(Annie) Ein fast netter Mann

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Als er die Klemmen endlich abnimmt und das Blut zurück in die Brustwarzen schießt, zucke ich wimmernd zusammen. Er streicht mir sanft über den Rücken und lächelt.
                    „Das hast du gut gemacht, Dingo." Seine Finger fahren an den Verschluss des Knebels und lösen ihn. Als er das viel zu große Ding aus meinem Mund zieht, und der Würgereflex einsetzt, kommen mir die Tränen.
In den vielen Stunden mit ihm, habe ich bemerkt, wie sehr sein Sadismus von seinem Erfolg abhängt. Doch ich sehe das als geringeres Opfer, wenn ich den Perras so ein bisschen Leid ersparen kann. Das hätte ich vor ein paar Monaten auch gebrauchen können.
Frauen! Wenn ich den FRAUEN Leid ersparen kann.

Sam hat die Toys auf den Nachtisch gelegt, fein säuberlich nebeneinander und dreht sich dann wieder zu mir.
                 „Wenn das hier funktionieren soll, musst du dich den Jungs gegenüber kooperativer verhalten."
Erstaunt sehe ich ihn an.
Ich?
Ich soll mich kooperativer verhalten?
                „Wenn du nochmal abhaust oder irgendeinen Scheiß machst, kann ich dir nicht mehr helfen." Er seufzt und legt sich neben mich auf die Matratze.
                „Was ist das zwischen uns, Sam?", meine Stimme ist leise und kratzig, aber die Frage wichtig.
Ich muss wissen was er darin sieht.
                „Was denkst du denn?" Er zieht mich mit einem Arm zu sich heran, sodass mein Kopf auf seiner Schulter ruht.
                „Du hast es geschafft. Du gehst mir nicht mehr aus dem Kopf und wenn ich nicht bei dir bin, sehne ich mich nach dir."
Ich habe es geschafft?
Das klingt ja fast nach einem Erfolg.
In mir beginnt es wieder zu brodeln und mühevoll unterdrücke ich ein Schnauben.
                 „Ich will, dass es dir gut geht."
                 „Du könntest mich gehen lassen."
Sein Griff um meine Schultern wird fester, schmerzhaft.
                 „Dingo.", es ist mehr als ein Knurren. Ich kann die Worte in meinem Fleisch spüren
                 „Willst du mich für immer in diesem Haus halten. Wie ein Haustier?"
                 „Du weißt, was die anderen Optionen sind."
Ich schlucke.
Natürlich weiß ich was die anderen Optionen sind.
Wenn Sam mich verstoßen würde, würden die anderen Monster mich töten oder falls sie doch einen Perversen finden würden, verramschen.
                 „Wenn wir uns anders getroffen hätten...", er führt den Satz nicht zu Ende. Doch ich weiß, was er mir sagen will.
Hätten wir uns auf eine andere Art und Weise getroffen, hätten wir ein normales Paar werden können.
Meint er das Ernst?
Redet er sich das selbst ein?
Oder ist er wirklich so ein Psycho, dass er das glaubt?
                 „Schlaf jetzt.", sein Griff wird wieder sanfter und als ich meinen Kopf näher an seinen Hals schiebe, seufzt er leise.

Heutedarf ich im Wohnzimmer bleiben. Michael sitzt am Esstisch und siehtkonzentriert auf sein Handy.
Was macht dieser Mann ständig mit seinemSmartphone?
Candy Crush ist es bestimmt nicht. Auch wenn ich die Vorstellungziemlich witzig finde, wie Michael versucht einen neuen Highscore zu knacken.
Als ich Kichern muss, hebt er seinen strengen fast väterlichen Blick.
Oh nein,er hat bemerkt, dass ich ihn beobachte.
Nachdenklich blickt er mir in dieAugen, legt dann aber sein Handy seufzend auf den Tisch.
                    „Ich könnte einen Lacher gebrauchen. Erzählst du mir, was so lustig ist?",seine tiefe Stimme klingt erschöpft.
Haben die Jungs Probleme, von denen ichnichts weiß?
                    „Eh... nichts."
Seine linke Augenbraue zieht sich nach oben.
                    „Na ja..."
                    „Ja?"
                    „Ich hab mir vorgestellt, wie du Candy Crush spielst."
Er sieht mich kurz verwirrt an, dann blitzt etwas in seinen Augen und er legtden Kopf lachend in den Nacken.
Es passiert sehr selten, dass ich Michaellachen sehe.
Öfter als Gabriel natürlich. Dieser Mann kann nur sadistischgrinsen oder wütend glotzen, zu mehr ist er nicht fähig.
Michaels Gesichthingegen verliert all seine Erschöpfung und ich kann wieder den netten Mannhinter dem Ganzen erkennen.
                     „Du bist furchtbar, Dingo."
Netter Mann war übertrieben. Immerhin immer noch einer meiner Entführer.
                     „Willst du was im Fernsehen schauen?"
Überrascht sehe ich ihn an.
Im Fernsehen?
Seit ich entführt worden bin, hatmich das noch keiner gefragt. Auch habe ich nur einmal Luke gesehen, der sichauf der Couch gelümmelt ein Fußballspiel angeschaut, als ich kam aber schnellabgeschaltet hat.
                     „Klar!", quietscht es viel zu enthusiastisch aus mir heraus.
Grinsend steht Michael auf und zieht aus einem der Schränke die Fernbedienung.Mit einer feierlichen Bewegung reicht er sie mir.
                     „Aber pass gut auf die Kleine auf. Luke würde es mir nicht verzeihen, wenn sieverletzt wird.", zwinkernd dreht er sich wieder weg und setzt sich zurück anden Tisch.
Aufgeregt wie ein kleines Kind schalte ich den Fernseher an und quietsche schonfast, als der Bildschirm aufflackert.
Der Sender, auf dem ich bin, ist aufEnglisch. Ich schalte weiter.
Nicht wegen der Sprache, aber auf Sport habe ichwirklich keine Lust.
Luke muss als letzter was geguckt haben.
Ich zappe einwenig, bis ich sogar einen Sender auf meiner Sprache finde.
Es ist keiner derSender, die ich kenne.
Vielleicht ein Nischensender. Eine Comicserie läuft undich fühle mich in meine Kindheit zurückversetzt.
Völlig in die Serie versunken,ziehe ich meine Knie in den Pullover, sodass nur noch meine Füße herausschauen. 
Würde mir meine Mutter jetzt eine Tasse mit heißer Schokolade bringen, wäre ich wahrscheinlich nicht mal verwundert. 

Vertraue keinem Dingo (Teil 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt