Der Coffeeshop auf der anderen Seite des Campus ist überfüllt. Am liebsten hätte ich Ronnie gebeten wieder umzukehren, doch sie war der festen Überzeugung, dass sich noch zwei freie Plätze auffinden ließen. Tatsächlich ist in der Nähe des Tresens ein Tisch mit zwei Stühlen frei. Doch als wir gemeinsam Platz nehmen, wird uns schlagartig bewusst, was der Grund dafür ist. Ständig rempeln uns Leute an, die eilig ihre Bestellungen aufgeben wollen oder Bedienungen, die gestresst Tabletts auf ihren Händen balancieren.»Wir hätten uns auch einfach einen Kaffee zum Mitnehmen bestellen können, dann hätten wir dem hier«, ich wedle theatralisch mit den Händen in der Luft rum, »aus dem Weg gehen können.« Wie auf Kommando rempelt mich ein Mann mit einem leeren Tablett unter dem Arm an und entschuldigt sich nicht einmal dafür.
»Ja, mir tut es auch leid.«, rufe ich ihm hinterher, doch er hört mich gar nicht mehr, sondern lädt neue Tassen auf sein Tablett, die auf der Theke auf ihn warten. Ronnie kichert leise, während sie mir die Karte reicht und mir einen belustigten Blick zuwirft.
»Heute scheint echt nicht dein Tag zu sein...« Ich werfe ihr einen Todesblick zu, der sie noch mehr zu amüsieren scheint. »Wenn du so weiter machst, wirst du mir noch sehr viele Kaffes ausgeben müssen.« Sie lacht glockenhell auf, doch ich verstehe nur meine Augen.
Als die Bedienung kommt, um unsere Bestellung aufzunehmen, bestellt Ronnie einen Latte Macchiato und ich einen schwarzen Eiskaffee. Dazu suchen wir uns beide ein Sandwich und jeweils etwas Süßes aus, damit wir unser versäumtes Frühstück nachholen können.
»Haben sich deine Kopfschmerzen schon gebessert?«, fragt Ronnie, während sie ihr Handy aus ihrer Tasche fischt, da es zuvor geklingelt hat. »Ja, sie sind fast verschwunden.« Ronnie hatte mir bevor wir gegangen waren eine Aspirin gegeben, da ich selbst keine von Zuhause mitgenommen habe.
»Toni ist echt süß. Sie macht sich macht sich total Sorgen um uns.« Verwundert schaue ich Ronnie an. »Wieso denn das?« Sie schaut auf und legt ihr Handy zur Seite. »Nun ja, mit meiner letzten Zimmergenossin lief es nicht so gut und ich war gestern so glücklich, dass du und ich uns so gut zu verstehen schienen.«
Die Bedienung kommt und stellt unsere Bestellung vor uns auf den Tisch. Wir bedanken uns bei ihr, worauf sie uns ein höfliches Lächeln zu wirft und schnell davonhuscht. »Wieso lief es denn mit deiner vorherigen Mitbewohnerin nicht so besonders?«
Sie schaut mir gequält in die Augen. Ich möchte mich gerade entschuldigen und die Frage zurücknehmen, als sie in einem zurückhaltenden Ton antwortete: »Sie mochte nicht, dass ich es vorziehe, mit Frauen das Bett zu teilen, anstatt mit Männern. Also hat sie beschlossen, mir mein erstes Jahr zur Hölle zu machen, bis ich eines Tages aus meinem eigenen Zimmer geflogen bin, da ich sie wohl sexuell belästigt hätte.« Sie schluckt einmal und schüttelt dann ihren Kopf. Ich greife schnell nach ihrer Hand und drücke zu.
»Das würde ich niemals tun, versprochen. Du dagegen wirst sicherlich schon nach den ersten drei Monaten Pläne schmieden, wie du mich wieder aus unserem Zimmer rausbekommst.« Wir lachen beide herzlich auf und können gar nicht mehr aufhören.
»Ich kann dir nichts versprechen.«, japst sie, worauf wir wieder in Gelächter ausbrechen.Mein Blick huscht zu der Tür, die gerade geöffnet wird und sofort verstummt mein Lachen. Auch Ronnie hört schlagartig auf und schaut mich verwirrt an.
Scheiße. Scheiße. Scheiße.
Ich hatte gehofft, dass ich dieses Gesicht über Nacht vergessen würde und nie wieder sehen müsste. Ich rutsche etwas meinen Stuhl herunter und verstecke mich hinter einer Haarsträhne. Schnell nippe ich an meinem Kaffee und versuche mich möglichst unauffällig zu verhalten.
Plötzlich macht Ronnie Anstalten sich umzudrehen, doch ich schnappe panisch nach ihrer Hand und halte sie somit zurück. »Was soll das werden, Alaska?«
So laut... Sie hat meinen Namen so laut gesagt, dass diese strahlenden smarragdgrünen Augen zu mir huschen. Sein Gesichtsausdruck bleibt kühl, doch ich meine ein Aufleuchten in seinen Augen zu sehen.
Neben ihm stehen sein Kumpel, den ich erst vor wenigen Stunden kennenlernen durfte und noch ein anderer Kerl, der als einziger zu erzählen scheint. Nur mit wem, wenn die anderen beiden doch nichts sagen?
Ich weiche seinem stechenden Blick aus und schaue Ronnie wütend an. Oh, wenn Blicke töten könnten.
»Verdammt Ronnie, lauter ging es nicht oder?«
Ihr Blick wird noch verwirrter und gerade als sie sich erneut umdrehen möchte, tritt er an unseren Tisch. Seine Arme vor der Brust verschränkt und seine Augen auf mich gerichtet.Ich schaue an ihm vorbei und bemerke, wie seine Freunde uns von der Theke aus beobachten - abwartend, nervös. Ich trinke ohne mich aus der Ruhe zu bringen einen Schluck Kaffee. Das Gefühl der Kälte beruhigt das heiße Blut, welches plötzlich durch meine Adern zu schießen und nicht mehr zäh vor sich hinzulaufen scheint. Mein Blick trifft den von Ronnie, die versucht aus der Situation schlau zu werden, doch ich wende ihn schnell wieder ab und blicke nun direkt in das tiefe Grün.
Abwartend hebe ich eine Augenbraue und richte mich auf. »Hast du dich vor mir versteckt?«, fragt er nüchtern. Ich lächle ihn süßlich an. »Dir auch einen wundervollen Morgen... Wie war dein Name doch gleich?« Ronnie verschluckt sich bei meinem Tonfall und bekommt plötzlich riesige Augen.
Er formt seine Augen zu Schlitzen und vergräbt seine Hände tief in den Taschen seiner Jeans. »Bevor ich den Laden hier betreten habe, war der Morgen deutlich besser. Obwohl er mir schon madig gemacht wurde, als ich die zusätzliche Wäsche in meinem Wäschekorb gesehen habe.«, sagt er, ohne meine Frage nach seinem Namen zu beantworten. Er leckt sich einmal über seine Lippen und Ronnie sieht aus als würde sie die Welt nicht mehr verstehen.
»Apropos, wenn du deine Sachen wieder haben möchtest, dann musst du sie selbst abholen. Oder du lässt sie bei mir. Irgendein Mädchen wird sicher bald Wechselkleidung benötigen.« Ich verziehe mein Gesicht bei dem Gedanken, dass irgendein Mädchen meine Klamotten trägt und an die vielen Gründe, warum sie überhaupt Wechselkleidung benötigt.
»Deine Sachen gingen leider sofort in die Mülltonne.«, sage ich wieder mit demselben Lächeln auf den Lippen. Sein Gesicht regt sich nicht, doch er nickt einmal kurz und sagt dann: »Dann ist es ja nur gerecht, wenn deine Klamotten auch dort landen.«
Ich reiße meine Augen auf und schaue Ronnie an. In diesem Moment scheint sie zu verstehen. »Mach was du willst mit ihren Klamotten, aber das Oberteil ist meins. Das hätte ich auch ganz gerne wieder.« Er wendet sein Gesicht meiner Mitbewohnerin zu und nickt kurz, darauf verschwindet er und greift nach dem schwarzen Eiskaffee, der gerade auf dem Tresen abgestellt wird und verschwindet dann mit seinen Freunden aus der Tür.
Ich atme einmal tief durch und lehne mich in meinem Stuhl zurück. Ronnie schaut mich ermahnend an und stützt dann ihre Ellenbogen auf dem Tisch ab. »Was zur Hölle war das gerade? Und wieso hat Cal Arrington deine Klamotten?« Bei dem Klang seines Namens setzt mein Herzschlag eine Sekunde aus und ich hebe meine Hand und sage zu der Bedienung, die gerade an mir vorbei huscht, dass wir gerne zahlen möchten.
»Mhm... Lass mich kurz überlegen... Vielleicht weil du mich gestern alleine zurück gelassen hast?« Ich schaue sie vorwurfsvoll an. Ronnie räuspert sich kurz und sagt dann: »Aber ihr hattet kein... Du weißt schon, naja, Sex, oder?« Ich hätte mich beinahe an meinem letzen Schluck Kaffe verschluckt.
Ich lache leicht hysterisch auf. »Nein, ganz sicher nicht. Das gestern war das komplette Gegenteil von Sex. Obwohl ich es zu bezweifeln wage, dass er beim Sex andere Emotionen besitzt.«
Ronnie bezahlt schweigend, danach verlassen wir gemeinsam das Café und gehen zurück zum Wohnheim.
A/N:
Sorry, dass ihr solange auf ein neues Kapitel warten musstet...
Was haltet ihr eigentlich von Alaska und Cal?
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Felicity
RomanceNachdem Alaskas Zwillingsbruder, Atlas, vor zwei Jahren bei einem tragischen Attentat ums Leben kam, dachte sie, sie könnte nie wieder glücklich werden. Sie vermisste ihn - Sie vermisste sein raues Lachen, seine schlechten Witze, seine festen Umarm...