[28] • Anglerglück

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Verbrauchte, abgestandene Luft und der Geruch nach angewärmten Polyester holte mich langsam aus meinem Schlaf

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Verbrauchte, abgestandene Luft und der Geruch nach angewärmten Polyester holte mich langsam aus meinem Schlaf. Orientierungslos blinzelte ich und beobachtete verschwommen die tanzenden Lichtflecken auf dem hellblauen Stoff vor mir. Erst nach und nach kurbelte mein Kopf seine Denkleistung an und ich erinnerte mich, wo ich mich gerade aufhielt. Der leise Atem, der in meinem Nacken kitzelte, und der schwere Arm, der sich unter meinen Schlafsack geschoben hatte und um meine Taille lag, machte mir auch wieder bewusst, mit wem ich hier in diesem winzigen Zelt lag. Die Wände wirkten plötzlich viel näher, als wäre das Zelt noch einmal ein Stück in sich zusammengeschrumpft, angesichts dem von Jasper eingenommenen Platz und seiner Präsenz, die darüber hinaus strahlte. Mein Herz hüpfte zu schnell für meinen müden Verstand. Still lag ich da, weil ich ihn nicht durch eine hektische Bewegung wecken wollte. Jasper, der sich an meinen Rücken kuschelte. Dessen Herz gerade direkt hinter meinem kräftig schlug. Ich schluckte leise. Ganz klar, ich musste mich selbst erst einmal ordnen, bevor der Morgen gänzlich ins Zelt gekrochen kam, und das würde mir sicher nicht gelingen, wenn er mir mit seinen Haselnussaugen dabei zusah.

Ich dehnte Zehen und Finger und brachte etwas Leben in meine schlaffen Gliedmaßen. Doch damit kamen auch die Erinnerungen an gestern Abend zurück. An die Minuten, die Jasper und ich umschlungen am See saßen, ohne ein Wort zu sagen. An den Weg zurück durch das dunkle Geäst, während wir uns an den Händen hielten. Und an die Gespräche über belanglose Dinge, die wir so weit gesponnen hatten, bis wir schließlich eingeschlafen waren. Das Alles hatte etwas in mir hinterlassen. Ein Ziehen in meiner Mitte, vielleicht auch etwas weiter links, das Sehnsucht, Geborgenheit und Angst in sich vereinte. Und gerade weil es sich so uneindeutig anfühlte, wollte ich es übertünchen mit klaren Gedankengängen und meiner altbekannten Vernunft, die mir wie so oft die begrenzte Zeit vor Augen führte. Schon bald würde ich das alles hier einpacken müssen, jedes Gespräch und jede Berührung, in einen kleinen, winzigen Karton, der sich zu den unberührten Kisten gesellen würde, die sich auch jetzt noch in meinem Zimmer türmten. Um nicht zurückzuschauen. Um mich selbst zu schützen, da mich diese Bemühungen um Vergangenes schon so oft zerrissen hatten.

Ich streckte meine Finger noch einmal durch und versuchte, sie direkt darauf in einer Faust zu ballen. Doch der Schlaf steckte mir noch zu sehr in den Knochen, sodass mir die Kraft dazu fehlte. Dafür kämpfte sich ein herzhafter Gähner über meine Lippen. Hinter mir raschelte es. Der Arm um meine Taille bewegte sich und rutschte letztendlich von mir herunter. Instinktiv schloss ich meine Augen und lauschte, wie sich Jasper in seinem Schlafsack drehte, sich streckte und dann langsam aufsetzte. Ich hätte mich weiter schlafend stellen können, um mir noch ein wenig Zeit zu geben, um - na ja, so wirklich war mir das selbst nicht klar. Doch egal, was ich damit erreichen wollte, ich glaubte nicht, dass mir damit geholfen war. Besonders da mich das Wissen um Jasper, der mich vielleicht heimlich beobachtete, genauso aufgeregt stimmte, wie seinem Blick direkt zu begegnen. Als ich mich dazu rang, mich ihm zuzuwenden und meine Lider zu heben, empfing er mich bereits mit voller Aufmerksamkeit. Er schaute mich an. Seinen Kopf hatte er dabei seitlich auf seinen verschränkten Oberarmen abgelegt, die er wiederum auf seine Knie gebettet hatte.

Und mit der Flut kamst duWo Geschichten leben. Entdecke jetzt