Als ich die Tür des Wohnheimzimmers öffne, ist das Zimmer leer. Ronnies Bett ist gemacht und das Magazin, welches sie vorhin gelesen hat, liegt aufgeschlagen darauf. Ich schlängle mich an den Kisten vorbei und betrachte ihre Hälfte des Raums. An der Wand hängen Poster von Bands, die ich nicht kenne, aber auch Duplikate von großen Kunstwerken. Auf ihrem Bett stapeln sich viele Kissen und auf ihrem Schreibtisch herrscht ein bloßes Durcheinander aus Notizen, Büchern, Skizzenblöcken und Süßigkeiten. Eine Kleiderschranktür steht offen und ich kann einige Tops in ähnlichem Stil wie das, welches sie heute trägt, erkennen.Doch im Endeffekt sagt ihre Zimmerseite nichts über sie aus, außer dass sie auf Unordnung steht. Seufzend öffne ich den Karton, in dem sich meine Bettwäsche und ein Teil meiner Kleidung befindet. Ich beziehe mein Bett und wundere mich, wo Ronnie ist. Anfangs dachte ich, sie wäre nur auf der Toilette, doch jetzt bin ich der festen Überzeugung, dass sie unterwegs ist.
Nach einer viertel Stunde, in der mich nichts als Stille umgab, durchsuche ich die Kartons nach meiner Musikbox, um Musik von Taylor Swift zu hören. Es fällt mir leichter, nicht mit den Gedanken abzuschweifen und mich einfach auf das Auspacken zu konzentrieren, während ich lautstark ihre alten Songs höre.
Mein Bruder hasste ihre Musik und es dauerte fast ein Jahr, bis ich es endlich schaffte wieder auch nur einen Song von ihr zu hören.
Zuerst räume ich meine Hefte und Ordner in die Schubladen meines Schreibtisches und danach stelle ich all die ungelesenen Bücher in das Regal. Die meisten meiner Bücher habe ich in meinem großen Bücherregal Zuhause stehen lassen, doch ich wollte unbedingt einige mit hierher nehmen.
Gerade als ich meinen Kleiderschrank öffne, spaziert Ronnie in unser Zimmer. Sie schmeißt ihre rote Lederjacke auf ihren Schreibtischstuhl und lässt sich auf ihr Bett fallen. »Wie ich sehe, sind deine Eltern fort.« Es war keine Frage, doch ich nicke heftig. Mit einem Stöhnen angelt sie sich ihr Haargummi, das auf ihrem Nachttisch liegt und bindet ihre widerspenstigen Haare zu einem hohen Zopf zusammen. Danach mustert sie mich neugierig.
»Komm, ich helfe dir beim Auspacken.« sie schwingt ihre langen Beine über die Bettkante und schreitet auf mich zu. Ich winke ab und greife nach einem Kleid, welches ich auf einen Bügel hänge. »Danke, aber ich schaffe das auch alleine. So viele Klamotten habe ich gar nicht.«
Ronnie verschränkt ihre Arme vor der Brust und zieht eine Braue hoch. »Ich habe dich nicht um deine Erlaubnis gebeten, Süße.« Mir steigt leicht die Röte ins Gesicht und ich knicke ein.
Jedes einzelne Kleidungsstück, welches Ronnie auspackt, beäugt sie kritisch und kommentiert es. Das meiste ist ihr zu verklemmt, aber einige Teile betitelt sie auch als ganz schick. Als sie die Kiste mit meiner Unterwäsche aufreißt, versuche ich, ihr den Karton wegzuziehen, doch Ronnie ist schneller und hat sich bereits einen schwarzen Basic BH herausgefischt.
Mit hochgezogenen Augenbrauen mustert sie ihn und schaut danach besorgt in mein Gesicht. »Wow... Du hast echt ein dringendes Problem.« Empört reiße ich ihr den BH aus der Hand und stopfe ihn in die Kommode. »Was ist daran bitte so schlimm?« Sie greift in den Karton und holt eine Hand voll schwarzer Pantys heraus. »Was daran so schlimm ist? Selbst meine Großmutter besitzt aufregendere Unterwäsche.« Ich schnaube entsetzt und tue das gleiche wie mit dem BH.
Als sie einen Slip mit Spitze findet, kreischt sie erfreut auf. »Jesus Christus, die Hoffnung ist doch noch nicht ganz verloren!« Auch wenn ich meine Augen verdrehe, kann ich mir ein Lachen nicht ganz verkneifen. Ronnies offene Art überrascht mich und auch wenn sie etwas zu viel redet, ist sie mir sympathisch.
Ich habe keine wirklichen Freunde, denn nachdem ich mich nach dem Vorfall vor zwei Jahren von ihnen abgewendet habe, haben sie mich fallengelassen. Sie haben meinen stummen Hilferuf einfach nicht bemerkt.

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Felicity
Любовные романыNachdem Alaskas Zwillingsbruder, Atlas, vor zwei Jahren bei einem tragischen Attentat ums Leben kam, dachte sie, sie könnte nie wieder glücklich werden. Sie vermisste ihn - Sie vermisste sein raues Lachen, seine schlechten Witze, seine festen Umarm...