[25] • Hirnrissige Ideen

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Der Frühling kam schneller, als ich mich darauf eingestellt hatte

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Der Frühling kam schneller, als ich mich darauf eingestellt hatte. Ehe ich mich versah, zupfte die Sonne die zarten Pflänzchen aus der Erde, die mutig ihre kleinen Blüten zeigten. Es war ein eindrucksvolles Schauspiel und das bemerkenswerte daran war, dass sich dieser Zauber wie Blütenstaub zu verbreiten schien. Alle wirkten irgendwie fröhlicher, lebhafter, und ich konnte nicht bestreiten, dass mich diese Erregung auch zwischendurch erfasste.

Winzige Staubkörnchen tanzten auf den Lichtstrahlen umher, die sich durchs Fenster bis auf die weißen Laken streckten. Ein ganz langsamer Walzer, passend zu der Schwere, die sich auf die Zeit gelegt hatte. Während ich mich so seltsam leicht fühlte, krochen die Sekunden nur langsam voran, sodass man meinte, hier ewig liegen zu können, ohne irgendetwas zu verpassen. Ich zog die Bettdecke näher zu mir heran, spielte mit den Stofffalten und sog Jaspers Duft ein, der zwischen den Daunenfedern steckte. Instinktiv drückte ich mein Gesicht tiefer in die Polster, sodass sich der Geruch in meinem Kopf einnisten konnte. Eine Maßnahme für spätere Augenblicke. Oder so ähnlich.

Ich schaute in Jaspers Zimmer umher. Zwar war ich schon ein paar Mal hier gewesen, doch immer in seiner Anwesenheit. Hier nun allein zu sein, war auf interessante Weise ungewohnt. Die Neugier packte mich und flüsterte mir zu, ich solle die Minuten nutzen, in denen Jasper nicht da war. Er hatte mich hier zurückgelassen, um Marie kurz bei ihren Hausaufgaben zu helfen. Es wäre doch eine Schande, diese Chance verstreichen zu lassen. Ich wollte nichts durchwühlen, in keinem Fall, doch die Fotowand interessierte mich bereits seit meinem ersten Besuch. Nur hatte ich mich nie richtig getraut, sie genauer zu betrachten. Ich fühlte mich fast so, als hätte ich etwas Verbotenes im Sinn, obwohl Jasper mir immer wieder gesagt hatte, ich solle mich ruhig umschauen. Meine neugierigen Blicke hatte ich nicht vor ihm verstecken können. Aber geleugnet hatte ich sie, auch wenn er es besser wusste.

Langsam rollte ich mich von der Matratze herunter und schlurfte über den hellen Parkettboden zur anderen Seite des Raumes hinüber, auf Fotos und Schreibtisch zu. Die Decke hatte ich mir lose über die Schultern geworfen, weniger weil mir kalt war, sondern vielmehr, um ein Stück von der Leichtigkeit mit mir herumzutragen, die mich im Bett umgeben hatte. Unschlüssig blieb ich auf halbem Wege stehen und betrachtete die Bilderflut, die sich vor mir aufbaute. Die Fotos hatten sogar die Zimmerdecke erobert, was mich nicht sonderlich überraschte. Für Jasper müsste es ein Leichtes gewesen sein, sie dort oben zu befestigen. Innehalten ließ mich ein anderer Gedanke. Sein ganzes Leben war wie ein Mosaik vor mir ausgebreitet, so persönlich und intim, und ich war mir unsicher, ob ich mir überhaupt herausnehmen konnte, einen weiteren Schritt darauf zuzumachen. Doch dann sah ich schemenhaft das schreckliche Bild von uns beiden mit den Muffins im Gesicht und meine Zweifel verflüchtigten sich mit dem Lächeln, das sich auf meinen Lippen bildete. Ich tapste weiter, bis ich vorm Schreibtisch stand. Nah genug, um zu erkennen, was für Momente hier abgebildet waren. Auf den ersten Blick konnte ich darin keine Ordnung erkennen. Es war ein bunt gemixter Haufen an Fotos mit Freunden, mit der Familie, Jasper in klein, Marie in noch kleiner und einigen, die vielleicht einfach so aus der Laune heraus entstanden waren. Graue Wolken, grüne Wiesen und rosa Horizonte malten sich ihren Weg auf dem glänzenden Papier. An einem Bild blieb ich etwas länger hängen. Es war der Ausblick, zu dem mich Jasper an dem Abend des Herbstballes entführt hatte, diesmal bei Tageslicht. So oder so, meine Lippen kribbelten, wenn ich daran zurückdachte, dass wir dort oben unseren ersten Kuss geteilt hatten. Und ich dachte an all die Küsse, die darauf folgten. Und den, den er mir auf den Mund gedrückt hatte, bevor er den Raum verlassen hatte.

Und mit der Flut kamst duWo Geschichten leben. Entdecke jetzt