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Aideen

Erschrocken wache ich mitten in der Nacht schweißgebadet auf. Ich schaue mich um und realisiere erst auf den zweiten Blick wo ich bin: in New York, meinem Apartement im 15. Stock. Ich habe von diesem fremden Mädchen (meine Crashpartnerin aus der Stadt) geträumt und dann schoss mir plötzlich ein Gedanke durch den Kopf. Mein Vater hatte mir vor vielen, vielen Jahre erzählt, dass ich eine Zwillingsschwester habe, die jünger als ich ist.

Kann sie...? Ist Calandra meine Schwester? Seit meinem Zusammenstoß in der Stadt mit ihr muss ich dauernd an sie denken. Warum hatte sie so komisch auf mich reagiert? Wieso habe ich ihre Augen so faszinierend gefunden? Ist sie es? Lauter Fragen schwirren in meinem Kopf herum und ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. Irgendetwas muss ich doch tun können? Ich stehe auf und gehe in die Küche. Ich hole mir ein Glas aus dem Schrank und befülle es mit Leitungswasser. Dieses trinke ich gierig in einem Zug aus. Es ist schön kühl und mein Puls beruhigt sich langsam. Ich schaue zur Uhr die neben der Tür hängt. 4:57 Uhr. Ich beschließe, mich auf die Couch im Wohnzimmer zu setzen und fülle das Glas nocheinmal auf.





Zwei Stunden später

Ich sehe zu wie die Sonne über New York aufgeht. Sanfte, helle Strahlen fallen in das Wohnzimmer und der Himmel leuchtet in einem zarten rosaorange Farbton. Ich muss zugeben, dass der Sonnenaufgang über den Dächern von New York wirklich wunderschön zu beobachten ist. Als ich kleiner war, hatte ich mir immer gewünscht, die Sonne in Delminum aufgehen zu sehen. Wir haben kaum helle Tage in Delminum. Irgendwie ja auch verständlich, denn es ist die Hölle. Wir hatten einen Mond, nachts war er weiß und erleuchtete hell -je nachdem wie viele Wolken es gab- Delminum. Tagsüber schien der Mond blutrot und tauchte meine Heimat, mein zu Hause in ein bedrohlich wirkendes Reich. Mir gefiel es, jedoch war es auch etwas ganz besonderes für mich einen Sonnenaufgang zu erleben, von nun an fast täglich.

Ich habe keinen Schlaf mehr gefunden und greife zu meinem Handy, 7:38 Uhr. Es wird Zeit meinen Vater zu befragen. Er muss mir endlich mehr über meine Schwester erzählen. „Guten Morgen Liebes. Ist etwas passiert?", seine Stimme klingt müde und gleichzeitig angsterfüllt. „Was machst du heute? Hast du Zeit vorbeizukommen?" „Ja natürlich, aber was ist denn los?", fragt er. Besorgnis liegt in seiner Stimme. „Wir müssen reden!" Mit diesen Worten lege ich auf. Soll er doch denken was er will, er hätte mir schon längst mehr über meine Schwester erzählen müssen! Sauer knirsche ich mit den Zähnen, eine dumme Angewohnheit von mir.

Nur ein paar Minuten später bereue ich es, dass ich meinen Vater so angefahren habe und dann einfach ohne etwas zu sagen das Gespräch beendete. Was ist nur los mit mir?

Am Nachmittag desselben Tages.

Es klingelt und ich öffne die Tür. Mein Vater steht davor. „Komm rein." „Was ist denn los?" Fragend schaut er mich an. Er sieht so verletzt aus. Ich gehe zur Couch, setze mich und deute an, dass er sich auch setzten soll. „Wir müssen reden! Jetzt!", ich schaue ihn ernst an. Er schluckt. „Es geht um deine Schwester!" Ich nicke und erzähle ihm kurz und knapp was mir in der Stadt passiert war. Er schluckt noch einmal und schließt die Augen. Dann atmet er tief ein und öffnet wieder die Augen. Keine Emotion oder Gefühlslage ist in seinem Blick. „Nun, hör mir genau zu!"

Zwischen Himmel und HölleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt