Ich Wollte Das Nicht

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Mia

"Amanda", hauche ich und schlucke. Erkennt sie mich wieder?

Weiß sie noch, wer ich bin und was ich getan habe?

Ihr Blick ist im ersten Moment verwundert, woher ich ihren Namen weiß, doch dann weiten sich ihre Pupillen und ihr Blick wird eisern und hart.
"Mia." Meinen Namen aus ihrem Mund zu hören, klingt wie eine Beleidigung. Sie spricht ihn aus, als wäre ich ein flüchtiges Experiment oder Massenmörder.
"Ich ...", fange ich an, doch werde von ihr zur Seite geschoben. Was ist denn mit ihr los? Wir sind doch im Guten auseinander gegangen, oder habe ich ihr, etwas auf ihrer Hochzeit getan? Vielleicht, weil ich nicht geblieben bin?
"Geh mir aus dem Weg. Oder hast du auf der Toilette den nächsten vergebenen Mann gevögelt?"

Was?!

Verwirrt sehe ich ihr nach und schlucke. Was war das denn gerade? Und welchen vergebenen Mann soll ich gevögelt haben? Sicher war das eine Anspielung auf Sebastian, aber ... wenn sie hier ist, dann ...

Sofort sehe ich mich panisch um. Hat er etwa auch in dem Film mitgespielt?! Scheiße, ich muss hier so schnell wie möglich weg! Versucht, ruhig zu bleiben, mache ich mich auf dem Weg zu unserem Tisch und tippe Toms Schulter an. Eigentlich könnte ich mich auch davonschleichen. Er ist so beschäftigt mit der Gala und der Preisauslese, dass er es nicht bemerken würde, würde ich ihm jetzt schreiben, dass ich bereits Zuhause bin.
"Hey, sorry ich war noch auf der Toilette, sind wir mit allem durch?" Er schüttelt den Kopf und nimmt mir die Hoffnung, auf mein Bett und nickend setze ich mich neben ihn. Dachte ich mir schon fast. "Okay, ich dachte schon, ich hätte alles verpasst", lüge ich und sehe zu ihm. 
"Im Gegenteil. Ich habe über etwas nachgedacht." Oh nein, immer, wenn er das sagt, kommt er mit einer blöden Idee um die Ecke. 
"Nachgedacht? Worüber?" Bevor er weiterreden kann, werden wir unterbrochen und leise verfluche ich sie. 
"Und der Gewinner ist, Tom Ellis!", ruft die Frau von der Bühne und ich sehe zu ihr. 
"Spiel einfach mit." Schnell küsst er meine Wange, dann steht er auf und läuft zur Bühne hoch. Mitspielen? Bei was mitspielen? Der Typ hat doch schon wieder etwas geplant. Er schüttelt die Hand der Frau, dann umarmt er sie kurz. "Als erstes, bevor ich hier irgendwem Zusprüche zuwerfe, muss ich einer ganz bestimmten Person danken. Meiner Freundin, Mia Diaz." Was?! "Danke, Baby, dass du mich immer unterstützt hast." Das Licht fällt auf mich und erschrocken weite ich die Augen, ehe er mich zu sich winkt und ich seufzend aufstehe. Er bringt mich immer wieder in Situationen, in denen ich nicht weiß, wie ich reagieren soll. Schlagen könnte ich ihn dafür, schlagen!
"Idiot", murmle ich leise, als ich zu ihm hochlaufe und er den Arm um mich legt. 
"Wow, seht euch an, wie schön sie heute wieder ist. Wie hätte ich den Preis für den besten Detectiv da nicht bekommen können, wenn ich so eine schöne Frau finden konnte?!" Die Leute jubeln und auch ich muss grinsen.
Solch ein Spinner. Aber das liebe ich an ihm. Er bringt mich immer zum Lachen, selbst jetzt, wo ich sauer auf ihn sein wollte und eigentlich nach Hause wollte, weil das Gespräch mit Chris noch immer in meinem Kopf herumschwirrt. Auch die Gefahr, dass Sebastian hier sein könnte, spukt in meinem Hirn. Er ist wie Anthony, beide müssen immer in unpassenden Momenten einen dummen Spruch bringen. Fuck, ich vergleiche ihn schon wieder mit den vergangenen Freunden aus Boston. Nicht gut. 

"Danke, Tom", sage ich und strahlend sieht er mich an. "Ich habe dir gern geholfen."
"Wie konnte ich mich nicht schon früher in dich verlieben?" Seine Hand an meinem Rücken rutscht in mein Haar und sanft, aber verlangend küsst er mich. Er küsst mich vor zusehender Menge und vor all den Leuten! Jetzt dürfte morgen was weiß ich in der Presse stehen und überall wird sie lauern! Ich will meine Arbeit ohne diese dummen Fotografen und Menschen machen. Verflucht, Tom. Dein Platzhirsch geht mir auf die Nüsse. 
"Ich warte unten auf dich, Detictiv." Ich zwinkere ihm böse zu und laufe wieder zum Tisch, wo mich seine Mutter strahlend empfängt. Scheiße, jetzt geht das los. Falsch lächle ich und sehe sie an. Es dauert keine zwei Sekunden, dann fängt sie an mit ihrer Leier über Tom und unserer Beziehung, die wir geheim gehalten haben. Eine Beziehung, die wir nie geführt haben.

