[19] • Irgendwie anders

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In seiner vollen Schönheit ausgebreitet lag der apricotfarbene Jumpsuit auf meiner Bettdecke und hielt mich schon seit geraumer Zeit in einer anmutigen Starre gefangen

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In seiner vollen Schönheit ausgebreitet lag der apricotfarbene Jumpsuit auf meiner Bettdecke und hielt mich schon seit geraumer Zeit in einer anmutigen Starre gefangen. Besonders die Schleppe an der Taille als besonderes Etwas hatte es mir angetan. Von hinten erweckte es somit den Anschein, als trüge man ein Kleid. In meinem sonstigen Alltag war ich vorwiegend bequem unterwegs, was üblicherweise Jeans und Shirt bedeutete. Dieses Teil war somit viel zu edel für meine Verhältnisse, weshalb ich einfach nicht wusste, ob ich darin überhaupt eine graziöse Figur machen und diesem Stück Stoff gerecht werden konnte. Doch nachdem mir Cleo ihr Outfit präsentiert hatte, war mir klar gewesen, dass ich nicht in dem nächstbesten Lumpen zu diesem Ball hätte gehen können. Also musste etwas her, das ich sonst nie trug. Etwas, das sich trotz der Zweifel gut auf meiner Haut anfühlte, als ich mich endlich dazu überwunden hatte, den Jumpsuit anzuziehen. Mit angehaltenem Atem stellte ich mich vor den Spiegel. Natürlich hatte ich mich schon einmal darin gesehen, sonst hätte ich ihn schlichtweg nicht gekauft, aber dennoch war es ungewohnt, da ich so anders aussah. Um diese Veränderung möglichst auszugleichen, damit ich mir nicht doch am Ende absolut fremd vorkam, hatte ich mein Haar und Make-up soweit belassen wie gewohnt.

So wie ich nun hier stand und mein Spiegelbild betrachtete, wanderten meine Gedanken weiter zu dem, was mich heute noch erwartete. Mein Abend mit Jasper würde in nur wenigen Minuten beginnen und ab diesem Moment, so hatte ich es mir selbst erlaubt, würde ich unsere Zeit mit einer sorgenfreien Leichtigkeit genießen. Denn wir würden undefiniert bleiben. Undefiniert und vergänglich. Ich musste kein Wort in den Mund nehmen, das mich oder ihn zu irgendetwas verpflichtete. Unsere Bahnen verliefen nur für eine Weile nebeneinanderher, bevor wir dann wieder auseinanderdriften würden. Wir waren keine endlos parallelen Geraden. Soweit reichte mein mathematisches Verständnis.

Zum wiederholten Male fuhr ich mit den Handflächen an meinen Seiten entlang und entschied, dass ich bereit war. Somit zog ich mir meine Schuhe an und stöckelte mit dem Mantel in der Hand die Treppe hinunter. Mit sich ausbreitender Aufregung ließ ich mich bei meinen Eltern blicken, die es sich im Wohnzimmer vor dem Fernseher bequem gemacht hatten.

»Wow, Leonie!« Die Augen meiner Mutter weiteten sich überrascht, als sie mich im Türrahmen stehen sah. »Du siehst toll aus!«

»Bist du dir sicher, dass du zu einem Schulball gehst?«, warf mein Vater sogleich ein, nachdem er dem Blick seiner Frau gefolgt war.

Ich lachte nervös.

»Glaub mir, ich verstehe auch nicht, warum das Ganze eher einer Galaveranstaltung gleicht.« Oder war der Jumpsuit vielleicht doch zu viel?

»Du wirst auf jeden Fall die Schönste sein«, sagte er ehrlich und linderte sofort meine Bedenken.

»Danke!« Auch wenn die Komplimente von meinen Eltern kamen, konnte ich darauf vertrauen, dass ich mir zumindest nicht einen kompletten Fehlgriff geleistet hatte. Jedenfalls war meine Mutter, was Kleidung betraf, eine vertrauensvolle Kritikerin. Nur auf ihren Rat, meine zerfetzten Sneakers zu entsorgen, hörte ich auch nach Jahren nicht.

Und mit der Flut kamst duWo Geschichten leben. Entdecke jetzt