Ich hatte nicht geahnt, dass wir bleiben würden. Nicht lang genug, dass mein Kopf wieder klar werden würde oder gar, dass ich am nächsten Morgen mit ihnen gemeinsam am Frühstückstisch sitzen würde, aber Jan hatte mich eines Besseren belehrt. Er hatte Amber irgendwann noch kurz rausgebracht und mich dann ins Gästezimmer gebracht, wo ich friedlich eingeschlafen war, trotz fremden Bett.
Nun schlürfte ich gerade an meiner dritten Tasse Kaffee, hatte ein viel zu großes Shirt von Raphael an und saß neben Simon, der mich mit den neusten Informationen aus dem Hotel updatete, während ich leicht dümmlich grinsend in die Runde schaute. Ich fühlte mich verdammt wohl.
„Hmm, schade, dass du ihr heute die Katzenohren nicht wieder aufgesetzt hast", unterbrach Raphael einfach Simons Erzählungen und warf einen Blick zu Jan, der mich breit angrinste und damit meine Wangen zum Glühen brachte.
„Hat dir das etwa nicht gefallen, Kitty?", fragte der Teufel mir gegenüber und ich biss mir unsicher auf der Unterlippe herum.
„Doch, hat es, Sir", nuschelte ich und warf ihm einen zögerlichen Blick zu. Jan hingegen strich mir sanft über die Wange. Wir saßen eng beieinander auf der Bank am großen Esstisch und ich sah zu, wie er ein hartgekochtes Ei pellte und es mir dann auf den Teller legte.
„Du hast noch nicht genug gegessen", erwiderte er schlicht. Etwas, was noch nie vorgekommen war. Allerdings musste ich auch gestehen, dass ich von meinem halben Brötchen nur einmal abgebissen hatte.
„Danke, Daddy", kam es ohne nachzudenken über meine Lippen, wofür er mir sanft den Oberschenkel drückte und sich dann wieder seinem Brötchen widmete. Ich hatte gedacht, der Scham würde wiederkommen. Er tat es nicht. Ich fühlte mich einfach nur unglaublich befreit und war ihnen dankbar für den Abend.
„Steht Sonntag und der Weihnachtsmarkt immernoch?", hakte Raphael schließlich nach. Ach ja, Wismar, wie sie sich abgesprochen hatten.
„Ja, wir werden da sein. Allerdings nicht zu viel trinken, Ela hat am Montag den Termin bei Christian", erwiderte er, so als würde jeder wissen, wer Christian war. Aber vielleicht kannte Raphael Jans Stammtättowierer auch einfach.
„Achte bloß drauf, dass er mir das Mädchen nicht wegschnappt. Der hat irgendeinen Charme, der die Frauen immer anhänglich werden lässt", brummte Raphael mit zusammengekniffenen Augen. Ich hingegen runzelte meine Stirn.
„Mich dir wegschnappen?", hakte ich nach. Noch hatten wir uns nicht auf irgendwelche Rechte geeinigt und eigentlich, so sehr ich die beiden mochte, fehlte da auch ein wenig die Liebe für eine offene Beziehung.
Raphael seufzte tief auf und rutschte ein wenig nach hinten, klopfte sich demonstrativ auf die Beine, dass ich einen nervösen Blick zu Jan warf, der aber nur zärtlich nickte und mich sanft von der Bank schob. So folgte ich seiner Bitte und kletterte rücklings auf seinen Schoß, sah ihn mit großen Augen an.
Raphael mit leicht wirren Haaren und einem Ansatz eines Barts war ein komischer Anblick. Zumal er einen Schlabberpulli trug – etwas, das ich ihm nicht zugetraut hatte.
„Wem gehörst du?", hakte er nach, fuhr dabei über das Halsband, dass ich noch immer trug. Verwirrt blickte ich ihn an.
„Jan."
„Hmm, das tust du. Du bist seine Freundin, seine Sklavin. Aber zwischen Jan und mir gibt es einen kleinen Pakt, Kitty. Etwas, das er und ich schon lange so handhaben. Wir teilen miteinander. Wie du festgestellt hast, heißt das nicht, dass er sich Simon jederzeit nimmt. Er kommt auch nicht auf ne schnelle Nummer vorbei, aber wir sprechen einige Dinge ab, planen gemeinsam. Und so wie er Simon jederzeit im Haar packen darf oder ihn bestrafen, so fordere ich dasselbe Recht auch bei dir ein."
Atemlos starrte ich ihn an, zögerte sichtlich. Was bedeutete das? Dass ich auch mit zu ihm gehörte? Raphael war viel strenger, ganz anders in der Art und BDSM und damit Sex gehörte für mich einfach mit enger Verbindung zur Liebe. Die Liebe, die Jan galt.
„Hey, keine Panik schieben, Kitty", riss er mich aus den Gedanken, zupfte sanft an einer Strähne.
„Du bist sein. Nach wie vor. Du liebst ihn. Das ist keine offene Beziehung, okay?"
„Aber du bist viel strenger und du verstehst mich nicht so gut wie Jan und du bestrafst richtig und du, du weißt doch gar nicht was ich brauche und-„, floß es hektisch aus mir heraus. Die Panik, da half auch kein Zupften an meiner Haarsträhne.
„Shh, beruhige dich, Ela", versuchte er mich zurückzuholen, aber ich wollte nicht, konnte nicht. Ich war so kurz davor aufzuspringen, dass er wahrscheinlich das einzige tat, dass mich irgendwie auf ihm hielt. Er griff an meinen Hals, drückte so lang zu, bis meine Augen sich auf ihn richteten. Wieder kein Schmerz, keine richtige Atemnot, aber er fand den notwendigen Zugang.
„Tief Luft holen, so ist brav. Ja, ich agiere deutlich anders mit Simon als du mit Jan, aber sei dir sicher, dass viele der Dinge, die Jan mit dir tut, in Absprache mit mir erfolgen. Wenn wir grenzwertig vorgehen, sichern wir uns immer vorher ab. Immer, Ela. Das bedeutet, dass ein großer Teil von den Dingen, die dir bisher passiert sind, die du die letzten Monate über so sehr genossen hast, auch aus meiner Idee stammen. Aus unserer, ok?", fragte er nach, wartete, bis ich nickte.
„Und auch wenn ich anders handle als Jan, brauchst du dir keine Sorgen machen. Ich kenne und liebe Simon schon seit so vielen Jahren. Seine Grenzen kenne ich auswendig, deine noch nicht. Es wird nicht so sein wie mit ihm. Kann es gar nicht, aber ich möchte, dass wir das, was wir gestern gemacht haben, weitermachen. Ich möchte, dass wenn wir bei euch sind und ich dir die Anweisung gebe dich auszuziehen, dass du dem dennoch folgst. Und ich möchte, dass du dich mir auch dann hingibst, wenn ich dich aufs Bett lege um dir einen Plug einzusetzen."
Wieder eine Pause, wieder ein Nicken als Bestätigung, während meine Atmung langsam ruhiger wurde. Ich mochte ihn doch, genoss seine Nähe. Er forderte nicht mehr und nicht weniger als das, was wir am Vorabend gehabt hatten. Das ging doch, oder? Trotzdem blieb dieser komische Nachgeschmack.
„Aber wo sind die Grenzen, Raphael? Ich bin mit Jan zusammen", fragte ich verlegen, warf zu dem Kurzhaarigen einen Blick, den er sanft erwiderte. Er beobachtete mich, griff aber nicht ein.
„Beim Küssen? Beim Sex ohne Jan? Ich habe sowas noch nie gehabt, ich weiß nicht, ob ich das kann."
„Aber du hast es doch gestern auch gekonnt und genossen. Hast du dich nicht wohlig gewunden auf dem Bett?", hakte er nach, spielte auf unsere gemeinsame kurze Zeit bei ihm im Schlafzimmer an. Das alles war verwirrend, insbesondere, weil Jan vor wenigen Wochen noch einen kleinen Eifersuchtsanfall hatte. Andererseits war er sich meiner mittlerweile sehr sicher, trug ich seinen Namen doch eigentlich ständig an meinem Hals.
„Doch, habe ich", gestand ich leise und fühlte wie seine Hand langsam von meinem Hals verschwand. Er hielt mich dennoch fest.
„Hm, und hast du dich heute Morgen nicht von mir in den Arm nehmen lassen während Jan draußen war mit dem Hund?", hakte er wieder nach, warf dabei einen kurzen Blick auf Amber, der ihn zu seinen Füßen anbettelte, weil er ihm anfangs etwas Ei gegeben hatte, dass ihm runtergefallen war.
„Doch, das habe ich."
„Na siehst du und wenn ich dich jetzt küssen würde, würdest du erwidern?", mit trockenem Hals sah ich auf Raphaels hübsche Lippen und schluckte dann. Er hatte schon wieder diesen Blick drauf, der mein innerstes durcheinander brachte - zumindest in sexueller Hinsicht.
„Ich, ich, vielleicht?"
„Hmm, würdest du. Und dabei hast du hoffentlich im Hinterkopf, dass Jan den Anblick genauso genießt wie Simon. Ich will keine süßen kleinen Nachrichten am Abend, in der du mir beteuerst, wie sehr du mich liebst. Ich möchte, dass du dich mir sexuell unterwirfst, wenn Jan und ich das fordern. Dass du dich körperlich bei mir wohl fühlst und es ebenso genießt."
Zögernd nickte ich. Das war etwas, worüber ich nachdenken musste. Aber es war auch etwas, das irgendwie schon so passiert war. Immerhin hatte ich ihm am Vortag genug vertraut, dass er mich gedehnt hatte. Und er war sogar in mir gekommen, hatte mich fest an sich gedrückt. Trotzdem sah ich immer wieder dieses Bild der Bestrafung von Simon in der Scheune – das hätte ich nicht ausgehalten.
„Aber, ich, ich. Also du bist immer so", versuchte ich das irgendwie in Worte zu fassen, schüttelte dann aber den Kopf. Wie sagte ich ihm, dass er so hart war? Dass ich nicht mit seinem Tempo mithalten konnte.
„War ich zu dir so oder zu Simon?", hakte er direkt nach, ließ mich damit verstummen. Ein Nicken, dann seufzte er auf.
„Hast du mich dort am Kreuz gesehen? Hast du nicht den Strom geregelt?"
„Doch, Raphael", entwich es mir kleinlaut, während er nickte.
„Ich weiß sehr gut, wie man sich als Sub fühlt, oder als Sklave. Simon und ich sind eingespielt, das werden wir auch irgendwann sein. Das bedeutet nicht, dass wir irgendwann das zusammen machen werden, was Simon und ich tun. Es ist eine andere Ebene, Kitty."
„Machst du das auch mit anderen noch so?", floss es aus meinem Mund. Er drehte sich jetzt.
Raphael verzog sanft das Gesicht, strich mir zärtlich über die Wange.
„Das letzte Mal habe ich dieses Recht vor fast 9 Jahren bei einem Sklaven eingefordert. Nein, diese Abmachung galt weder für alle Partner von Jan noch handhabe ich es so mit anderen Doms, Kitty. Das gilt exklusiv für uns, so wie es auch für Jan und Simon gilt", erwiderte er und ich atmete innerlich ein wenig auf. Es fühlte sich dennoch an wie eine Art Beziehung, was ausgesprochen komisch war.
„Also auch, wenn Jan dich will?", entwischte es keck meinem Mund. Das Grinsen konnte ich leider nicht mehr unterdrücken.
„Verdammt nochmal, das nächste Mal knebel ich dich", drohte er mir im selben Zug an und schenkte mir einen bösen Blick, dass ich bewusst niedlich schaute, in der Hoffnung, er würde mir das nicht übel nehmen.
„Ich wurde noch nie geknebelt."
„Vielleicht wird es langsam mal an der Zeit", verkündete er und holte tief Luft, fuhr weiter:
„Jan und ich schlafen nicht miteinander."
„Weil ihr euch beide toppen würdet", schlussfolgerte ich bekam dafür einen warnenden Griff in den Nacken.
„Auch, ja. Weil ich kein Sub mehr sein will und er keiner sein kann. Und weil ich es genieße, dass wir auf Augenhöhe agieren."
„Aber habt ihr schon mal?", jetzt war meine Neugierde geweckt. Wieder ein böser Blick von Raphael, während Jan sich leicht räusperte.
„Es ist Jahre her", warf er ein, während ich mein Kopfkino nicht im Zaum halten konnte. Ich hatte da mal eine Geschichte gelesen über zwei Männer, die sich gegenseitig getoppt haben, wo keiner nachgeben wollte und die Sexszenen waren unglaublich heiß gewesen.
Gerade als ich genüsslich die Augen schließen wollte, unterbrach mich Raphael.
„An was denkst du?"
„Nichts.", erwiderte ich schnell. Musste ja nicht jeder wissen, dass ich auch schwule Erotik-Romane las.
„Hmm, mit Sicherheit. Antworte, oder die erste wirkliche Bestrafung deines Lebens wird die von mir sein und nicht die, die dir lieb wäre", warnte mich der Langhaarige und ich konnte in seiner Stimme den Umschwung seiner Stimmung vernehmen. Nicht gut.
„Ich hab da mal ne Geschichte gelesen über zwei dominante Personen, bei der beide nicht nachgeben wollten und naja, die Sexszenen waren heiß", gab ich schließlich leise zu. Ein amüsiertes Schnauben von Simon, den Raphael aber schnell wieder im Griff hatte.
„Und nun stellst du dir das mit uns beiden vor", schlussfolgerte Raphael seufzend.
„Du kleines, versautes Ding. Los verschwinde auf deinen Platz, bevor ich auf dumme Gedanken komme."
Und damit schob er mich von seinen Beinen. Ich wollte gerade zurückgehen, als ich noch an meinem Arm festgehalten wurde. Ein verwirrter Blick zu ihm, ehe er mich leicht hinunterzog und mir einen Kuss auf die Lippen hauchte.
„Brav" nuschelte er dann, ließ mich leicht benommen an die Seite meines Partners rutschen, der mich sanft an seine Seite zog und mir einen liebevollen Blick schenkte. So als wäre er stolz auf mich.
Ich wusste nur nicht recht, ob ich stolz auf mich war. Das späte Frühstück war nett gewesen, die Stimmung gelassen, aber sobald wir uns am Nachmittag ins Auto gesetzt hatten, war ich verstummt. Einfach, weil ich diese Fassade nicht aufrecht halten konnte.
Die Worte von Raphael drehten sich in meinem Kopf, immer und immer wieder. Rational wusste ich, dass er nichts Schlimmes forderte. Er forderte ein, was er sonst auch getan hatte. Und ich vertraute Raphael, ich hatte seine Nähe genossen, sogar das Spiel mit ihm. Aber das hier, das war etwas anderes. Es fühlte sich an, als würde er mich jederzeit nehmen. Als würde er mich abholen um mit mir und Simon zum Spielen zu fahren und das war ein Gefühl, das mir nicht gefiel.
Der Sex, der BDSM, drehte sich für mich um Jan. Jan war mein Partner, ich vertraute ihm. Ich liebte ihn und ich liebte, was er mit mir machte. Das mit Raphael war anders. Er war attraktiv und dominant und heiß, aber er war nicht mein Partner. Ohne Jan würde ich mich niemals so fallen lassen können und auch nicht wollen.
Jan holte mich aus meinen Gedanken, als er den Motor abstellte. Er warf mir einen fragenden Blick zu, aber ich lächelte nur gezwungen und stieg aus, schnappte mir Amber und verzog mich erst einmal unter die Dusche.
„Ich geh mit Amber", erklärte ich Jan mit, der gerade auf dem Sofa saß und meine noch halb feuchten Locken begutachtete, dann einen Blick in den dunklen und kalten Winter warf.
„Die große Runde?"
„Hmm", antwortete ich ausweichend. Ich wusste nicht, wo ich hin wollte.
„Ich komme mit", verkündete er, was ich fast geahnt hatte. Er sah es nicht gern, dass ich in der Dunkelheit allein im Wald herum lief. Eigentlich hatte ich allein los gewollt, aber so war es auch nicht schlecht. Immerhin würde er mich finden wenn ich in der Dunkelheit in ein Schlagloch getreten war und umgeknickt.
So waren wir wenig später unterwegs. Beide in dicken Wintermänteln und hochgeschlagener Kapuze gehüllt, eine Warnweste an, damit man uns in der Dunkelheit und dem kurvigen Waldweg nicht über den Haufen fuhr und eine Taschenlampe in der Tasche, weil es minütlich dunkler wurde.
Trotzdem genoss ich den peitschenden Wind, den Regen, der es gerade mal auf meine Nasenspitze schaffte, während Amber fröhlich vor sich hin hopste – ihm machte das Wetter sowieso nichts aus.
Jan schwieg neben mir, ging einfach an meiner Seite und warf mal einen Blick in den Wald hinein. Aber er sagte nichts und ich war ihm unglaublich dankbar, dass er leise war. Ich brauchte diese Ruhe, musste meine Gedanken sortieren und verstehen, wie ich vorgehen wollte.
Jan hatte dieses Exklusivrecht auch bei Simon. Schon immer. Er nutzte es nicht so, wie er es gekonnt hätte, wenn er denn wollte, aber es hatte mich auch nie richtig gestört. Warum hatte ich dennoch diese Sorge in mir, dass es bei Raphael anders sein würde? Wie sollte ich ihm oder Raphael erklären, dass es mir nicht gefiel, dieser Gedanke. Natürlich würde ich mich Raphael fügen, natürlich wäre es mal weiterhin ok, wenn sie zum Spielen da wären, oder wir bei ihnen. Keine Frage. Aber ich wollte nicht, dass er mein zweiter Master wurde. Definitiv nicht.
Jans Arm riss mich leicht nach links, ließ mich taumeln, während ich mich erschrocken an seinem Arm festklammere.
„Was?", setzte ich an und bekam nur ein Schnalzen am Ohr.
„Du wärst fast den Abhang runtergerutscht", erwiderte er lauter als notwendig, wahrscheinlich auch wegen des Regens. Ein Blick nach rechts und tatsächlich: Da war der kleine Berg zu ende und es ging bestimmt fünf Meter rutschig in die Tiefe.
„Hast du mich nicht gehört? Wo bist du in deinem Kopf?", hakte er nach. Seine Augen wirkten so dunkel in der finsteren Umgebung, obwohl dieses Mal keine Erregung daraus sprach.
„Entschuldige, ich war wohl in Gedanken", gab ich leise zu. Er schüttelte den Kopf und zog mich an seine Seite, schlang einen Arm um mich, ehe er Amber anpfiff, dass dieser wieder zu uns kam. Und dann setzte er den Rückweg an.
Wieder kam über seine Lippen kein Wort, wieder ließ er mich in Ruhe, obwohl er körperlich nun viel näher war als vorher. Und irgendwie half das ein wenig. Ich verstand selbst nicht, warum ich so stark auf seine körperliche Präsenz reagierte, aber es gab gewisse Stellen an meinem Körper, die er nur anfassen musste und dann wurde ich ruhiger.
Der Rückweg gestaltete sich dennoch als ausgesprochen unangenehmer als der Hinweg. Mir wurde kalt, ich begann zu frieren, weil auch langsam der Regen durch meine Klamotten durchdrang und so kam es, dass wir nach dem Spaziergang ein weiteres Mal duschen gingen, dieses Mal jedoch zusammen.
„Mein Gott, deine Hände sind immernoch eiskalt", meinte Jan ungläubig und hielt meine in seinen Händen, während wir schon vor dem brennenden Karmin saßen. Amber lag abgetrocknet zu unseren Füßen und nickerte – wie immer, dieser faule Hund.
„Hm, hab nicht aufgepasst", gab ich abwesend zu, fühlte seinen Arm, der sich um mich legte und mich auf seinen Schoß zog. Ein überraschter Blick von mir, dann wartete ich darauf, dass er endlich was sagte. Und es würde kommen, das lag in seinen Augen.
„Es beschäftigt dich, Kleines", fing er an, während ich tief Luft holte und dann zögerlich nickte.
„Das verstehe ich. Das ist in Ordnung. Ich habe gesehen, wie dich das heute Morgen verwirrt hat. Du musst mit mir darüber nicht reden, wenn du nicht möchtest. Wenn du Zeit brauchst, dann ist das absolut ok. Aber ich möchte es dir anbieten, hm? Ich helfe dir gern, wenn du mich lässt.", erklärte er leise.
Ich hingegen warf einen scheuen Blick zu ihm nach oben.
„Ich weiß nicht was ich davon halten soll. Ich verstehe, dass es nicht mehr ist, als das was du mit Simon machst. Aber ich habe großen Respekt vor Raphael. Das gestern Abend war wirklich heiß und ich danke dir, dass du mir das ermöglicht hast, weil du wusstest, dass ich mir diese Erfahrung wünsche. Und ich würde wahrscheinlich nicht nein sagen, wenn du es wiederholen wollen würdest, aber als Raphael das heute Morgen gesagt hat, hat es sich anders angefühlt. So als würde er das Einverständnis haben wollen, dass ich auch ihm gehöre. Dass ich seine zweite Sklavin bin und das will ich nicht sein."
„Nein, weil du mein bist. Du gehörst mir", erwiderte er verständnisvoll und hielt weiter meine Hände fest. Entweder weil er glaubte, dass ich Nähe brauchte, oder weil sie noch immer so kalt waren.
„Und ich will keine offene Beziehung oder irgendsowas. Sex, BDSM, das was wir teilen, das reicht mir. Ja, ich habe in den letzten Wochen immer mehr Dinge genossen, die wir mit anderen geteilt haben, aber wenn du mich übers Knie legst, allein, hier auf dem Sofa, dann ist das, dann ist das alles was ich brauche", versuchte ich zu umschreiben, was in mir vorging.
„Dafür lege ich dich viel zu selten übers Knie", brummte er auf und seufzte dann tief.
„Hör zu, Ela. Was Raphael heute mit dir besprochen hat, ist kein Muss. Weder er noch ich wären böse, wenn du dieser Bitte nicht nachkommen würdest. Ich glaube, dass es zu uns passen kann. Raphael will dich nicht als zweite Sklavin, er will aber, dass du dich in der Konstellation, in der wir gestern waren, ihm fügst."
„Ja, aber ich sehe mich als seine Freundin. Ich habe häufig schon Probleme auf dieser Ebene mit ihm zu agieren, mich wirklich zu unterwerfen. Wenn du nicht da wärst, würde ich ihm sonst was an den Kopf hauen", warf ich ein.
„Was hat das mit mir zu tun?"
„Du holst das hervor, in mir. Das was ich bin, wenn du da bist."
„Die Sklavin", schlussfolgerte er nachdenklich und nickte schließlich.
„Du bist tief in deinem Inneren eben doch eine kleine Switcherin. Das ist neu für mich, aber das ändert nichts. Weder das was Raphael mit dir macht oder eben nicht -noch, was wir später mit anderen machen werden. Ich liebe dich, Elena. Kannst du dich erinnern, was ich dir anfangs einmal sagte? Im Club?"
Zögerlich runzelte ich die Stirn.
„All das zu unserem Vergnügen?"
„BDSM bestimmt zu einem großen Teil unser Leben. Die Art und Weise was du trägst, wer bestimmt, wie wir Sex haben, obwohl wir auch Bereiche haben, in denen es keine Rolle spielt."
„Auf der Arbeit."
„Genau, wie auf der Arbeit. Aber im Grunde es ist in unserem gemeinsamen Leben sehr stark verwurzelt. Aber so wie wir kein klassisches BDSM Paar sind, so ist alles andere auch nicht klassisch daran. Es gibt keine Norm, kein Richtig und kein Falsch. Wenn du nicht möchtest, dass Raphael dich anfässt, wenn ich nicht dabei bin, dann ist das ok. Wenn du eine Testphase haben willst, dann ist es das ebenfalls. Wenn du ausschließt, dass er dich nie wieder anfassen soll, dann auch. Wir machen das, damit wir beide glücklich sind."
„Aber es würde dich und vor allem ihn verletzten", warf ich ein, biss mir auf der Unterlippe herum.
„Es würde ihn nicht verletzen. Vielleicht wäre er enttäuscht, weil er gestern Abend einen Vorgeschmack bekommen hat, was für eine herausragend tolle Frau du bist. Aber es verletzt ihn nicht. Auch für Raphael gilt der Genuss als das wichtigste Ziel. Er wirkt oft wie ein Arschloch, gerade Simon gegenüber, aber er hat auch eine weiche Seite, die er dir immer wieder zeigt, nicht?"
„Ich habe einfach Angst, dass da etwas entsteht, dass nicht sein soll. Ich will nur dich, will nur dein sein. Er sagt vielleicht, er will keine offene Beziehung, aber manchmal kann man Gefühle nicht zurückhalten."
„Nein, das kann man nicht. Und das letzte was ich wollen würde, wäre, dich an ihn zu verlieren, Kleines. Aber wir können nie von vorneherein wissen, wie sich Dinge entwickeln", erklärte er zärtlich.
„Doch, du kannst das. Du weißt immer, wie ich reagiere, was du tun musst, wie du mich führst."
„Augenmaß und Strategie, mehr ist das nicht."
Die Stirn gerunzelt musterte ich ihn, sah in das sanfte Gesicht meines Partners, der gerade so wenig Dom und so viel mehr Schatz war.
„Bist du denn nicht eifersüchtig?", hakte ich zögerlich nach, aber er verzog nur die Lippen.
„Du hast mir seitdem du dieses Halsband trägst, jeden Tag gezeigt, zu wem du stehst, wen du liebst. Du trägst es sogar manchmal zum Einkaufen, Kleines. Gefällt mir der Gedanke, dass er dich glücklicher machen könnte als ich dich? Nein. Aber ich glaube fest daran, dass ich der Mann bin, der dich in die Höhe treibt. Vor mir lässt du die Fassade fallen, nicht vor ihm."
Ich seufzte leise auf und schmiegte mein Gesicht an seinen Hals, wusste nicht recht, wie ich antworten sollte. Es erleichterte mich zu wissen, dass Jan immer zu mir stehen würde.
„Was erregt dich daran, zu sehen, was er mit mir tut?", hakte ich schließlich nach.
