Kapitel 26

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,,Layla?", ich zuckte hoch. ,,Tut mir leid", sagte ich zu Frau Rayen. Sie lächelte mich verständnisvoll an und fuhr dann mit den Unterricht fort.

Ich war nur mit den Gedanken bei Collor. Sah es wirklich so schlimm aus dass man ihn einschläfern musste? 

Der Unterricht war zu Ende und wir liefen gemeinsam in die Mensa. Es gab Spagetti mit Tomatensauce oder Schinken-Rahm-sauce. Ich entschied mich für die Schinken-Rahm-sauce.

Gemeinsam setzten wir uns an den Tisch, doch ich stochern nur in meinem Essen herum. ,,Hey Leute sollen wir heute in die Stadt gehen? Da hat so ein neuer Laden aufgemacht?", fragte Vio und schob sich eine weitere Portion Spagetti in ihren Mund.

Ich bekam das alles nur so halb mit und hatte inzwischen Muß aus meinen Spaghetti gemacht. ,,Und du? Layla?", fragte Luan mich sanft.

,,Sorry, ich hab keinen Hunger", ohne auf seine Frage einzugehen stand ich auf, brachte mein Tablett weg und verließ die Mensa. Der Trubel und Lärm der Mensa war mir gerade alles zuviel geworden.

Mit schnellen Schritten lief ich ins Schulgebäude, um dann ins Sekretariat zu gehen.

,,Hallo Frau Kehrschmid, darf ich kurz Telefonieren?", ich lächelte sie müde an. ,,Aber natürlich!", sagte die ältere Dame mit den grau blonden Haaren und der Lesebrille auf der Nase, über die sie immer hinweg sah wenn man mit ihr redete.

Ich trat in den hellen Raum und wählte die Nummer von Zuhause. ,,Ja?", fragte eine raue Stimme. ,,Hallo Papa!"

,,Ach Lay, du bist es", sagte er enttäuscht und es brach mir fast das Herz. ,,Ray wo bleibst du schnuckel!", hörte ich eine Frauen Stimme im Hintergrund. ,,Ich komm gleich Lori", sagte er vom Hörer weggedreht. ,,Wo ist Mam?", fragte ich leise. ,,Die ist abgehauen!", sagte er grimmig. ,,Was...wohin..", fragte ich mit zittriger Stimme und wickelte nervös das Telefonkabel um den Finger. ,,Nach Kanada soweit ich weiß, mit so nem Franzose, ist mir aber auch egal.Ich muss jetzt auflegen, hab besseres zu tun", meinte er kurz angebunden. Meiner Ansicht nach war er zudem stark betrunken. ,,Und warum ist sie abgehauen?", fragte ich noch zuletzt und schnell. ,,Weil du uns nervst! Mein Gott Layla! Begreifs doch endlich! Du wolltest immer dies und immer das! Du hast unser Leben zerstört! Wir hatten keine Zeit mehr für uns, und als du weg warst hatten wir uns halt schon auseinander gelebt um uns Zeit zu nehmen!'', ein tuten belegte sie Leitung und ich ließ den Hörer sinken. Ich? Warum... Was hab ich getan? Ich wollte doch nur das sie wenigstens einmal mit auf ein Turnier kommen, einmal mir eine Nachtgeschichte vorlesen. Mir nur einmal bei meinem Monster im Schrank zu helfen...Alles war also zuviel verlangt?!

Ich bekam zittrige Knie und legte vorsichtig auf. Dann sank ich langsam an der Wand herunter und ließ meinen Tränen freien lauf. Ich wusste nicht wie lange ich dort saß, irgendwann stand ich dann auf und lief aus dem Raum. Mit der einen Hand wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht und mit der anderen öffnete ich die Tür.

Absichtlich drehte ich mich von der Sekretärin weg und lief zur Tür hinaus. Sie bemerkte mich zum Glück auch nicht und schrieb stattdessen irgendwelche Berichte weiter.

Auf dem Flur steuerte ich die Treppe an und lief in die unterste Etage.

Dann lief ich ohne Jacke aus den Haus. Egal wohin. Einfach weg! Weg von allem!

Ich hatte meinen Collor nicht. Meine Eltern wollen mich anscheinene auch nicht. Meinen Opa habe ich auch verloren. Wie schlimm kann es denn eigentlich noch werden?

Ich lief in Richtung Strand und genoss die Stille . Der Wind blies mir einen sanften Schauer über den Rücken und ich verschränkte meine Arme angespannt vor der Brust.

Die Wellen kamen in einer wahnsinns Geschwindigkeit auf den Strand zu braust. Der Wind wirbelte meine Haare durch die Luft und trieb mir den Salzgeruch des Meeres in die Nase. Vereinzelt flogen ein paar Sandkörner auf und ließen den Strand lebendig wirken.

Mein Kopf hörte gar nicht auf zu rattern. Zuviele Gedanken versuchten platz zu gekommen. Es bereitete mir Kopfschmerzen an soviel denke zu müssen.
Ich hatte das Gefühl mein Leben überschlug sich. Alles stand Kopf.

Meine Mutter würde nie ohne mir Bescheid zu geben verschwinden. Selbst eine Person wie sie würde es nicht zustande bringen ihr eigenes Kind unwissend zurück zu lassen. Selbst wenn sie mir es unter die Nase gerieben hätte, das sie nun endlich verschwinden würde und mich vom Hals hätte, würde das ihr ähnlicher sehen als nichts zu sagen.

Der Wind legte zu seiner Höchstleistung auf.
Es wurde langsam echt kalt und ich fing an zu frösteln.

Doch der Sturm an Gedanken und Gefühlen, der in mir tobte, war stärker als meine äußerliche Wahrnehmung und so merkte ich nicht einmal wie es anfing zu regnen.

Ich wusste auch nicht wielange ich schon am Strand entlang lief. Ich wusste überhaupt nichts und setzte mich in den nassen Sand. Ich wollte einfach nur noch schreien vor Schmerz, weinen vor Einsamkeit, weg rennen vor dem was nun auf mich zukommen würde.

Ich vergrub mein Gesicht in meinen Armen die ich auf meinen Knien abgelegt hatte und weinte. Salzige, warme Tränen tropften auf meine dunkelblaue Jeans und durchweichten diese. Meine Haare hingen nass von meinem Kopf.

Erst eine warme, große Hand auf meinen Schultern ließ mich aus meiner Gedankenwelt entliehen.
Das Gefühl, als nun die Realität auf mich zustürmte ließ mich erzittern.
Die Tränen strömten mir die Wange hinunter und ein schluchzen nach dem anderen ließ meinen Körper aufbeben.
Mich interessiert es im Moment nicht wer neben mir saß, ich ließ mich einfach gegen seine Brust fallen und ließ all dem seinen Lauf.

Ein gelber Regenmantel wurde schützend über mir ausgebreitet.
Sein Geruch man mir bekannt vor und lenkte meine Gedanken für einen kurzen Moment ab. Ich konnte ihn nicht ganz zuordnen. Er war seltsam anziehend, süßlich dennoch männlich und herb.

Meine Neugierde packte mich und ich blickte auf.
Ich traf auf Nico's wunderschön, grün leuchtende Augen. Er lächelte mich mit seinen zarten und weichen Lippen sanft an.

Seine Hand immernoch auf meiner Schulter ruhend überlegte ich, das an ihm so anders war im Gegensatz zu Luan.
Er war mitfühlend, wie Luan, berschützerisch, wie Luan, verführerisch, wie Luan... Doch was war dann an ihm anders? 

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