Kapitel 17

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„Übrigens Papa, Nessie und die Jungs kommen später vorbei. Wir wollten heute Abend irgendwas machen." informierte ich ihn über unser Vorhaben, als ich mir Auflauf auf meinen Teller schaufelte. „Oh schön, dann bist du wenigstens nicht so alleine." wir aßen zu Mittag und er erzählte mir, dass meine Mutter schon wieder angerufen hatte. „Willst du sie nicht wenigstens an Weihnachten besuchen? Die Ferien beginnen am zweiundzwanzigsten, dann könntest du mit dem Zug dorthin fahren." schlug er mir vor und ich lachte nur schnaubend. „Nein danke. Außerdem hat Markus am dreiundzwanzigsten Geburtstag, er ist mein bester Freund da kann ich nicht einfach abhauen." wie konnte er glauben, dass ich diese Frau sehen wollte? Immerhin hatte ich seitdem wir aus Hamburg weggezogen sind, kein Wort mehr mit ihr gesprochen. „Weißt du Schatz, ich verstehe deinen Zorn, aber sie hat nunmal auch das Sorgerecht. Nicht, dass sie vor Gericht geht und den Umgang einklagt." ich schaute ihn einfach nur an. „Das wird sie sich nicht wagen. Sie weiß genau, dass sie das Sorgerecht verlieren wird und dafür werde ich im Notfall sorgen. Ich möchte sie einfach nicht sehen, nicht mit ihr telefonieren und nicht mit ihr schreiben. Ich denke sie wird es gemerkt haben, als ich sie blockiert habe. Hör zu Papa, ich kann das jetzt einfach noch nicht. Irgendwann wird der Tag kommen, an dem ich sie brauche. An dem ich eine Mutter brauche, ich weiß nicht wann dieser ist, aber dann werde ich sehen, ob sie meine Mutter ist." antwortete ich ihm und blinzelte die Tränen, die sich in meinem Augenwinkel bildete weg. Ich meine ich war immernoch verdammt sauer auf sie und verdammte kacke es verletzte mich, was sie getan hatte. Vorallem, dass sie jetzt ihre glücklichen Familienbilder mit ihrem Mann und ihren Stiefkindern prostete, war ein starkes Stück. Bei dem Gedanken daran, wurde mir ganz schlecht. Wir beendeten unser Mittagessen und ich ging in mein Zimmer, kuschelte mich in mein Bett und hörte Musik.

Irgendwann muss ich wohl eingeschlafen sein, denn als Maxi in zwei Stunden später in mein Zimmer stürmte, erschreckte ich mich zu Tode. „Schleimglibbriger Höllenklobürstensalat, man Maxi. Warum erschreckst du mich so?" er lachte mich aus. „Hast du vergessen, dass ich kommen wollte? Außerdem ist es helligster Tag, wie kannst du schlafen?" ich gähnte laut, streckte mich und schwang mich aus dem Bett. „Wir kennen uns jetzt schon länger, eigentlich müsstest du wissen, dass ich immer schlafen kann." grinste ich und nahm seine Hand, zog ihn hinter mir her. „Jetzt muss ich dich aber besiegen." im Wohnzimmer angekommen schnappte ich mir schon einen Controller und schmiss mich auf die Couch. Mein Nachbar hatte die PlayStation schon angeschlossen, so konnte ich ihn sofort anziehen. „Na los. Oder hast du Angst?" forderte ich den braunhaarigen heraus, dieser setzte sich auch auf die Couch und schnappte sich einen Controller. „Nie im Leben, ich mach dich fertig." er startete das Spiel und wir spielten gegeneinander. Kacke verdammte, letztes Mal ließ er mich wirklich gewinnen. Ich strengte mich an, aber dennoch hatte ich keine Chance gegen ihn. Die Tatsache, dass er mich die letzten Male gewinnen lassen hat, kränkte mich schon dezent. „Scheiße Lou, was machst du da bitte?" Papa kam gerade aus dem Keller ins Wohnzimmer und beobachtete unser Spiel. „Gib her, ich zeig dir wie das geht." Papa riss mir den Controller aus der Hand und spielte gegen Maxi. „Man Maxi, du bist echt gut. Das kann ich nicht leugnen. Aber trotzdem-" komplimentierte Papa Maxi's Spiel, die beiden waren gleich auf und mein zweiundvierzigjähriger Vater schoss in letzter Sekunde ein Tor und gewann das Fifa Spiel.

„Wie hast du das bitte gemacht?" der Blick unseres Nachbarn war verdammt entsetzt. „Tja, das werde ich dir noch nicht verraten. Ich muss nämlich jetzt los zur Arbeit. Ich weiß ja nicht was ihr vor habt aber Bier ist unten. Viel Spaß euch später." mein Erziehungsberechtigter verabschiedete sich zwar mit Worten, die nicht zu einem Erziehungsberechtigten passten, aber das war das, was ich so an ihm liebte. Er war eben nicht der spießige Vater wie zb unser Nachbar Herr Maximilian. „Wann ziehen eigentlich Nerv und die Hexe bei euch ein?" brach ich die Stille, die die Niederlage meines Kumpels mit sich brachte. „Im neuen Jahr soll der Umzug beginnen. Ich freu mich jetzt schon." die Ironie in seiner Antwort ließ sich kaum überhören. Ich meine ich konnte ihn verstehen, wer wollte bitte mit der Hexe von Burgenhausen zusammenleben? „Wann findet die Hochzeit statt?" eigentlich wollte ich nicht noch weiter in der Wunde rumstochern, aber ich wollte wenigstens wissen, ab wann wir ihn ablenken mussten. „Im Mai, glaube am zweiundzwanzigsten. Gott bewahre mich vor diesem Tag, Lust davor abzuhauen?" den letzten Satz sagte er mit einem Lachen, in das ich mit einstieg. „Aber ganz ehrlich. So schlimm kann es nicht werden. Wenn was ist kannst du ja rüberkommen." munterte ich ihn auf.

