Kapitel 30

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Ruckartig bremste die Rektorin ab und schmiss die Autotür auf, bevor sie dann mit einem lauten Knall ins schloss fiel. So ähnlich lief es bei mir auch ab, nur das ich die Türe nicht zu machte sondern gleich in den Stall rannte.

Mein Herz raste. Vor Glück, ihn bald wieder zu haben, vor Angst, das es nur ein Traum war und er doch krank war und vor unsicherheit, ob er denn überhaupt noch im Stall war. ,,Layla nicht!'', hörte ich eine Stimme hinter mir und blieb vor dem Stall stehen.

,,Was?!'', schrie ich die Rektorin an, als sie gerade aus dem Hauptgebäude raus kam. ,,Sie haben ihn mitgenommen..!'' ,,Sie haben..ihn...mit genommen?'', fragte ich leise. Die Rektorin kam auf mich zu, nahm meine Hände und zog mich dann an sich. Sie umarmte mich so liebevoll und fürsorglich. Womit hatte ich das nur verdient?

,,Komm. Du musst mir helfen'', sagte sie, nachdem ich mich von ihr gelöst hatte. Ich nickte leicht und trat wie in Trance ihr hinterher.

Doch plötzlich überkam mich eine unvorstellbare Wut auf einfach alles mögliche und der Eimer, der vor dem Stall stand musste dann dran glauben. Als das Scheppern des über den Hof fliegenden Eimers nachgelassen hatte hörte ich ein leises krächzen. Die Rektorin war schon wieder in das Hauptgebäude verschwunden und ich blieb horchend stehen.

Als ich dann wieder ein leises rascheln hörte drehte ich mich in Richtung Stall. Langsam lief ich auf das große weiße Gebäude zu.

,,Hallo?", rief ich. ,,Hier...", machte sich eine schwache, raue und keuchende Stimme bemerkbar.

,,Wo ist hier?", fragte ich wieder. ,,Hier...", kam nur wieder ganz leise und ich folgte einfach meinen Sinnen.

Ich lief die Stallgasse entlang und durchstöberte die Boxen. Es war kein einziges Pferd mehr in den Boxen oder doch? In der letzten begann es zu rascheln.

Mit großen Schritte eilte ich auf die Box zu. Durch die Gitterstäbe sah ich das Stroh der Box. Rote Strohhalme gemisch mit gelben. Je näher ich kam umso mehr schienen sich die roten Strohhalme zu vermehren.
,,Hallo?", frage ich erneut, nur vorsichtiger.

Ich wollte, um ehrlich zu sein, nicht wissen was oder wer in der Box war und wie dieses etwas aussehen würde...doch mein Kopf hatte sich schon das schlimmste ausgemalt.

Ich sah viel Blut, zuviel Blut! ,,Shit!", ich schob die Boxentür so ruckartig auf das sie wieder zurück sprang und meinen Fuß einklemmte als ich durch die Lücke sprang. ,,Fuck!", fluchte ich wieder und schmiss mich regelrecht zu der ins Jenseits driften Person. An meinen Händen und meinen Knien klebte nun das Blut eines Blondschopfes, doch das war mir gerade so egal. ,,Hei hei, hier geblieben!?", sagte ich laut und rüttelte ihn ,,Komm schon! Schau mich an!", sagte ich und klopfte ihm auf die Backe. ,,Wach auf. Du musst wach bleiben!", schrie ich fast doch zu hören war nur das immer leiser werdende keuchen.

Panik ergriff mich und machte sich in mir breit. ,,Wach doch endlich auf!", schrie ich und verpasste ihm eine leichte Ohrfeige.
,,Oh scheiße!", geschockt von mir selbst hob ich meine beiden Hände vor den Mund. Irgendwie war da gerade was mit mir durchgegangen! ,,Oh tut-tut mir leid'', sagte ich leise, doch es hatte gewirkt. Die Lider der Person flackerten leicht und er bewegte sich. ,,Sie müssen durchhalten! Ich geh hilfe holen!'', sagte ich schnell und stand auf. Jedoch war mein Fuß bereits angeschwollen und tat höllisch Weh. Mühsam hüpfte ich auf einem Bein aus dem Stall.

,,Hilfe! Alexandra! Lorenz! Hilfe!!'', schrie ich so laut es ging und versuchte mühsam über den Hof zu kommen. ,,Um Himmels willen Layla was ist denn passiert?!'', kam die Rektorin angerannt. ,,Blut! Ein Junge! Kaum Älter! Sie müssen ihm helfen! 110..ne 112...ach quatsch 733?'', stammelte ich vor mich hin. ,,Layla! Layla beruhig dich mal! Du sagtest im Stall?'', sie drückte mir das Handy in die Finger und joggte Richtung Stall. 110...115...322...733? Wie ging doch diese verdammte Nummer sogleich! ,,Wo ist Jakob?!'', schrie der Tierarzt und kam aus dem Haus gerannt.

Ich ließ mich auf den harten Pflastersteinen nieder und suchte diese verdammte Nummer. Der Zeitdruck machte mich wahnsinnig und das Adrenalin vernebelte meine Sinne.

,,Layla?! Was?! Oh nein...!'', er nahm mir das Telefon aus der Hand, wählte irgendeine Nummer. Das Gespräch bekam ich nicht wirklich mit, es zog einfach an mir vorbei. Im Moment schlagen gerade einfach alle Ereignisse auf mich ein.

Collor, Mam, Luan, Vio, Collor, Großvater, Dad, Collor...

Kurz darauf wurde alles Schwarz um mich herum da ich ihren Schmerz einfach nicht mehr ertrug....

~*~

Als ich meine Augen ruckartig aufschlug und hoch fuhr saßen gerade zwei Sanitäter an meiner Seite. ,,Beruhigen Sie sich..'', sprach einer auf mich sanft ein und drückte mich wieder zurück auf die Liege. ,,Wie geht es Ihnen?'', fragte ein anderer. ,,Ja gut...'', stammelte ich noch leicht benommen. Als mein Blick umherschweifte sah ich ein schwarzes, langes Auto. . . . Ein schwarzes langes Auto?!? Ich sprang so schnell ich konnte auf und stützte mich dann kurz schwankend an einen Sanitäter bevor ich humpelnd auf das Auto zuging.
So einen hatte ich zuletzt gesehen als.. Mir viel es wie schuppen von den Augen. Als mein Opa verstarb.
Die Scheiben waren verdunkelt so das ich von weitem nicht hinein sehen konnte, doch bevor ich ihn erreicht hatte fuhr er auch schon los. Ich vernahm ein schluchzen neben mir. ,,War das...Jakob? Ihr Sohn?'', fragte ich Lorenz vorsichtig. Er nickte nur, stützte seine Ellenbogen auf die Knie und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. ,,Er war das einzig Wertvolle was mir von meiner Frau noch geblieben ist. Und jetzt ist auch er weg! Ich weiß nicht wie ich es ohne ihn überhaupt schaffen soll? Er war alles für mich...Alles!'', erklärte er.
Betroffen schaute ich auf meine Hände. So ganz konnte ich es noch nicht begreifen. Ich hatte Blut eines inzwischen toten Jungens an den Händen und Knien? Die Tatsache schockte mich so sehr, das ich würgen musste.

Das muss doch ein schrecklicher Traum sein!?
Unauffällig zwickte ich mir in den Ellenbogen, doch nichts geschah. Den Schmerz spürte ich kaum. Viel größer war dieser innerliche Schmerz der mich heute das zweite mal zu überrumpelt versuchte.
Er war tot und Collor war weg.

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