Kapitel 11

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"P'Thahan", sagte ich überrascht und wollte bereits von meinem Stuhl aufstehen, als Felix mich zurückzog.
"Bleib sitzen", meinte er, bevor er sich ebenfalls dem Besucher zuwandte.
Er deutete eine Verbeugung an.
"Hallo,Thahan. Willst du was essen? Wir machen gerade Ramen."
Der 24- Jährige verbeugte sich schnell und nickte.
"Ehrlich gesagt bin ich ziemlich hungrig", gab er lächelnd zu und folgte dann Chan zu mir.
"Ich sage eben den anderen Bescheid", kam es von dem Leader, der mir kurz auf die Schulter klopfte, ehe er sich auf den Weg machte und seine Mitglieder zusammensuchte.
Meine Aufmerksamkeit legte sich wieder auf meinen Bruder, als auch Felix in die Küche zurückging, wo er sich um das Mittagessen kümmerte.
"Es ist schön dich zu sehen", eröffnete ich das Gespräch, unsicher was ich sonst sagen sollte. Tha hingegen schien deutlich lockerer. Mit einem Grinsen umarmte er mich und wuschelte mir durch das kurze Haar.
"Ich hab dich vermisst. Tut mir leid, dass wir uns so lange nicht gesehen haben. Wie geht es dir?", murmelte er gegen meine Schulter, bevor er sich auf den Stuhl neben mir setzte.
Jegliche Anspannung war verflogen und ich lehnte mich, deutlich entspannter, gegen die Rückenlehne.
"Ich hab dich auch vermisst. War schwer dich so lange nicht zu sehen. Mir geht es besser. Deutlich besser. Wie sieht es bei dir aus?"
"Ehrlich gesagt", er machte eine dramatische Pause, "richtig gut. Ich stehe in der engeren Auswahl für eine neue Band. Nächste Woche ist die Entscheidung."
Ich sah den Stolz in seinen Augen.
"Wirklich? Das ist großartig. Du hast das in der Tasche. Mein Bruder wird ein Idol. Perfekt", antwortete ich mit einem Lächeln.
"Trotzdem habe ich es nicht vor dir geschafft. Kaum zu glauben, dass mein kleiner Bruder eher in eine Band kommt. Und dann auch noch gleich zu den Großen. Obwohl... Bei einem so guten Vorbild wie mich ist das zu erwarten gewesen", meinte er und klopfte sich selbst auf die Schulter.
"Wie wahr, wie wahr", murmelte ich kopfschüttelnd und lachte leise.
Als die anderen meiner Truppe den Raum betraten, wurde Tha ernster. Professioneller. Er begrüßte jeden höflich, bevor er sich wieder setzte.
Von einem Teil meiner Leute konnte ich aber nicht von Professionalität sprechen. Innie war ziemlich aufgeregt und auch Seungmin wirkte nervös.
"Du bist Ti's Bruder, richtig? Es gibt einiges, was du uns erzählen musst. Ti ist ein geschlossenes Buch. Und dabei sollten wir wirklich mehr von ihm wissen", plapperte Innie los, wofür er einen Stoß von Seungmin bekam.
"Sei nicht so neugierig", zischte er dem Jüngeren zu.
Chan schüttelte grinsend den Kopf und übernahm das Gespräch.
"Was Jeongin sagen wollte, wir würden uns freuen, wenn du was über dich erzählen würdest."
Tha lächelte und nickte.
"Klar. Ich und Ti sind in früher Kindheit hergezogen, da unser Vater sich nach der Heimat sehnte. Davor lebten wir in Bangkok. Ich bin zu diesem Zeitpunkt bereits in die Schule gegangen. Ich habe vor ein paar Jahren mit einem Wirtschafts-Studium begonnen und werde bald meinen Master machen. Außerdem bin ich ebenfalls Trainee bei einem kleineren Unternehmen", berichtete der Älteste und sah von Mitglied zu Mitglied.
"Wo bist du denn Trainee, wenn ich fragen darf?", mischte sich Jisung ein.
"BigGlobalStar", antwortete mein Bruder.
"Ich habe schon von ihnen gehört. Eine Boygroup hatte vor kurzem erst ihr Debut, richtig?", fragte Hyunjin.
"Ja, erst letzten Monat."
"Wo ist eigentlich das Entertainment? Am Rande von Seoul?"
Tha bestätigte Hyunjins Frage mit einem Nicken. Ich wusste noch genau wo das große Gebäude lag. Als ich jünger war, war ich etliche Male dorthin gegangen, um Thahan nach der Schule zu besuchen. Aber das war lag nun schon Jahre zurück.
"Ihr habt bald euer Comeback, nicht wahr?", fragte der 24- Jährige nun.
"In knapp einer Woche.", bestätigte Chan und warf mir einen kurzen Blick zu, "Und für dich ist es dein offizielles Debut."
Ich nickte mit einem schwachen Lächeln, denn eigentlich hätte ich bei meinem Debut gerne mehr geben wollen, als ich jetzt geben könnte.
"Hey, du wirst großartig sein. Mach nicht so ein Gesicht", murmelte Innie und umarmte mich von hinten.
"Genau. Hör auf mit dem Gesicht", pflichtete Jisung bei und piekste mir in die Wange.
"Ist ja gut", sagte ich mit einem leisen Lachen und sah zu meinem Bruder zurück, der mich lächelnd musterte.
"Du hast lange nicht mehr so gelacht."
Tha's Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, doch plötzlich lagen alle Augenpaare auf ihm. Ich merkte, wie ich mich augenblicklich anspannte. Der Ältere sah in die Runde und versuchte seine Anspannung mit einem leisen Lachen zu überspielen.
"Wie auch immer. Wie laufen die Vorbereitungen?"

Seit seinem Kommentar blieb die Stimmung angespannter als zuvor. Ich hatte mich aus den meisten Gesprächen rausgehalten, während meine Team-Kollegen Tha regelrecht ausquetschen. Von mir kamen nur wenige Kindheitsgeschichten auf den Tisch, wofür ich meinem Bruder dankbar war. Weitesgehend respektierte er meine Privatsphäre und wusste genau, was er erzählen durfte und was er lieber nicht erwähnen sollte.
Als es für ihn Zeit war zurück zu gehen, verabschiedeten wir uns kurz und schmerzlos und versprachen bald ein Treffen zu wiederholen. Schließlich hatte es uns Beiden gut getan uns wieder zu sehen.

Während sich nach und nach die Jungs in verschiedene Zimmer aufteilten, blieben Changbin, Innie, Felix und Minho bei mir im Wohnzimmer. Dass Jeongin eine dringende Frage hatte, war schwer zu übersehen. Immer wieder kam er zu mir, öffnete den Mund, ehe er ihn wortlos wieder schließ und zur anderen Seite des Zimmers ging. Das Spielchen zog er ein paar Minuten durch, ehe er genug Mut gefasst hatte das Gespräch zu eröffnen.
"Wir wissen jetzt mehr von Tha als von dir", scherzte er. Zumindest sollte es wohl klingen. Doch es schwang etwas in seiner Stimme mit. Etwas, das wie ein Vorwurf klang. Ich hob den Blick von meinem Blatt und sah zu Innie. Mit einem leisen Seufzen nickte ich. Ich hatte mir vorgenommen offen zu ihnen zu sein, also sollte ich jetzt damit anfangen.
"Gut, Jeongin-Hyung. Soll ich auch etwas über mich erzählen?"
Damit hatte ich ins Schwarze getroffen. Sofort saß Jeongin auf der Armlehne meines Sessels und nickte. Auch die Aufmerksamkeit der Anderen im Raum legte sich nun auf mich.
"Also, wir sind kurz nach meinem zweiten Geburtstag hergezogen. Als ich 7 Jahre alt war, wurde mein Bruder bereits Trainee. Von da an sahen wir uns weniger und das obwohl er noch bei uns wohnte. Da mein Vater auch viel unterwegs war, waren also meine Mutter und ich häufig alleine. Naja... Als ich 14 Jahre alt war", ich machte eine Pause und sah vor mir zu Boden. Normalerweise behielt ich das für mich, aber ich wollte den Jungs mein Vertrauen entgegen bringen. Schließlich taten sie es auch. Als sich eine Hand auf meine Schulter legte, kam ich wieder ins Hier und Jetzt. Ich hob den Blick und sah Minho direkt in die Augen.
"Du musst uns nichts erzählen, was du nicht erzählen willst. Aber wenn doch, hören wir dir zu."
So eine Seite war mir an dem Älteren neu. Ich nickte langsam und biss mir unschlüssig auf die Unterlippe, bevor ich weitersprach.
"Als ich 14 war verstarb meine Mutter. Zu diesem Zeitpunkt wohnte Tha bereits im Trainees-Dorm und mein Vater... Er stürzte sich mehr in die Arbeit. Von da an lebte ich bei meinen Großeltern... Zumindest bis ich ebenfalls in den Trainees-Dorm zog um sie zu entlasten."
"Oh, Ti", murmelte Jeongin und legte die Arme um mich. Ich merkte wie meine Sicht zu verschwimmen begann, doch hielt die Tränen zurück.
"Es ist schon okay.", murmelte ich, "Ich rede einfach nur nicht oft darüber."
Nun kamen auch Felix und Changbin zu mir herüber und legte die Arme um mich.
"Das tut mir so leid, Thi. Aber... Deine Mutter wäre stolz auf dich. Da bin ich mir sicher", sagte Changbin nach einem kurzen Moment, was mir endgültig die Tränen in die Augen trieb.
"Danke."

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