Gegen siebzehn Uhr trafen dann meine Cousine, Raban und Leon auch ein. Wir gingen nochmal die Texte durch und probten ein wenig die Songs. Als es dann später wurden kamen auch nach und nach die anderen. Wir setzten uns alle ins Wohnzimmer, holten uns Bier hoch und fingen an Flaschendrehen zu spielen.

„Leute ich hab Kohldampf, bestellen wir Pizza?" warf dann Juli ein, bevor er die Flasche drehte, die dann auf mich zeigte. „Ich hab auch Hunger, können wir machen. Aber zuerst nehme ich Wahrheit." wählte ich aus den zwei Möglichkeiten und bejahte den Vorschlag des Streuners. „Das ist ja langweilig. Aber okay, jetzt die Frage, die mich seitdem Sommer interessiert. Was war das bitte zwischen dir und Fabi an dem Abend?" die Frage brachte mich zum prusten. Der Alkohol, der seine Wirkung schon ein bisschen zeigte, war dafür wahrscheinlich auch der Auslöser. „Juli, Juli, Juli. Ich habe keine Ahnung wovon du da sprichst. Er hat mich umarmt und wir haben uns über vier Adleraugen unterhalten." ich kicherte, wie ein kleines Kind bei dieser Aussage und Juli schien sich damit zufrieden zugeben. Ich weiß zwar nicht, ob er das mit den Adleraugen verstanden hatte, ich denke das hatte keiner, aber es hakte auch keiner nach. „Ich bestell dann mal die Pizza, ihr kommt bestimmt ohne mich aus." damit stand er auf und ging in die Küche zum bestellen. Nun war ich diejenige, die an der Reihe war, die Flasche zu drehen.

„Marlon, Wahrheit oder Pflicht?" sprach ich mein Gegenüber an, auf den nun die Flasche gerichtet war. „Pflicht natürlich, ich bin ja kein Weichei." cool wie er die Antwort gab, würde er nicht mehr lange bleiben. „Küss jemanden aus unseren Reihen, bevor du an Nessie oder mich denkst: vergiss es. Es muss jemand männliches sein." seine Miene veränderte sich, Nessie und ich lachten. „Kreuzkackendes Kümmelhuhn, das kann nicht dein Ernst sein. Das kriegst du zurück." er schüttelte lachend den Kopf, bevor er sich dann zu seinem Nebenmann Markus wendete. „Oh nein, Malou. Bitte lass das nicht zu." der hilflose Blick des blonden traf mich und ich grinste. „Vergiss die Zunge nicht." keine zwei Sekunden später hatte die alkoholisierte Intuition seine Lippen auf die des Unbezwingbaren gedrückt und knutschte ihn ab. Leider blieb uns der Zungenkuss verwehrt, aber dennoch knutschte er ihn ab und damit hatte er die Pflicht erfüllt. Ich hätte niemals gedacht, dass er das durchziehen würde. „Toll jetzt hatte Markus seinen ersten Kuss mit einem Jungen." lallte der angesoffene Maxi und mein bester Freund wurde schlagartig tot wie eine Tomate. Das wusste ich zum Beispiel noch nicht über ihn. Über dieses Thema hatten wir bisher noch nie gesprochen, ich meine ansonsten wirklich über alles. Aber das war ein unagekratztes Kapitel in unserer Freundschaft.

„Mach dir nichts draus, meine Lippen sind auch jungfräulich." mein aufmunterndes Lächeln erreichte ihn und er schien ein wenig erleichtert. „Die Pizza kommt in fünfundvierzig Minuten. Was hab ich verpasst und wer ist jetzt dran?" der ältere Reik Bruder gesellte sich wieder zu uns und Marlon drehte die Flasche, die dann auf Nessie zeigte. „Ich war dran. Vanessa, Wahrheit oder Pflicht?" „Pflicht." „Zieh ein Kleidungsstück aus." für diese Pflicht erhielt der Bruder des Anführers einen Todesblick und einen Schlag auf den Hinterkopf. „Na wenn es nur das ist." meine Cousine zog ihre Jacke aus und saß somit nun im Top zwischen uns. Diese Pflicht hätte sich Marlon sparen können.

Den ganzen Abend spielten wir noch verschiedene Trinkspiele. Als die Pizza ankam verschwanden wir in den Whirlpool. Die Jungs kamen jedoch irgendwann auf die glorreiche Idee draußen in den Pool zu springen, so gegen zwei Uhr morgens. „Ach kommt schon das wird lustig." der betrunkene Joschka versuchte uns Mädels mithilfe von Raban auch zu überreden. Da der Alkoholpegel meiner Cousine und mir ziemlich hoch war, schafften uns die beiden doch irgendwann zu überreden. „Fuck es ist so scheiße kalt." ich zitterte am gesamten Körper. Es war so eine Kälte, okay was hatte ich mir auch gedacht? Es war Mitte Dezember, es lag Schnee und es wunderte mich, dass der Pool nicht zugefroren war. „Ich geh wieder rein." Nessie stimmte mir zu und wir versuchten irgendwie aus dem Wasser zu kommen. Ich hatte das Gefühl, dass mein Bandana an meinen Haaren festgefroren war. „Nie wieder werden die Jungs mich zu irgendwas überreden können." lachte die braunhaarige, als sie sich in eine Decke einwickelte.

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Die Wilden Kerle - für immer wild? | pausiert Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt