Es blieb nicht nur bei einer Runde Bowling. Wir fochten ungefähr fünf Runden unseres Machtkampfes aus, bis ich mich ergab und ihm vorschlug, es mit Billiard zu versuchen. Nur leider war er darin mindestens genauso gut wie in Bowling, Dart und Air Hockey.Schmollend verlasse ich das Lokal, gefolgt von Cal. Eigentlich hatte ich vor, meine Niederlagen ehrenvoll einzustecken, doch er erleichtert es mir nicht sonderlich. Alle zwei Minuten muss ich ihm nun sagen, wie unendlich talentiert er ist. Immerhin hält er mir die Tür auf, als wir sein Auto erreichen. »Übrigens sind schon wieder zwei Minuten vorbei.« Ich stöhne auf und funkle ihn böse an. Abwartend zieht Cal eine Augenbraue hoch und legt einen Ellenbogen auf der Beifahrertür seines schwarzen Oldtimers ab. Protestierend presse ich meine Lippen aufeinander.
Schneller als ich reagieren kann, bin ich an die Seite des Wagens gepresst und spüre Cals starke Arme an meiner Seite. Meine Atmung wird stockend und ich schaue vorsichtig zu ihm hoch. Er ist mir so unglaublich nah. Ich könnte mit meiner Nasenspitze sein Kinn berühren, wenn ich mein Kinn nur noch etwas anheben würde. Schnell schaue ich weg, damit ich bloß nicht in Versuchung komme. Er legt seine Lippen an mein Ohr und flüstert: »Du bist eine sehr schlechte Verliererin.« Der raue Unterton seiner Stimme jagt mir einen Schauer über den Rücken. Mit einem tiefen Lachen lässt er von mir ab, umrundet das Auto und steigt ein. Als er den Motor einschaltet, steige ich eilig ein und wir fahren davon - mal wieder schweigend.
•••
Der ganze Campus schläft, abgesehen von den Verbindungshäusern, die auch unter der Woche Partys ohne Ende zu schmeißen scheinen. Und als Cal vor dem Wohnheim parkt, die Uhr zeigt halb eins an, lehne ich mich seufzend in dem Sitz zurück. Schweigend sitzen wir einfach nur in seinem Wagen. Das, was wir beide am besten zu können scheinen.
»Du kannst auch mit zu mir kommen.« Cals Stimme durchschneidet die angenehme Stille rasiermesserscharf. Ich wende meinen Kopf ihm zu und blicke in seine Augen, die in dem raren Licht beinahe schwarz wirken. Am liebsten würde ich ja sagen und mit ihm davon rasen, doch letztendlich sage ich: »Nein, ich muss das klären. Trotzdem danke.« Mit diesen Worten steige ich eilig aus seinem Auto und verschwinde im Wohnheim, bevor ich wieder umdrehe und der Versuchung mit ihm zu fahren unterliege. Ich kenne diesen Kerl kaum und kann nicht erneut mit zu ihm fahren als wären wir Freunde oder sowas.
Die Flure liegen im Dunkeln und auch aus den Zimmern ertönt kein Laut. Wie bin ich auch auf die Idee gekommen, diesen Tag zu schwänzen und so spät nach Hause zu kommen? Auf Zehenspitzen tipple ich zu unserem Zimmer und schließe leise auf.
Ronnie liegt quer auf ihrem Bett und schläft. Ihr Gesichtsausdruck ist friedlich und aus ihrem wunderschönen geschwungenen Mund kommen leise Töne, die einem sanften Schnarchen ähneln. Vorsichtig mache ich mein Schreibtischlicht an schleiche zum Schrank, um meinen Pyjama und meine Waschtasche zu holen. Dann verlasse ich das Zimmer, um mich bettfertig zu machen.
Als ich zurückkomme, sitzt Ronnie kerzengerade auf ihrem Bett und starrt mich böse an. Ich beachte sie kaum, schleudere mein Zeug in den Schrank und schmeiße mich auf mein Bett. Verdammt, die Matratze ist so schön weich... »Alaska, hör auf mich nicht zu beachten!« Also drehe ich mich zu ihr um und schaue ihr stur in die Augen. »Wieso bist du weggerannt? Du hättest doch einfach mit mir reden können.«
Bitter lache ich auf. »Ich hätte mit dir reden können? Immer, wenn ich mit dir reden möchte, redet Toni mit mir. Sie benimmt sich wie dein verdammter Vormund. Merkst du nicht-« Ronnie lässt mich nicht einmal ausreden, sondern erhebt sich von ihrem Bett und stürzt sich auf mich, nur um mich fest in den Arm zu nehmen. »Ich weiß. Verdammt, das weiß ich doch. Es ist nur... ich versuche mir so viel Mühe mit dir zu geben, dass mir nicht aufgefallen ist, dass das alles nicht dein Ding ist. Diese Partys, all diese Menschen. Ich habe mir so sehr gewünscht, dass Toni und du euch vertragt, doch ihr seid so gegensätzlich, dass das nur schief gehen kann. Es tut mir leid, dass ich dich zu etwas verleiten wollte, was gar nicht zu dir passt und dass ich dich jedes Mal im Stich gelassen habe. Und das schon nach den ersten Tagen.«

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Felicity
RomansaNachdem Alaskas Zwillingsbruder, Atlas, vor zwei Jahren bei einem tragischen Attentat ums Leben kam, dachte sie, sie könnte nie wieder glücklich werden. Sie vermisste ihn - Sie vermisste sein raues Lachen, seine schlechten Witze, seine festen Umarm...