Wütend steige ich aus der Limo aus und schlage die Tür hinter mir zu, ohne auch nur auf Tom zu warten und öffne mit der Chipkarte die Eingangstür des Hotels. Mehr schlecht als recht, öffnen sich die schweren Glastüren und lassen mich eintreten. Ich bin sowas von geladen, sowas von sauer auf diesen verflucht, gutaussehenden Mann, der mich vor laufender Mannschaft zu seiner Freundin erklärte! 
"Mia, jetzt warte!"
"Nein!", rufe ich, doch er dürfte es nicht gehört haben. Schnell allerdings holt er zu mir auf und steht neben mir, als ich auf den Aufzug warte. Wieso muss er auch so lange Beine haben? 
"Mia, ich-"
"Rede nicht", unterbreche ich ihn nicht minder wütend. "Sag einfach ... gar nichts mehr, Tom. Du hast mich vor versammelter Mannschaft zu deiner Freundin erklärt und mich unvorbereitet in die Situation laufen lassen!" Auf die Situation hätte ich mich, egal wann er es gesagt hätte, niemals vorbereiten können. 
"Was ist denn daran so schlimm? Ich habe der Presse etwas zum Reden gegeben, und?" Die Türen öffnen sich und ich steige ein. Sofort öffne ich meine Schuhe und steige aus den riesen Absatzkillern. Nur zu gerne würde ich ihn laufen lassen aber ich bin ja kein Unmensch. 
"Und!? Ich werde meine Arbeit nicht mehr in Ruhe machen können, egal wo ich jetzt hingehe, egal wo der Auftrag ist, die Presse wird lungern und lauern und mich verspeisen! Das ist nichts, was ich für gut empfinde! Einige meiner Kunden legen Wert auf Datenschutz und Privatsphäre, wie soll ich das jetzt noch gewähren?!"
"Und warum?" Er stellt sich neben mich und sieht mich an, als ich auf den Knopf drücke. "Weil du angst hast, er könnte es sehen?" Falsche Antwort. Sofort sehe ich zu ihm und bin bereit, den Absatz meiner Schuhe in seinen Hals zu rammen. 
"Du hast keine Ahnung, Tom. Von nichts. Also rede nicht von ihm, als würdest du ihn kennen."
"Ich kenne-"
"Du kennst ihn nicht!" Im dritten Stock hält der Fahrstuhl an und ich wollte schon rauslaufen, da zieht Tom mich zurück und zeigt auf die Drei. Als der Fahrstuhl sich öffnet, tritt Anthony ein und meine Kinnlade fällt runter. Was machen sie in diesem Hotel?! Ich fliehe in mein Apartment und was sehe ich da? Meine Vergangenheit holt mich selbst im Hotel ein. Grandios
"Wow. Tolle Auswahl des Hotels", murmle ich und mit seinem Bier stellt er sich neben Tom. Die Türen schließen sich wieder und wir fahren nach oben. 
"Sie ist ganz schön ruhig", sagt Anthony nach wenigen Sekunden voller Stille. Er kennt mich zu gut und mein linker Mundwinkel zuckt. 
"Sie ist angepisst." 
"Dumme Situation, Kollege. Das darfst du jetzt die ganze Nacht aushalten." Zwölfter Stock und wieder halten wir. 
"Ich weiß", murmelt Tom nur und seufzt. 
"Hier." Mackie drückt mir sein Bier in die Hand und zwinkert Tom zu. "Das sollte sie beruhigen. Und am Besten noch eine Salamipizza mit Käserand. Wenn's dann nicht besser ist, hast du wirklich verkackt", sind seine letzten Worte, dann verlässt er den Fahrstuhl und hebt die Hand zum Abschied. "Gute Nacht, kleines Mädchen aus Boston."
"Er scheint dich gut zu kennen."
"Wir sind ... waren mal gute Freunde", erkläre ich ihm und trinke einen Schluck aus dem Bier. 
"Also. Reden wir jetzt miteinander über die Sache oder bleibst du weiter wütend?"
"Du kannst froh sein, dass das mein Lieblingsbier ist. Sonst hätte ich dich vielleicht noch verprügelt." Er lacht und küsst meine Schläfe. 
"Ich werde morgen bei der Presse anrufen und klarstellen-"
"Nein", unterbreche ich ihn und steige aus, als der Fahrstuhl in unserem Apartment hält. "Ist schon okay. Ein bisschen Drama um dein Liebesleben ist schon okay."

Herbstregen -Sebastian Stan / Chris Evans Buch2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt