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Zehn Jahre später...
Aideen

„отец", rufe ich grimmig durch die Eingangshalle. Meine Stimme hallt von den Wänden wieder zurück. Als Kind liebte ich es, stundenlang hier zu sitzen und mir einzubilden, keine Selbstgespräche zu führen sondern, dass mein Echo Stimmen von anderen Kindern waren. Ich hatte nie viel Kontakt zu anderen Kindern gehabt, hatte mir diesen jedoch manchmal gewünscht. Mit 20 war ich froh darüber, keinen Kontakt mit anderen gehabt zu haben. Die Schulbank mit ihnen gedrückt zu haben, war ätzend genug gewesen.

Warum musste er immer unpünktlich sein? Okay, gut ich war nicht gerade besser, aber trotzdem! Wie aus dem Nichts steht er plötzlich vor mir. Ganz gekleidet in schwarz und einem langen schwarzen Mantel. Ich kenne ihn gar nicht anders. Immer souverän aussehend. „Nun Aideen. Pass auf dich auf, da draußen ist es gefährlich..." „Ja ja", ich verdrehe die Augen „und jeder zweite könnte ein Mörder sein!", unterbreche ich ihn. „отец , ich bin kein Kleinkind mehr!" „Das meinte ich gar nicht. Bleib unauffällig!", fährt er fort. „Du meinst ich soll nicht in die nächste Schulbibliothek gehen, diese abfackeln und dabei ganz aus Versehen den Chemie- Professor, der gerade zufällig da war, umbringen?", ein Lächeln huscht über sein Gesicht. „Würdest du einfach hier weiterhin zur Schule gehen oder..." „Nein mach jetzt bitte keinen Rückzieher, wir haben das besprochen und ich will das! Ich will Erfahrungen sammeln.", unterbreche ich ihn erneut. „Okay okay", er gibt sich geschlagen „Hab viel Spaß und pass auf dich auf. Ich habe dich sehr lieb!", er nimmt mich zum Abschied in die Arme und als ich mich umdrehen will, wirkt sein Blick traurig und... auf eine, mich zutiefst traurig machende Art und Weise, erschöpft. Das kenne ich so gar nicht von ihm. Er war immer stark und schien unbesiegbar. Jetzt wirkt er allein... Kurz Zweifel ich daran, will ich wirklich gehen?

Rote Flammen erscheinen, sie züngeln gen Himmel. „пламя",flüstere ich, schließe meine Augen und stelle mir New York vor. Die hohen Wolkenkratzer und den Times Square, überlaufen von vielen hundert Menschen. Dann trete ich in die Flammen. Sie verbrennen mich nicht. Eigentlich spüre ich fast gar nichts, bis auf ein leichtes Prickeln. Als ich meine Augen wieder öffne befinde ich mich auf dem New York Times Square.
Hier in der Nähe sollte das Appartement sein, das mein Vater für mich ausgesucht hatte.

Bevor ich mich jedoch in Bewegung setzen kann, werde ich fast umgeworfen. Ich taumele zwei Schritte nach hinten und... Baah was ist das denn? Mein schwarzes Top klebt an mir und Kaffee läuft über meine Lederjacke und meinen schwarzen Rock. „Verdammt, was...?, entfährt es mir. „Oh mein Gott... es... es tut mir so leid!" Vor mir steht ein junges Mädchen, zumindest wirkt es jünger als ich. „Mierda", entfährt es ihr. Sie hat grüne Augen und blondes etwas längeres Haar. Sie trägt einen dunkelblauen kurzen, schulterfreien Jumpsuit mit Sonnenblumen auf ihm. Eigentlich will ich sauer sein. Mein Outfit ist ruiniert wegen ihr, aber etwas an ihren Augen und ihrer Art hält mich davon ab, kurzen Prozess zu machen.
„Wie heißt du?", frage ich sie daher. „Calandra. Ich kann dir Geld für die Reinigung geben, oder... oder ich kaufe dir ein neues Outfit.", unbeholfen stottert sie vor sich hin. „Was bist du?", frage ich sie direkt denn, dass sie kein Mensch ist, ist mir schnell aufgefallen. Entsetzt schaut sie mich an, macht kehrt und verschwindet in der Menschenmenge.

Etwas verwirrt bleibe ich zurück. Normalerweise reagieren  Демоны freundlich oder eher weniger abweisend auf andere. Zumindest, wenn man weiß, dass man gleich ist und wir Dämonen spüren es, wenn jemand ebenfalls anders ist. Dieses Gefühl kann man nicht wirklich beschreiben. Man könnte es so erklären: Wir spüren die Aura eines Dämons. Diese ist böse und dunkel, kalt und man beginnt innerlich zu zittern (<- jedoch nur, wenn der jeweilige Dämon sehr mächtig ist). Ausgebildete Dämonen können an gewissen Fakten erkennen, wer ein Dämon, wer Engel oder wer ein Mensch ist. Nun gut, über dieses Mädchen werde ich mir später Gedanken machen, jetzt muss ich erstmal etwas anderes anziehen. 10th Avenue, noch zwei links und... ich stehe vor dem Treppenaufgang und beginne den Aufstieg. Leider kann ich mich nur zu Orten teleportieren an denen ich schon war oder die ich irgendwo schon einmal gesehen hatte. Da mein Vater das Appartement ausgesucht hatte, wusste ich nicht wie es aussieht. „Sammle Menschenerfahrungen!", meinte er noch zu mir bevor ich gegangen war. Warum muss es ausgerechnet Nummer 105 sein? Und dann funktionierte der Aufzug nicht. Im Ernst, dafür zahlt mein Vater 1500$ im Monat? Hoffentlich ist das Appartement dann besser.

Verschwitzt und völlig außer Atem komme ich nach etwa 45 Minuten -oder waren es mehr?- vor der Zimmernummer 105 im 15. Stock an. Meine Hand zittert vor Anstrengung, während ich den Schlüssel aus meinem Rucksack krame. Weil diese nass vor Schweiß ist, rutscht mir der Schlüssel im ersten Augenblick aus der Hand und fällt auf den Boden. Ich bücke mich und hebe ihn auf. Dann stecke ich ihn ins Schlüsselloch und drehe ihn dreimal nach rechts um. Gespannt drücke ich die Türklinke herunter und öffne die Tür. Ich betrete den Raum und lass die Tür hinter mir ins Schloss fallen.

Erstaunt schaue ich mich um. Der Blick, der sich mir von hier aus bietet ist unbeschreiblich, atemberaubend,... es ist New York. Ich stelle meinen Rucksack neben die Tür. Vor mir ist ein langer Gang, an dessen Ende ein Fenster ist das vom Boden bis zur Decke reicht. Nach etwa vier Schritte ist ein Raum links von mir. Es ist die Küche, die offen ist und an die das Wohnzimmer grenzt. Überall sind Fenster die vom Boden bis zur Decke reichen und von denen aus man New York von oben sieht. Ich gehe zurück in den Flur und nach drei weiteren Schritten finde ich rechts von mir ein Bad vor. Es ist zwar klein, dafür aber sehr geräumig. Wieder zurück im Flur sehe ich rechts neben dem Bad ein weiteres Zimmer. Das muss wohl mein Zimmer sein. An sich ist dieses Appartement zwar relativ klein, jedoch bin ich ja auch schließlich nur hier, um ein paar Menschenerfahrungen zu sammeln und nicht um hier ein Leben zu beginnen. Die meiste Zeit werde ich ja doch in Delminum verbringen.

Zwischen Himmel und HölleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt