„Hallo", sagte Yvonne leise, als sie in das Wohnzimmer einbog, wo ihre Mutter auf der Couch saß und sich den Tatort ansah, der auf dem Fernseher flimmerte. Erschöpft ließ sie sich neben sie fallen und legte ihre Beine auf den Tisch. Ein Moment der Ruhe, war genau das was sie gerade brauchte. Immer noch konnte sie keinen klaren Gedanken fassen und lehnte stattdessen zur Beruhigung ihren Kopf nach hinten. Mit offenen Augen starrte sie an die weiße Decke. Ihre Augen brannten wie die Hölle und sie musste sich wirklich am Riemen reißen, um nicht einfach loszuweinen. Wie konnte sie es nur so weit kommen lassen. All diese unausgesprochenen Worte, die zwischen ihnen standen. Mit einem Mal war sie mehr als nur heilfroh, dass auch Mark und Nico sie nach Finnland begleiten würden, denn so musste sie sich dann gezwungenermaßen zusammenreißen.
Samu war gleich nach einem kurzen Hallo, das an Andrea gerichtet war, ins Bad verschwunden. Yvonne war sich absolut sicher, dass auch er nach diesem hitzigen Moment im Auto, keinen klaren Gedanken fassen könnte und erst ein wenig Abstand von ihr brauchte.
„Na wie wars gestern Abend?", fragte ihre Mutter, die die angespannte Stimmung deutlich spüren konnte.
„Mh, ja war ganz nett, wir haben es dann nicht mehr nach Hause geschafft und bei Nico geschlafen. Wie geht's Noah, ist das Fieber schon komplett weg?" Yvonne stellte fest, dass sie ihren kleinen Sonnenschein seit gestern Früh, gar nicht mehr gesehen hatte und fühlte sich direkt noch schlechter. Andererseits hätte sie gewusst, wie der gestrige Abend enden würde, dann hätte sie sich bestimmt gegen den Abstecher in die Bar mit Steff entschieden und wäre nach Hause zu ihrem Sohn gefahren. Doch bekanntlich konnte man im Leben nicht vor und zurückspulen, auch wenn es öfter sehr wünschenswert wäre. Bei Andrea schalteten die Mutterinstinkte sofort, als sie den sorgenerfüllten Blick ihrer Tochter sah.
„Hey, alles gut, ihm geht es schon viel besser. Wir haben den ganzen Tag gespielt und waren spazieren. Er ist schon total aufgeregt", sagte sie und hielt sich plötzlich die Hand vor den Mund, als hätte sie etwas Verbotenes gesagt.
„Aufgeregt wovor?", fragte Yvonne leicht irritiert und beobachtete die zugekniffenen Augen ihrer Mutter. „Oh... du weißt es also schon." Sie schloss die Augen und ein kleines Lächeln huschte über ihre Lippen. Natürlich wusste ihre Mutter schon von der Reise, denn es wäre nicht Samu, hätte er sie nicht vorher um ihre Meinung zu seiner Idee gefragt. Ihr Herz wurde plötzlich noch schwerer, als es von dem beinahe-Kuss zuvor sowieso schon war.
„Ich fand seine Idee sofort toll mein Schatz, ich glaube es wird dir gut tun. Euch beiden", meinte sie und legte einen Arm um ihre Tochter, die sie mit gerunzelter Stirn ansah. In euch beiden steckte ein Spielraum, der ihr wenig gefiel. Ihr und Noah oder etwa ihr und Samu? „Yvonne bitte. Nehmt euch die Zeit, die ihr braucht. Er hat mir alles erzählt, also ich weiß, dass auf ihn keine andere Frau in Finnland wartet. Für ihn gibt es nur dich und ich denke, dass solltest du langsam auch für dich klar werden lassen."
Yvonne nickte stumm. Also doch Samu und sie. Die Worte ihrer Mutter musste die Sängerin erst mal verdauen. Samu hatte ihr also erzählt, wie es dazu gekommen war, dass die ganze Welt dachte er sei verheiratet und sie in den Finnland-Plan eingeweiht. Yvonne fragte sich, ob gerade der Punkt war, an dem sie lachen oder weinen sollte. Immerhin war sie knapp über vierzig Jahre alt und ihre Mutter musste ihr sagen, dass ein Mann sich um sie sorgte und vielleicht sogar mehr als nur freundschaftliche Gefühle für sie hatte. Eigentlich sollte sie viel reifer und erwachsener sein, hatte sie doch schon so einiges an Lebenserfahrung sammeln dürfen, die guten und schlechten Seiten des Lebens gesehen. Zu den guten gehörte definitiv ihr Sohn, Yvonnes Ein und Alles.
Sie erinnerte sich an einen Spaziergang mit Noah vor ein paar Wochen, als sie im Park die Flugzeuge über ihren Köpfen beobachtete hatten. Seine kleinen Kinderäuglein hatten so hell wie Sterne geleuchtet, als die schweren Maschinen über ihren Köpfen hinwegflogen. „Mama, wenn ich groß bin will ich auch fliegen", hatte er voller Begeisterung gerufen und Yvonnes Herz höher schlagen lassen. Sie liebte es zu sehen, wie Noah sich für die große weite Welt begeistern konnte und versprach ihm eines Tages auch da oben fliegen zu können. Dass dieses Versprechen nun so schnell eingelöst werden könnte, damit hatte sie natürlich nicht gerechnet, vor allem aber nicht mit dem Ziel ihrer Reise, Helsinki. Gemeinsam mit Samu. Allein der Gedanke an ihn, versetzte ihr einen Stich ins Herz. Wie sollte sie nun mit ihm umgehen, mit ihm in einem Bett schlafen oder ihm auch nur in die Augen sehen? Die Situation vorhin im Auto hatte sie um den Verstand gebracht, das merkte nicht nur sie selbst.
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Save me once again
Fiksi PenggemarManchmal ist man doch nicht so ganz verloren, wie man anfangs dachte. Manchmal begegnen einem Menschen, denen man vertraut und bei denen man sich zu Hause fühlt. ° ° ° Eine kleine Geschichte (aus meiner großen Fantasie) zu TVOG. Aus Respekt sind all...