„Das Wissen, dass er sieht, was ich habe. Dass er eifersüchtig wird darauf, dass meine brave Kleine, so herausragende Fortschritte macht. Simon und ich haben schon viel miteinander gemacht. Vieles davon ist lange her, unter anderem auch, weil ich lange nicht gespielt habe und weil ich, seitdem ein kleines biestiges Mädchen sich in mein Herz gestohlen hat, das Bedürfnis nicht mehr habe, mit anderen Personen so viel zu spielen. Es gefällt mir ab und an zu zu schauen, wie bei Sarah und dir. Das war anregend. Weil du in ihren Armen lagst und weil du trotzdem nur gekommen bist, weil ich dich habe kommen lassen. Weil du nur auf mich reagierst", seine Stimme wurde immer dunkler, während er in der Erinnerung verschwand und ich drückte ihm vorsichtig einen Kuss auf den Hals. Ein leises Brummen von ihm.
„Ich denke, Raphael darf diese Dinge mit mir machen und vielleicht also, nen Plug setzen, aber ich will nicht mehr. Nur, wenn du dabei bist."
„Dürfte ich dich mit ihm allein lassen?"
„So wie in der Scheune? Kurz, ja. Aber nicht wenn er, also ich will einfach nicht, dass er mich bestraft."
„Weil du glaubst, dass ich sanfter mit dir umgehen werde", fragte er, eine Augenbraue hochgezogen.
„Weil ich weiß, dass du meine Grenzen kennst. Und weil du niemals wütend mit mir spielst", erwiderte ich und bekam dafür einen sanften Kuss auf die Stirn.
„Wie es für dich am Besten ist, Kleines. Und wenn es nicht funktioniert, dann ist es eben so. Es wird nichts an unserer Beziehung noch an eurer Beziehung ändern. Raphael ist erwachsen, er kann das ab. Er will auch, dass du dich wohl fühlst", erwiderte er.
„Ich habe dich nicht verdient", antwortete ich leise. Er war immer so liebevoll, so verständnisvoll und gab mir so viel.
„Sagt die Mitte 20erin zum 50 Jahre alten Sack, der am liebsten den ganzen Tag mit ihren Brüsten spielen würde", kam es trocken von ihm, was mich leicht kichern ließ.
„Aber vielleicht mag die Mitte 20erin das ja so sehr an ihm. Dass er sich einfach nimmt, was er will. Und dass sie trotzdem immer auf ihre Kosten kommt."
„Dann hat der alte Sack wohl Glück gehabt, das er sie gefunden hat. So eine sollte er nicht mehr laufen lassen. Vielleicht sollte er sie besser ans Bett ketten."
„Ich glaube, er braucht sich keine Gedanken machen, es sei denn, sie fällt nen Abhang runter und bricht sich das Genick", erwiderte ich leise und bekam dafür ein amüsiertes Schnauben von ihm.
„Lust auf Asia?"
„Ich hatte schon Angst, du fragst nie", gab ich grinsend zurück, erleichtert, dass er und ich jetzt wieder auf einer Wellenlänge schwammen.
„Nana, junge Dame, du vergisst mit wem du sprichst."
„Dem alten Sack?"
Ein Schnalzen, ein böser Blick, während er die Arme um mich schlang. Flucht also keine Möglichkeit.
„Sei froh, dass ich so sehr Hunger habe, sonst hätte ich dich heute über den Tisch gelegt und geschlagen", drohte er mir und gab mir dann einen Klaps auf den Hintern, schickte mich zum Tischchen um den Flyer vom Lieferdienst zu holen.
„Noch haben wir Zeit bis der Lieferdienst kommt, Daddy."
„Nein. Du bist wund von gestern und wenn ich dich nehme, will ich, dass du wegen mir schreist, nicht, weil Raphael in dir war", war sein letztes Wort, ehe er mich in seinen Arm zog und einfach festhielt. Und das tat einfach nur verdammt gut!
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Die Hand in meinem Nacken
RomanceEtwas, dass nicht mehr aus dem Kopf geht. Sie Mitte 20, er Mitte 40. Sie dominant, er dominant. Oder vielleicht auch nicht? Man wird sehen. [BDSM, Lovestory, Main F/M, später auch M/M] Und weil es alle wohl so machen: #1 kink 14.03...