Meine liebsten Strünke!
Heute erwartet euch ein sehr besonders Kapitel. Alle Gally-Fans werden sich sicherlich freuen. Ich selbst bin ja auch einer, was wohl mitunter daran liegt, dass Will Poulter einer meiner Lieblingsschauspieler ist und den Charakter des Film-Gallys absolut geprägt hat für mich.
Das Kapitel hat aus einem bestimmten Grund keinen Namen - es fällt mir einfach keiner ein, der ihm gerecht würde. Hier stecken sehr tiefe Emotionen meinerseits drinnen. Ich habe seit einer Ewigkeit mal wieder die eine oder andere Träne beim Schreiben vergossen.
Mir ist bewusst, dass in diesem Kapitel Dinge gesagt werden und passieren, die zwar schon mehrfach angeklungen sind, aber so für einige doch sehr "heftig" sein werden. Ich möchte euch bitten, mich für dieses Kapitel nicht zu hassen oder zu verurteilen. Ich habe wirklich sehr lange darüber nachgedacht, wie und ob ich es schreibe. Letztendlich habe ich mich dazu entschieden, dass es sein muss, für Anna, für Gally - und für mich. Bitte akzeptiert das! Ihr seid die tollste Community, die ich mir wünschen könnte und deshalb bin ich mir sicher, dass ihr meine Entscheidung verstehen werdet. Danke für alles.
Viel Spaß beim Lesen
xoxo
Eure mazerunnerklonk____________________________________
Wir erreichten den Gang, von dem unsere Quartiere abgingen und ich entschied mich, Gally mit in meins zu nehmen. Außer Thomas konnte niemand herein kommen und ich erwartete, dass er sich wahrscheinlich zuerst mit seinem Team besprechen oder die anderen Jungs auf ihr Zimmer begleiten würde. Newt erwartete ich so schnell nirgends, er und Sonya hatten sich, wie ich selbst zu ihnen gesagt hatte, alle Zeit der Welt verdient, um sich wiederzufinden.
Ich öffnete also immer noch schweigend die Tür und ließ Gally eintreten. Sorgfältig schloss ich sie hinter mir und wandte mich ihm dann zu. Er stand unschlüssig im Raum und blickte sich um.
"Wir können uns da hinsetzen", schlug ich vor und deutete auf die Sofas.
Er nickte. "Okay."
Wir machten es uns auf den Kissen gemütlich und ich setzte mich in einen Schneidersitz, während er auf dem anderen Sofa Platz nahm und seinen rechten Knöchel auf das linke Knie legte. Dabei wippte er nervös mit dem Fuß, was ihm überhaupt nicht ähnlich sah.
"Ist alles in Ordnung, Gally?", fragte ich und hätte mich im nächsten Augenblick schon selbst dafür ohrfeigen können.
Das war die dümmste Frage, die ich hätte stellen können. Offensichtlich war nicht alles in Ordnung.
"Ich weiß nicht. Es fühlt sich nicht so an."
Ich nickte, wusste nichts zu entgegnen. Unsere Blicke trafen sich und in seinem lag ein weiteres Mal eine solche Verzweiflung, dass es mir das Herz brach.
"Es tut mir leid", flüsterte ich und spürte Tränen in meinen Augen.
"Das muss es nicht, Kleine", entgegnete er, ebenso leise.
Wieder schwiegen wir. Ich biss mir auf die Unterlippe, um die Tränen zu unterdrücken und starrte auf meine Hände, während ich Gallys Blick wieder auf mir spürte.
"Du bist immer noch wunderschön, auch wenn du in den letzten Monaten scheinbar alles dafür getan hast, damit sich das ändert."
Überrascht sah ich auf. Ich wusste, was er mit dem zweiten Teil seines Satzes meinte. Allein die Tatsache, dass ich tiefe Augenringe von den vielen Simulationen hatte, veränderte mein Gesicht, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass ich wirklich zu wenig gegessen hatte, bis meine Freunde hier angekommen waren. Aber die Offensive, die in seinen ersten Worten lag, verwunderte mich. So war er sonst nicht gewesen.
Seine grünen Augen wanderten über mein Gesicht und er nickte, als wollte er seine Worte noch einmal unterstreichen.
"Du bist wirklich mit Abstand das Schönste, was ich je gesehen habe. Es ist kein Wunder, dass die anderen Mädchen mich nie interessiert haben."
Ich spürte, wie meine Wangen leicht erröteten. Noch immer wusste ich nicht, was ich erwidern sollte.
"Gally", flüsterte ich deshalb nur.
"Ich weiß. Ich weiß, dass ich das nicht sagen sollte, jetzt wo die Dinge so stehen, wie sie stehen. Aber ich bin es leid, meinen Mund zu halten, nicht auszusprechen, was ich denke. Ich kenne dich jetzt seit über fünfzehn Jahren, Kleine. Und ich bin seit dem ersten Tag in dich verliebt."
Ich schluckte. Wir hatten bereits das eine oder andere Mal über Gallys Gefühle geredet, aber noch nie war er so ehrlich gewesen. Er hatte mir zwar gesagt, er sei in mich verliebt, aber das hier war anders. Es fühlte sich anders an.
"Ich bereue es jeden Tag, dass ich nicht viel eher etwas gesagt habe. Dass ich nie den Mut hatte, dir die Wahrheit zu sagen. Denn dann wären die Dinge vielleicht anders gelaufen. Dann hättest du dich im Labyrinth an mich erinnert und nicht an ihn."
"Ich habe mich an dich erinnert... Ich habe mich daran erinnert, dass du unendlich wichtig für mich gewesen bist..."
"Aber nicht wichtig genug."
In seiner Stimme lag so viel Verzweiflung, dass ich die Tränen nicht länger aufhalten konnte. Sie begannen, stumm meine Wangen herunter zu laufen.
"Du warst immer mein bester Freund, Gally. Es hat niemals jemanden gegeben, der deinen Platz einnehmen könnte."
"Ich sag' es ja. Nicht wichtig genug."
Endlich schaffte ich es, meine Augen von seinen zu nehmen und starrte auf meinen Schoß. Dieses Gespräch war noch schlimmer für mich, als ich erwartet hatte.
"Auf der Lichtung hast du es wahrscheinlich nicht gemerkt, aber jedes Mal, wenn ich dich mit Newt gesehen habe, hat es mir das Herz gebrochen. Ich wollte nichts mehr, als in seiner Haut zu stecken, von dir angesehen zu werden, wie du ihn angesehen hast. Es war denke ich für jeden offensichtlich, dass du eine ganz besondere Wirkung auf mich hattest. Du hast Captain Gally weich werden lassen, jedes Mal, wenn du mich berührt oder nur angesehen hast."
"Ich habe es wirklich nicht gemerkt. Ich glaube, ich habe es nicht merken wollen... Nicht, weil ich es schlimm gefunden hätte, einfach, weil ich nicht gewusst hätte, wie ich damit umgehen soll... Als die Anderen es mir gesagt haben, nachdem Minho entführt worden war, da wurde mir klar, dass ich es insgeheim gewusst habe. Sogar Mary hatte es gewusst."
"Ich war wohl zu leicht zu durchschauen, hm?", fragte er und als ich aufsah, erkannte ich ein schwaches Lächeln auf seinem Gesicht. "Ich wollte um jeden Preis, dass du glücklich bist. Ich wäre niemals auf die Idee gekommen, Newt dafür zu hassen, dass er das hatte, was ich so sehr wollte, wonach jede Faser meines Körpers verlangte. Dafür ist er einfach ein viel zu toller Kerl. Ich kann verstehen, warum er es ist, für den du dich entschieden hast. Außerdem wollte ich unbedingt, dass es dir gut geht. Und mit ihm ging es dir gut. Sieh dich an, sieh, was seine Anwesenheit nach so kurzer Zeit wieder mit dir gemacht hat."
"Es ist nicht nur er. Ihr alle seid das."
Er nickte langsam. "Und doch wäre es ohne ihn nicht das Gleiche. In den letzten Tagen auf der Lichtung, als Thomas alles durcheinander gebracht hat, habe ich angefangen, gegen Newt zu spielen. Mir war klar, er wollte euch alle, und damit auch dich, da herausschaffen. Genauso wie Thomas. Deshalb habe ich den Frischling so sehr gehasst, auch wenn ich wusste, dass ihr Recht habt. Ich hatte solche Angst, dich zu verlieren. Und weil ich mich so bescheuert verhalten habe, hätte ich das um ein Haar... Es tut mir leid, wie ich mich aufgeführt habe, auch heute noch. Ich hätte Newt unterstützen und ihn nicht als Anführer stürzen sollen. Aber ich schätze, das war einfach der Hass dafür, dass er dich hatte und nicht ich, der da durch kam. Auch wenn er mir immer ein wichtiger Freund war. Dann habe ich den größten Fehler meines Lebens gemacht und deshalb wurden wir von einander getrennt. Glaub mir, ich sehe Chucks Gesicht noch immer ständig vor mir, wenn ich die Augen schließe. Ich sehe, wie du dort gekniet hast, ihn festgehalten hast, während er gestorben ist - gestorben durch meine Hand. Danach kennst du die Geschichte. Lawrence Männer fanden mich und flickten mich zusammen. Und die gesamte Zeit über musste ich an dich denken. Ich wusste, die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns je wieder treffen, ging gegen null, ihr würdet euch so weit von WICKED fernhalten, wie möglich. Und trotzdem kam ich fast jede Nacht zu dem Platz an der Mauer, von dem aus ich euch Teresa gezeigt habe und habe durch das Fernrohr geschaut. Und jedes Mal habe ich insgeheim gehofft, dass ich dich dort sehe, dass du doch bei ihr bist. Ich wusste, du würdest niemals freiwillig für WICKED arbeiten, aber wenn sie dich gefangen genommen hätten, dann würde ich dich retten können. Dann hätte ich dein Held sein können, derjenige, der dich und die anderen befreit."
"Du warst mein Held, Gally. Und du wirst es immer bleiben", warf ich ein und sah ihm direkt in die Augen.
Er schüttelte den Kopf. "Nicht so, wie ich es mir wünschen würde. Newt ist dein wahrer Held. Und das allein schon, weil er existiert. Er ist nicht mit dir durch die Flammen gerannt, hat dich nicht aus ihnen gerettet, er hat dich nicht überall hin getragen, als du nicht laufen konntest, er hat nicht monatelang jede Nacht über dich gewacht, um dich vor den Albträumen zu schützen, in denen ich dich und alle deine Freunde umbringe."
Ich wollte erwidern, dass Newt das getan hätte, wenn er es nicht gewesen wäre, der eigentlich gestorben war, weshalb ich diese Albträume überhaupt erst gehabt hatte. Aber ich schwieg. Auch wenn das, was Gally sagte, nicht unbedingt stimmte, ich wusste, dass dies seine Wahrheit war. Und das war in Ordnung. Ich verstand ihn. Besser als je zuvor.
"Ich hatte mir geschworen, wenn ich bereit wäre, würde ich aufbrechen und dich suchen. Natürlich vermisste ich auch Fry und Minho - und auch Newt. Wie gesagt, ich gebe ihm nicht die Schuld dafür, dass er derjenige ist, der ich so unbedingt sein möchte. Ich hasse nicht ihn, ich glaube, niemand könnte ihn hassen, dafür ist er ein viel zu guter Mensch. Ich hasse einfach die Tatsache, dass es so ist wie es ist."
Ich nickte langsam. Ich verstand, was er meinte. Es ergab alles so viel Sinn, dass es wehtat.
