Vierzehn

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„Lixie~" Vielleicht sind wir noch keine Freunde, aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Changbin PoV:

Erschöpft lasse ich mich auf mein Bett fallen und beobachte den kleinen Vierbeiner dabei, wie er quer durch mein Zimmer tappst. Ein Glück, dass es Dori gut geht. Der Arzt hat ihr eine Spritze gegeben und etwas Blut abgenommen. In zwei Wochen soll ich noch einmal mit ihr zur Kontrolle kommen und dann darf sie endlich zu Minho. Ich muss morgenfrüh nur daran denken die Entwurmung mit unter ihr Futter zu mischen. Hoffentlich spuckt sie die nicht wieder aus. Am besten stecke ich sie in ein Stück Feuchtfutter, dann sollte das eigentlich kein Problem mehr sein.

Felix ist eben nach dem Tierarzt Besuch direkt zu Fuß nachhause gegangen. Ich habe ihm zwar angeboten ihn zu begleiten, aber irgendwie war mir schon klar, dass er ablehnen wird. Er weiß ja nicht, dass ich bereits gesehen habe unter welchen Umständen er lebt. Da fällt mir ein, ich wollte noch nachgucken, ob er nicht vielleicht doch der Junge ist, von dem meine Mutter mir neulich erzählt hat. Die Wahrscheinlichkeit ist zugegeben nicht sonderlich hoch, aber einen anderen Anhaltspunkt habe ich im Moment nicht.

Kurzerhand drehe ich mich auf dem Bett auf den Bauch und ziehe mein Handy aus meiner Hosentasche heraus. Was hat sie nochmal genau gesagt? Er soll von einer Pflegefamilie abgehauen sein und hat Geld mitgehen lassen oder? Wenn es wirklich Felix ist, dann frage ich mich, warum er das getan hat und wieso meine Mutter ihn nicht an seinem Namen erkannt hat. Felix ist schließlich kein Name, der hier häufig vorkommt. Oder ist das vielleicht nicht sein echter Name?

Nach einer ganzen Weile des Suchens finde ich schließlich ein Foto des vermissten Jungens, weshalb ich dieses skeptisch begutachte. Das Foto ist nicht sonderlich aktuell, aber wenn man ganz genau hinsieht, kann man schon gewisse Ähnlichkeiten erkennen. Sie haben die gleiche Nase und diese Sommersprossen. Ich glaube das ist er wirklich. Das Alter würde auf jeden Fall passen und sein eigentlicher Name lautet anscheinend Lee Yongbok. Komisch, dass mich das gerade irgendwie nicht überrascht.

Kurzerhand speichere ich das Foto in meinen Aufnahmen und suche nach weiteren Berichten über ihn. Mit seinem richtigen Namen ist es viel einfacher etwas zu finden. Doch auf einmal bleibt mein Blick bei einem bestimmten Artikel hängen. Anklage wegen Misshandlung wird aufgrund fehlender Beweise fallengelassen. Ohne zu zögern öffne ich sofort den Bericht und überfliege den Text.

Der Schüler beschuldigt seinen Pflegevater ohne Grund handgreiflich geworden zu sein. Der Vater hingegen streitet dies ab und vermutet, dass es sich hierbei um einen Streich des siebzehnjährigen handelt. Da keine Beweise für die Tat vorliegen, wird die Ermittlung eingestellt und der Junge bleibt weiterhin in der Obhut der Familie. Das Jugendamt hat angekündigt ein genaues Auge auf sie zu haben.

Langsam verstehe ich, warum Felix abgehauen ist. Ich hätte an seiner Stelle wahrscheinlich das gleiche getan. Aber ich bezweifle, dass er sich für immer davor verstecken kann. Irgendwann wird ihn jemand erkennen und ihn melden. Außerdem scheint er bereits in den Nachrichten zu sein, sonst hätte meine Mutter nichts über den Fall gewusst.

Wenn ich gewusst hätte, dass die Lage wirklich so schlimm ist, dann hätte ich mich schon viel früher darum gesorgt. Auch wenn es ihm nicht gefallen wird, muss ich morgen nach der Schule sofort mit ihm darüber reden. Er braucht Hilfe, ob er sie nun haben will oder nicht. Ich will mir gar nicht vorstellen müssen, was passiert, wenn ihn außer mir jemand erkennt. Die Leute hören nur auf das, was in den Nachrichten steht. Ich hingegen habe mit eigenen Augen seine Verletzungen gesehen und seine Ausrede kam mir schon von Anfang an merkwürdig vor. Ich schließe bei seinem Verhalten nicht aus, dass er einen Unfall hatte, aber die blauen Flecken, die ich gesehen habe und seine Reaktion darauf, passen nicht mit der Unfalltheorie zusammen.

Wie konnte die Polizei damals seine Verletzungen übersehen? Haben sie zu lange gewartet mit der Untersuchung oder wollten sie die Wahrheit nicht sehen? Irgendwas ist ganz klar faul an der Sache. Und ich verstehe nicht, wieso Felix weiter bei der Familie bleiben musste, wenn er sich dort offensichtlich nicht wohlgefühlt hat. Da war es doch vorhersehbar, dass er eventuell so handeln könnte. Vielleicht ging es bei der ganzen Sache auch nur um Geld.

„Um Geld..." Augenverdrehend haue ich meinen Kopf auf das Bett und schreie kurz frustriert in meine Decke hinein. „Ich verdammter Idiot!!" Wenn es wirklich die ganze Zeit nur ums Geld ging, dann ist es kein Wunder, warum Felix mich nicht ausstehen kann. Und ich Blödmann habe ihm auch noch die Scheine in den Ausschnitt gesteckt, sogar zwei mal. Ich habe ihm ein völlig falsches Bild von mir vermittelt. Dabei interessiere ich mich überhaupt nicht fürs Geld. Ich bin nur rein zufällig in eine stinkreiche Familie hineingeboren worden und ich gebe ihm direkt seine Bestätigung für die Vorurteile, die er mir gegenüber die ganze Zeit hat.

Aber wenn ich ihn an jemanden erinnere, an den er schlechte Erinnerungen hat, dann heißt das doch, dass ich ihn an- oh nein. Was habe ich getan?

***
Tja Binnie...

Scars // Changlix Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt