"Sie haben Glück gehabt, junger Mann. Die Sehne scheint nicht vollkommen gerissen zu sein. Doch um da ganz sicher zu sein, wird ein Röntgenbild von Nöten sein. Ich werde Ihnen für morgen früh einen Termin geben. Ansonsten scheint der Fuß und der Unterschenkel vollkommen in Takt zu sein. Äußerlich keine Verletzungen. Bis morgen würde ich Ihnen nur einfache Schmerzmittel empfehlen. Außerdem sollten Sie darauf achten, genug Vitamine zu sich zu nehmen. Genaueres besprechen wir morgen, nach dem Termin."
Der Arzt sah mich noch einmal an, bevor er sich erhob.
"Gut. Halten Sie das Bein ruhig und meiden sie das Gehen."
"Ja, danke", meinte ich und deutete eine Verbeugung, so gut es in der halb liegend-halb sitzenden Position möglich war, an. Mit einem Nicken verließ der ältere Herr, dessen Haare mittlerweile eine graue Farbe angenommen hatten, das Zimmer. Ich hatte gehört, dass die anderen bereits zurück im Dorm waren. Es war nur fraglich ob es ein gutes oder schlechtes Zeichen war, dass ihr Gespräch von kurzer Dauer war. Ich hörte die gedämpfte Stimme des Arztes, dann die von Chan. Wie es aussah unterhielten sie sich direkt vor der geschlossenen Zimmertür. Nach kurzer Zeit erklangen Schritte, die leiser und leiser wurden, bevor es schließlich still wurde. Für ein paar Minuten saß ich schweigend im Raum. Mein Blick glitt hin und wieder zur Uhr. Es war später Nachmittag. Zu früh um schlafen zu gehen. Also blieb mir vorerst nichts anderes über, als zu warten. Mein Handy lag irgendwo in der Küche, wenn ich mich recht entsinnte, was im Moment wie ein unerreichbarer Ort erschien. Der Schmerz in meinem Bein war noch immer deutlich zu spüren, doch nicht vergleichbar mit dem, den ich verspürt hatte, als Changbin auf mich gefallen war.
Meine Gedankengänge wurden unterbrochen, als die Tür aufgerissen wurde. Ich hatte mit Seungmin oder Innie gerechnet, doch es war keiner der Beiden. Dafür betraten Changbin und Felix den Raum.
"Hey, stören wir?"
Mit einem Grinsen schüttelte ich den Kopf. Wobei sollten sie mich stören? Beim liegen?
Felix schloss hinter sich die Tür, bevor er sich mit Binnie zu mir auf das Bett setzte. Der Braunhaarige war der erste, der sich zu Wort meldete.
"Ti, es tut mir so leid. Ich wollte dir nicht wehtun", begann er und sah mich traurig an.
"Hey, das war nicht deine Absicht. Es ist alles okay, keine Sorge, Hyung", widersprach ich eilig. Der Ältere schien nicht ganz überzeugt, doch nickte.
"Ich werde das wieder gut machen, keine Sorge. Wenn du irgendwas brauchst, musst du nur ein Wort sagen und Changbinnie kümmert sich darum", sagte Changbin und lächelte kurz. Schmunzelnd nickte ich.
"Danke, Hyung."
"Das gilt auch für mich. Wenn du etwas brauchst, sag einfach Bescheid", mischte sich auch Lix ein.
"Danke dir auch, Hyung."
"Sowas macht man doch für seinen Maknae."
Es dauerte einen Moment, bevor ich realisierte, was er gesagt hatte. Fragend sah ich Felix an. Hatte er sich versprochen?
"Maknae?", fragte ich vorsichtig.
Felix und Changbin tauschten einen kurzen Blick aus, bevor sie sich mit einem breiten Lächeln wieder mir zuwandten.
"Chan ist noch im Büro von Jin-young und holt deinen Vertrag ab", erklärte Binnie und lehnte sich zufrieden auf seinen Handflächen zurück. Ungläubig sah ich den älteren an. Hatte ich es... wirklich geschafft? Das war... es fühlte sich surreal an und für einen Moment befürchtete ich, dass die Beiden mich veräppelt hatten. Aus welchem Grund auch immer. Doch die Jungs vor mir lächelten nur ehrlich und musterten mich. Seit Jahren war ich Trainee. Seit Jahren wollte ich nichts mehr, als eine eigene Gruppe zu haben. Seit Jahren wollte ich nichts mehr, als auf der Bühne zu stehen. Seit Jahren wollte ich... ein Idol sein. Und ich wusste, welches verdammte Glück ich in diesem Moment hatte. Ich hatte mit Trainees zusammen gearbeitet, die deutlich älter als ich waren und noch immer keine Chance hatten, sich zu beweisen. Ich hätte Trainees kennengelernt, die genauso kurz davor standen, in eine Band zu kommen und es doch nicht geschafft hatten. Und nun hatte ich sie. Die Chance. Und ich würde keinen enttäuschen. Dafür würde ich alles tun.Als Chan mit dem Vertrag ins Zimmer kam, wäre ich am liebsten in Tränen ausgebrochen. Ich hatte es geschafft. Zwar würde die Zukunft nicht immer leicht werden, aber ich war nicht alleine. Ich hatte ein Team. Mein Team. Dieser Gedanke bereitete mir ein Kribbeln in der Magengegend.
Ich starrte eine gefühlte Ewigkeit auf den Vertrag, bis ich endlich unterschrieb. Mit einem Lächeln sah Chan auf das Stück Papier, bevor er mich, zu meiner großen Überraschung, umarmte. Das hatte er bis jetzt nie getan. Doch es gab mir sofort ein Gefühl von... Zuhause. Meinem neuen Zuhause. Diese Band war der Platz an den ich gehörte. An dem ich sein wollte.
"Willkommen in der Gruppe, Thinnakorn. Es freut mich, dass du endlich dabei bist", murmelte der Braunhaarige und löste die Umarmung.
"Danke, Hyung", gab ich leise zurück und sah zu ihm auf. Zufrieden klopfte er mir auf die Schulter.
"Dann werde ich das", er hob den Vertrag in die Luft, "mal zum Manager bringen. Er wird morgen sicher mit dir reden wollen. Ich komme nachher nochmal wieder und bringe dir etwas zu Essen. Sind Nudeln in Ordnung?"
Ich nickte mit einem dankbaren Lächeln.
"Gut. Bis später, Ti."
Kaum hatte Chan den Raum verlassen, klopfte es wieder an der Tür. Hatte er irgendetwas vergessen.
"Ja, Chan- Hyung?"
Langsam öffnete sich die Tür. Überrascht sah ich zu Minho, der vor dieser stand.
"Ich bin's", meinte er, wobei er... bedrückt wirkte. War er wirklich so unzufrieden damit, dass ich in der Gruppe war?
"Darf ich reinkommen?"
Ich nickte und versuchte mich aufzusetzen, was mir nur einen stechenden Schmerz im Bein bescherte. Dumme Idee. Also blieb ich so, wie ich war. Anstatt sich neben mir aufs Bett zu setzen, wählte er Seungmins Bett gegenüber von mir. Für einen Moment schwieg er, bevor er mit einem leisen Seufzen zu sprechen begann.
"Es tut mir leid."
Dann war er wieder still. Ich musterte ihn schweigend. Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Ich wollte zu einer Antwort ansetzen, als er das Wort wieder ergriff.
"Seungmin... Hat mir erzählt, dass du so viel trainiert hast um uns... mich von dir zu überzeugen. Es ist also meine Schuld, dass du dich verletzt hast und keiner da war. Ich... Es tut mir leid. Ich hätte mich dir gegenüber nicht so verhalten dürfen. Vor allem... da es nichts an dir auszusetzen gibt. Das ist mir... heute erst wirklich klar geworden. Du passt in diese Gruppe, wie kein anderer. Und... Ich bin froh, dass du dabei bist. Wirklich."
Der Ältere wirkte beschämt und wich meinem Blick immer wieder aus. Mit einem Lächeln nickte ich.
"Ich verstehe dich, Minho-Hyung. Ich... kann mir vorstellen, dass es nicht einfach ist. Wir... können einfach neu anfangen."
Nun hob er doch den Blick und schenkte mir ein schmales Lächeln.
"Danke, Ti. Ich bin wirklich glücklich, dass du jetzt dazu gehörst. Du hast es dir verdient, Maknae."
Jetzt war ich der, der den Blick sinken ließ. Ich hörte, wie sich mein Gegenüber vom Bett erhob. Dann legten sich zwei Arme um mich, kurz und nicht besonders fest. Und schon war Minho wieder zurückgetreten.
"Ich lasse dir jetzt etwas Ruhe. Jeongin hat schon angedroht, dass er den ganzen Abend beim Maknae bleiben will. Also, gutes Gelingen."
Diese Seite an Minho kannte ich noch nicht. Er hatte noch nie mit mir Späße gemacht... oder war offensichtlich nett zu mir gewesen. Das sollte nicht heißen, dass es mir nicht gefiel. Denn das tat es. Sehr sogar.
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Be a part of SKZ // Stray Kids (SKZ; OC)
Hayran Kurgu"Du kennst meine Meinung, Chan. Aber viel kann meine Stimme jetzt sowieso nicht mehr ausrichten. Die Anderen haben sich entschieden. Also bleibt mir nichts übrig, als ihre Entscheidung zu respektieren. Das heißt aber nicht, dass ich mich darauf sofo...