"Dann hatte ich dich endlich wieder. Und ich war sicher, ich würde damit klarkommen. Solange du nur in meiner Nähe warst, ich dich in den Arm nehmen konnte, wir einfach zusammen waren, würde es in Ordnung sein. So könnte ich leben. Ich habe mich wirklich dafür gehasst, dass ich das Serum weggegeben habe, dass ich nicht zumindest ein Fläschchen mitgenommen hatte. Die Verzweiflung in deinem Blick, als es immer schlechter um ihn stand, hat mich beinahe umgebracht. In diesem Moment hätte ich alles dafür gegeben, ihn retten zu können. Für dich."
Ich schluckte. Alles, was Gally sagte, jedes Wort, berührte mich bis ins Innerste. Es war beinahe unheimlich, was seine Worte mit mir machten. Sie lösten einen derartigen körperlichen Schmerz aus, dass es mir fast Angst machte. Und die Verzweiflung, ihm helfen zu wollen, ihn glücklich machen zu wollen, zerriss mich regelrecht.
"Und dann bist du weggelaufen, hinter Thomas her. Und ich habe dich nicht aufgehalten. Warum habe ich dich nicht aufgehalten? Du hättest sterben können, WICKED hätte was weiß ich was mit dir machen können. Aber ich habe einfach nur dagestanden, wie paralysiert."
"Ich musste gehen. Das war mein Schicksal."
Er nickte. "Du magst Recht haben. Und trotzdem hätte ich zumindest versuchen müssen, dich aufzuhalten. Ich konnte nur einfach nicht glauben, was gerade passiert war. Dass ich eigentlich glücklich darüber sein müsste, dass der, der die ganzen Jahre das gehabt hatte, was ich so gewollt hatte, tot war. Aber ich konnte nicht. Ich habe deine Trauer gesehen und ich wusste, wenn es etwas gäbe, was ihn wieder lebendig machen würde, ich würde es tun. Nur, damit du glücklich sein kannst."
"Ich garantiere dir, dass es gut war, dass du nicht versucht hast, mich aufzuhalten. Dann wäre ich wahrscheinlich wirklich nicht gegangen. Dann hätten Thomas und Teresa es möglicherweise nicht aus dem Labor geschafft, ich weiß es nicht. Ich musste dorthin. Ich musste Janson töten."
Gally nickte abermals. Wir schwiegen einen Moment und ich erinnerte mich daran, wie ich mich in dieser Nacht der Flammen nur kurz an ihn gedrückt hatte. Ich hatte das gebraucht, hatte mich zumindest von ihm verabschieden wollen, aber insgeheim gewusst, dass ich, wenn er mich festgehalten hätte, wenn er mich in seine Arme geschlossen hätte, möglicherweise einfach da geblieben wäre. Und das hatte ich um jeden Preis vermeiden müssen.
"Dich dann dort auf dem Dach liegen zu sehen, offensichtlich tot oder schwer verletzt, hätte mich beinahe umgebracht. Am liebsten wäre ich aus dem Berg gesprungen und hätte dich eigenhändig hineingeworfen. Aber ich weiß, dass du Thomas helfen musstest. Ich verstehe mittlerweile, dass dieser Strunk dir sehr viel bedeutet. Jetzt wahrscheinlich noch zehnmal so viel."
Ich nickte. "Sich an seinen Bruder zu erinnern ist wirklich besonders. Ich habe so ein Glück, ihn zu haben."
Wieder nickte Gally. Er schien mich einfach immer zu verstehen.
"Nachdem wir euch gerettet hatten, hat die schönste Zeit meines Lebens begonnen. Ich erinnere mich zwar noch nur an Bruchstücke von vor dem Labyrinth, aber ich bin sicher, dass morgen keine Erinnerungen zurückkommen werden, die das toppen, was das halbe Jahr nach dieser Nacht mir gebracht hat. Ich konnte dich endlich festhalten, jede Nacht, konnte endlich jemand sein, der wirklich wichtig für dich war."
Bei diesen Worten von ihm war ich im Bruchteil einer Sekunde auf den Beinen und bei ihm. Ich setzte mich schräg neben ihn auf das Sofa und griff seine Hände.
"Das ist nicht wahr, Gally", sagte ich bestimmt und sah ihm dabei direkt in die Augen. "Du warst immer wichtig für mich. Du warst an meiner Seite, seit man meine Erinnerungen an Thomas gelöscht hatte. Du warst der mit Abstand wichtigste Mensch in meinem Leben, all die Jahre. Und das bist du auch heute noch. Es stimmt, mittlerweile musst du dir diesen Platz teilen, aber niemand hat je und könnte jemals deinen Platz einnehmen. Hörst du?"
"Und trotzdem hat es nicht gereicht", stellte er trocken fest.
Wieder fühlte mein Herz sich an, als würde es gleich zerbrechen.
"Das ist das Schlimmste, weißt du? Dass ich mir mittlerweile sicher bin, dass es gereicht hätte."
Gally, der bis gerade auf unsere Hände gestarrt hatte, schreckte förmlich hoch und starrte mich jetzt mit großen Augen an.
"Wie meinst du das?", fragte er.
Ich schluckte den Kloß in meinem Hals herunter, bevor ich antwortete.
"Wir wissen beide, was passiert ist, in der Nacht am Strand, bevor Heath uns geholt hat. Vor dem Funkspruch", begann ich, ohne meinen Blick von Gallys grünen Augen zu nehmen. "Ich habe dir oft gesagt, dass ich niemals die sein könne, die du verdient hast. Und das habe ich auch wirklich so gemeint. Aber ich wusste auch, dass du mich genauso genommen hättest, wie ich war, so kaputt, so verwirrt. Und ich wollte das auch. Ich wollte, dass es funktioniert..."
Jetzt liefen mir die Tränen wieder die Wangen herunter. Und dieses Mal versuchte ich gar nicht erst sie zurückzuhalten.
"In den letzten Monaten ist mir klar geworden, dass es keinen anderen auf dieser Welt für mich gegeben hätte, außer dich. Und auch, dass es schon immer mehr war, was ich für dich empfunden habe, als nur Freundschaft. Du warst damals bei WICKED einfach alles für mich. Es stimmt, Newt hat etwas mit mir gemacht, was ich in dieser Welt niemals für möglich gehalten hätte. Darüber bin ich unendlich dankbar. Aber in jeder anderen Geschichte, in jedem anderen Universum... sehe ich mich an deiner Seite, immer wenn ich die Augen schließe. Und das tut weh, es tut so weh. Zu wissen, was hätte sein können. Ich weiß, dass ich glücklich gewesen wäre. Mehr als das. Ich habe endlich verstanden, warum es sich immer so richtig angefühlt hat, dich zu umarmen, warum du als einziger die Albträume vertreiben konntest. Weil du und ich in jedem anderen Universum füreinander bestimmt gewesen wären. Weil ich dich liebe, Gally. Und ich hasse mich dafür, dass es nicht reicht, ich hasse mich dafür, dass ich dich nicht glücklich machen kann. Und ich weiß, dass ich dir das womöglich gar nicht erzählen sollte, weil es alles noch viel schwerer macht, aber es ist mindestens genauso schwer für mich, glaub mir. Ich schulde es dir, dass du die Wahrheit kennst. Denn nur die hast du verdient, nach allem, was du für mich getan hast. Es tut mir so leid. Es zerreißt mich, daran zu denken, dass ich dir wehtue, immer wieder, dass ich nichts dagegen tun kann. Manchmal wünsche ich mir, wir wären niemals nach Kanada geflogen. Dann wünsche ich mir, Heath hätte uns nicht unterbrochen, in dieser Nacht am Strand. Ich hätte dir so gerne gegeben, was du verdienst. Und ich bin sicher, dass ich es geschafft hätte, wieder glücklich zu werden, mit dir. Mir ist klar, dass es Newt gegenüber nicht fair ist, so zu denken. Aber ich tue es. Und ich denke, dass das menschlich ist. Ich bin unendlich froh, dass er lebt, dass ich ihn heilen konnte. Und trotzdem wache ich manchmal nachts auf und bin mir sicher, dass ich jetzt auch glücklich wäre, wenn es in der Nacht am Strand anders gelaufen wäre. Ich weiß, dass Newt das gewollt hat. Er hat es in seinen Abschiedsbrief geschrieben. Er wollte, dass ich bei dir bleibe und er wusste, was das bedeuten würde. Und er wollte diese Zukunft für mich."
Ich machte eine kurze Pause, um einen Schluchzer zu unterdrücken.
"Manchmal wünsche ich mir einfach, Heath wäre ein bisschen später gekommen. Manchmal wünsche ich mir, ich hätte diesen Moment erleben dürfen. Und ich weiß, dass das falsch ist. Aber ich kann es nicht ändern. Tief in mir drinnen hätte ich mir diesen Kuss für uns gewünscht. Ich hätte ihn mir für dich gewünscht und ich hätte ihn mir für mich gewünscht. Ich weiß nicht, was das verändert hätte, ob ich nicht nach Kanada gegangen wäre, ob es in Kanada etwas verändert hätte. Ich weiß nur, dass Newt es verdient hat zu leben und dass ich deshalb froh bin, dass es so gelaufen ist, wie es am Ende gelaufen ist. Und doch wünscht ein Teil von mir sich zurück an den Strand, mit dir. Ein beängstigend großer Teil."
Endlich verstummte ich in meinem Redefluss. Mir war klar, dass es unglaublich viel Input war, den ich Gally gerade gegeben hatte. Aber anstatt verwirrt oder wütend oder enttäuscht zu sein, begann er jetzt einfach langsam zu nicken.
"Du bist zu gut für diese Welt, weißt du das, Kleine? Sie hat dich gar nicht verdient."
Verwirrt von dieser Aussage auf meinen so langen Monolog, blickte ich zu ihm auf.
"Soll ich ehrlich sein? All diese Gedanken hatte ich auch, jede Nacht seit du und Thomas in Kanada von uns getrennt wurdet. Ich habe fast gehofft, dass sich herausstellt, dass Cranks nicht heilbar sind, wenn sie sich erst einmal gänzlich verwandelt haben. Aber du hast Recht, Newt hat es mehr als nur verdient, dass du ihn gerettet hast. Das habe ich die ganze Zeit gewusst. Als wir zurückgekommen sind und nur ihn und die Kids vorgefunden haben, als er mich angesehen hat, da wusste ich, dass er es wusste. Er wusste, was zwischen uns passiert war, ohne dass ich es ihm sagen musste. Und es war wirklich in Ordnung für ihn. Er hat mir gesagt, dass er damit gerechnet hatte, in seinen 'hellen Momenten', dass selbst, wenn wir ihn jemals finden und heilen würden, eure Zeit vorbei sein würde. Und dass es okay gewesen wäre, solange du glücklich warst. Ich denke, das verbindet uns - und nicht nur uns beide, sondern alle, die mit uns hergekommen sind. Wir wollen einfach, dass du glücklich bist."
Diese Tatsache überrollte mich wie eine Dampfwalze. Jetzt wurde mir auch klar, warum Newt und Gally so einträchtig gewirkt hatten, als sie aus dem Berg gestiegen waren.
"Du hast Recht, Kleine. Deine Worte sind schwer für mich. Glaub mir, ich würde wirklich nichts auf dieser Welt lieber machen, als dich zu küssen. Und das Schlimme ist, dass ich weiß, dass auch das immer noch in Ordnung wäre für ihn. Das macht mich beinahe schon wieder wütend auf ihn. Erst stirbt er einen Märtyrer-Tod, dann steht er von den Toten auf und am Ende will er mir sogar die Prinzessin überlassen, wenn auch nur für einen halben happliy-ever-after-Kuss." Er schüttelte den Kopf und verzog das Gesicht zu einem schiefen Grinsen, das ihm nicht ganz gelingen wollte. "Wie kann jemand so unverschämt selbstlos sein?"
Ich schwieg. Gallys Worte hatten in mir einen neuen Gedanken aufkommen lassen, den ich nicht zu Ende denken wollte. Ich verbot ihn mir.
Nach einer Weile sprach er weiter. "Ich werde nicht mit euch zurück in den Sicheren Hafen kommen, wenn das hier zu Ende ist."
Überrascht, ja regelrecht entsetzt sah ich auf und ließ seine Hände los.
"Was?", fragte ich tonlos.
Während er jetzt weitersprach fühlte ich mich, als würde man mir den Boden unter den Füßen wegziehen.
"Nachdem ich weiß, was hätte sein können, nachdem ich von dem süßen Glück kosten durfte, dich an meiner Seite zu haben, kann ich einfach nicht dort leben und zusehen, wie du mit einem anderen glücklich wirst. Das würde ich nicht aushalten", erklärte er ruhig. "Ich werde mit Heath und Nico gehen, das haben wir auf dem Weg hier her beschlossen, sollte das, was wir vorhaben wirklich funktionieren. Es wird viele Orte geben, an denen man unsere Hilfe gebrauchen kann. Und wir können die Welt sehen."
Ich biss mir auf die Unterlippe, in dem Versuch, den Schmerz, den seine Worte in mir auslösten, zu überdecken. Sofort schmeckte ich Blut, aber es half nichts. Um mich herum schien sich alles zu drehen. Gally hatte es gerade tatsächlich geschafft, mich komplett von den Füßen zu reißen. Und plötzlich fühlte sich wieder alles sinnlos an, so wie damals, als ich gedacht hatte, Newt verloren zu haben.
Ich wollte irgendetwas erwidern, aber kein Wort kam mir über die Lippen. Alles was ich tun konnte, war in seine grünen Augen zu starren, die unbeirrt zurücksahen. Mir wurde klar, dass er diese Entscheidung bereits getroffen hatte und dass ich nichts daran ändern konnte.
Und da wusste ich plötzlich, was ich tun musste. Gally hatte es selbst gesagt und ich wusste, dass es wahr war. Newt würde es verstehen.
Wenn er mich sowieso verlassen würde, hatte ich nichts zu verlieren. Warum sollte ich also nicht dieses eine Mal das tun, was mein Herz mir sagte?
"Okay", flüsterte ich tonlos und richtete mich auf, kniete mich auf das Sofakissen, sodass ich auf gleicher Höhe mit ihm war.
"Okay. Aber dann erlaub mir, das zu tun, was schon lange überfällig ist. Zumindest dieses eine Mal."
Mit diesen Worten beugte ich mich vor, überbrückte die letzten Zentimeter zwischen uns und schloss meine Augen, als meine Lippen seine trafen.
Auch wenn wir noch etwas hatten, was wir zusammen durchstehen mussten, eine letzte Mission, bei der wir Seite an Seite kämpfen würden, musste ich es jetzt einfach tun. Ich wusste nicht, wann er, Heath und Nico aufbrechen würden oder was uns in den nächsten Wochen passieren würde, ob wir noch in der Lage dazu wären, dies hier zu tun, zu tun, was wir beide brauchten, was Gally schon so lange verdient hatte, ob der Moment jemals nochmal so richtig wäre wie jetzt gerade.
Und so wurde unser erster Kuss gleichzeitig zu einem Abschiedskuss.
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Till The WICKED End | A Maze Runner Story
FanfictionSie dachten, das sei es gewesen, sie dachten, es sei vorbei. Sie hatten es geschafft, waren im sicheren Hafen, hatten WICKED zerstört und was blieb, war die Erinnerung. Doch die Vergangenheit holt die Auserwählten rund um Anna ein, als Vince eine er...