wir sind bei dir."

Er zog mich bis vor die Tür des Saals. Von außen hörte man schon einzelne Instrumente spielen. Maki lachte und ich musste auch schmunzeln. Rin's Stimme war ganz laut zu hören. „Du Vollpfosten! Wegen dir kommt sie nicht! Ohne Misaki, klappt das alles nicht! Es ist nicht das selbe." alle stimmten lautstark zu. Das machte mir Mut und so öffnete ich die Tür und trat schnell ein. Ich lief zur Bühne. „Sorry, Leute. Ich bin da!" jeder strahlte mich an. „Misaki." „Du bist endlich da." „Ja. Und ich habe Besuch dabei." Alle blickten hinter mich und weiteten ihre Augen. Das gesamte Volleyballteam setzte sich hin, bereit uns zuzuhören. Alle freuten sich und wollten schon anfangen, als Kayo sich zu Wort meldete. „Misaki. Was machen die hier?" „Uns zuhören, was denn sonst?" ich griff nach meiner Geige und wollte loslegen, doch Kayo's fester Griff hinderte mich daran. „Was soll das werden? Traust du dich nicht mehr alleine zu kommen?" „Ey, lass meine Schwester los, du Arsch!" „Lass sie los, sonst kannst du was erleben." „Lass deine dreckigen Griffel bei dir, sonst mach ich dich einen Kopf kürzer, du Loser." lautes Gemecker war aus dem Publikum zu hören. Wobei ich glaube ich nicht erwähnen muss, von wem der letzte Satz kam. Sofort ließ er mich los und sah erschrocken zum Volleyballteam. „Wisst ihr was? Ihr könnt mich mal! Ich bin raus. Seht doch zu wie ihr ohne mich zurecht kommt." schnell verließ er den Saal. Aber nicht ohne noch böse Blicke der anderen zu bekommen.

„Was machen wir denn jetzt?" „Misaki, muss ans Piano!" „Und wer spielt dann die Geige, du Genie?" „Oh, ja." eine kleine Diskussion entfachte zwischen den Mitgliedern des Orchesters, doch ich suchte den Blick meines besten Freundes. Er bemerkte das und schüttelte panisch seinen Kopf. Ich nickte und ging auf ihn zu. Er versuchte sich in seinem Sitz zu verstecken, das klappte natürlich nicht. „Maki, bitte." „Verstell deine Stimme nicht so. Das ist unfair." ich bettelte ihn quasi mit meinen Blicken an. Alle anderen im Saal sahen verwirrt zu uns. „Man, Misaki. Das ist voll peinlich." er nahm meine Hand und ich quiekte vor Aufregung.

Schnell zog ich ihn zur Bühne und drückte ihn auf den Hocker vor dem Piano. Rin musterte uns skeptisch. Ich drehte mich zu den Bandmitgliedern. „Leute, das ist Maki, mein aller bester Freund. Spielt einfach nur ein bisschen langsamer oke? Er ist wirklich gut." alle musterten ihn und nickten dann lächelnd. Rin zuckte mit den Schultern und klopfte Maki auf die Schulter. Der war etwas blass um die Nase. Deswegen flüsterte ich ihm noch zu „Hey, ich bin bei dir. Mach es einfach wie die letzten Male, in Ordnung?" Er nickte und machte sich bereit los zu spielen.

Die ersten Töne erklangen und ich war gefangen. Blau, grün, rot. So viele Farben. Ich lächelte. Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte man denken Kayo sitzt am Piano. Maki ist wirklich gut geworden. Schnell war das Stück gespielt. Aufgeregt sah ich zu den Jungs im Publikum. „Und? Wie fandet ihr's?" kaum hatte ich das ausgesprochen, rasteten sie schon aus. Sie fanden es großartig. Ich umarmte Maki und bedankte mich bei ihm. Er bekam viele Komplimente von den anderen, was ihn rot werden ließ. Sie fragten ihn, ob er bei den Konzerten mitspielen würde. „I-Ich weiß nicht. Vielleicht kommt Kayo ja wieder." „Ach, auf den Spinner können wir verzichten! Man, ihr hättet mir echt erzählen können, dass Maki lernt Piano zu spielen." Rin schmollte mal wieder. Entschuldigend zuckte ich mit den Schultern. „Sorry, Rinilein." sie verdrehte die Augen, wegen des Spitznamens. Ich lachte.

„Ey, Maki. Das war der Hammer! Wieso hast du uns davon nichts erzählt?" „Naja, es war mir ein bisschen unangenehm. Wisst ihr seit mein Großvater tot ist, kann niemand in meiner Familie mehr auf dem Piano spielen. Er hat meiner Oma oft vorgespielt. Anfangs hat Misaki ihr etwas vorgespielt, aber Misaki meinte es wäre eine schöne Überraschung, wenn ich ihr zu ihrem Geburtstag etwas vorspielen könnte. Tja, und deswegen haben wir wochenlang jeden Tag geübt. Sie hat sich echt gefreut." er war stolz auf sich und das konnte er wirklich sein. Ich spürte einen Blick auf mir. Ich drehte mich um und traf Toru's Blick. Er lächelte, was ich erwiderte. Ich murmelte ein lautloses ,Danke' was ihn noch mehr zum lächeln brachte.

„So jetzt aber ab zum Training, Jungs! Misaki? Das war der Hammer." ich verbeugte mich vor dem Coach. Ich drehte mich nochmal zur Bühne, aber da war keiner mehr. Ich entdeckte die anderen schon bei der Tür und war total verwirrt. „Ey, was machst du da? Komm schon! Jetzt sehen wir den hotten boys beim Training zu. Und ich weiß, dass dir das gefällt, also zack zack." ich lachte und rannte zu den anderen.

Toru drehte sich immer wieder zu mir um. Er machte Grimassen, während Iwa mit ihm redete. Das durfte er ihn nicht sehen lassen. Gerade als ich den Gedanken hatte, drehte sich mein Bruder zu Oikawa um und verpasste ihm ne ordentliche Kopfnuss. Wir lachten laut und Toru heulte rum.

Kurz vor der Halle hörten wir lautes Gekreische. Gelb. Ich verzog mein Gesicht. „Oikawa!" er drehte sich entschuldigend zu mir um. Ich lächelte leicht und folgte den anderen weiter zur Halle. Doch dann hörte ich etwas, was mich sofort zum stehen brachte. „Sorry, Mädels. Ich hab keine Zeit und außerdem bin ich in wundervoller Begleitung!" er suchte mich und kam auf mich zu. Ich sah ihn ungläubig an. Als er bei mir ankam, schlang er einen Arm um meine Schulter. „Hast du gerade?" „Ja. Ich setze Prioritäten weißt du?" er lächelte mich so sanft an, dass ich fast geheult hätte. Arm in Arm, betraten wir die Sporthalle.

Never too lateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt