Einundvierzig

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„Changbin, hey, ich bin da." Mit leicht zitternden Händen streiche ich ihm behutsam über die Wange, als auf einmal ein lautes Klingeln von der Tür ertönt. Es ist die Polizei. Ich kann das Blaulicht schon durch die Fensterscheiben sehen.

Felix PoV:

„Eomma! Mir reicht's. Guck dir an, was du angerichtet hast!" Nicht gerade begeistert mischt sich nun auch Changbin's Schwester mit ein und stellt sich schützend zwischen uns und ihre Mutter, woraufhin ich meine ganze Aufmerksamkeit wieder Changbin widme. Wenigstens scheinen wir nicht vollkommen allein zu sein. „Ich rufe jetzt den Krankenwagen und entweder du schickst die Polizei weg oder du tust Changbin so sehr weh, dass er es dir niemals verzeihen wird. Akzeptiere die Tatsache, dass er mittlerweile alt genug ist, um für sich selber zu entscheiden. Außerdem liebt er diesen Jungen mehr als alles andere auf dieser Welt und dass dir das noch nicht aufgefallen ist, ist schon traurig genug!"

„Mhh.. Felix.." Mit einem leisen Murren öffnen sich auf einmal Changbin's Augen ein wenig, weshalb ich mich auf der Stelle über ihn beuge. „Ich bin hier, Changbin. Ich bin hier.." Sichtlich erleichtert darüber, dass er langsam wieder zu Bewusstsein kommt, greife ich schnell nach seiner Hand und sehe ihm dabei direkt in die Augen. „Ich bin hier. Alles... alles ist gut." Genau genommen ist gerade gar nichts gut. Er hat mir fast einen Herzinfarkt verpasst und das laute Klopfen der Polizei an der Tür macht mich allmählich nervös.

„Rede nicht so mit mir", erwidert ihre Mutter schließlich etwas lauter, weshalb ich Changbin vorsichtig näher an mich heranziehe. Eigentlich sollten sie dringend über dieses Thema reden, aber gerade ist einfach nicht der richtige Augenblick, um sich zu streiten. Changbin kommt zwar langsam wieder zu sich, doch dieser Stress ist vermutlich ziemlich kontraproduktiv. „Und wie ich das tue. Es reicht mir. Ich bin nicht ausgezogen, damit du deinen Kontrollzwang jetzt an ihm auslässt. Du hast wohl bis heute nicht verstanden, wieso er damals im Krankenhaus gelandet ist."

„Das war die Sucht zu den Tabletten." Die Sucht nach den Tabletten? Ich bekomme allmählich das Gefühl, dass sie überhaupt nicht verstehen möchte, was das wirkliche Problem ist. Es hatte schließlich einen Grund, warum er diese Sucht entwickelt hat. Es war ein verzweifelter Versuch seine Gefühle zu betäuben und vielleicht hat es auch für einen Augenblick geholfen, aber die Folgen haben nur alles schlimmer gemacht.

„Nein, war es nicht. Er war verdammt unglücklich. Darum hat er die Tabletten genommen. Und wenn du nicht willst, dass er sich für den Rest seines Lebens selber einsperrt und wieder so einen Mist macht, nimm ihm nicht das weg, was ihn glücklich macht. Felix ist die beste Medizin, die er bekommen kann. Dir ist ganz offensichtlich noch nicht aufgefallen, wie er ihn ansieht, wie er über ihn redet. Felix ist der Erste, dem er sich von sich aus anvertraut hat und er ist wahrscheinlich auch der Einzige, der ihm wirklich das Gefühl gibt verstanden zu werden. Felix tut ihm verdammt nochmal gut, als nimm ihm das nicht weg!"

„Er ist immer noch ein Verbrecher, der von der Polizei gesucht wird." Im Gegensatz zu Changbin's Schwester, stellt sie mich immer noch wie einen Schwerverbrecher hin. War es wirklich so schlimm was ich getan habe? Ich wollte doch einfach nur, dass diese Schmerzen endlich ein Ende haben. Ich habe halt im Gegensatz zu ihrem Sohn keine Stoffe zu mir genommen, sondern bin davor geflüchtet. Und das war nicht so einfach, wie es vielleicht klingen mag. „Ich habe Changbin nie etwas getan. Wir hatten zwar unsere Auseinandersetzungen, aber die hat jeder."

„Geben Sie uns bitte eine Chance... geben sie mir eine Chance..." Es darf hier nicht einfach enden. Ich darf es nicht einfach so hinnehmen. Ich sollte genauso sehr dafür kämpfen, wie Changbin es tut. Es geht hier schließlich nicht nur um mich oder ihn, es geht um uns. Unsere Beziehung, das was wir uns gegenseitig geben können, diese Nähe, Sicherheit, Geborgenheit. Ist das etwa nichts wert?

„Bitte..." Mit einem flehenden Blick sehe ich verzweifelt zu ihr auf, während die heißen Tränen meine Wangen hinunterlaufen. „Für Changbin..."

***
Das Ende naht~

Scars // Changlix Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt