Spanien

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Mia

"Du siehst nicht gut aus", ist alles was er sagt, als ich hinter mir die Tür schließe. 

Er verschwindet für sechs Wochen und alles was er zu sagen hat, ist Du siehst nicht gut aus ?? Keine Ahnung, wie sehr ihn die Hitze verbrannt hat, aber von der ohnehin schon wenigen Gehirnmasse, ist nichts mehr übrig!

"Ist das alles, was du zu sagen hast?", schlucke ich. "Du siehst nicht gut aus?" Starr sehe ich ihn an und halte den Blickkontakt. In einer Jeans und grauem Strickpullover, macht er es sich ganz einfach. Normal schafft er es immer, mich mit seinen Blicken zu brechen, doch heute bin ich so wütend, dass es mir egal ist, wenn er in meine Seele sehen würde. Dass es mir egal ist, dass er mich nackt und ungeschützt sieht, dabei meine Seele missbrauchen könnte. Doch er senkt den Kopf und seufzt. Er hat seine Haare geschnitten und auch sein Bart ist etwas kürzer, als hätte er ihn vor fünf Tagen komplett abrasiert. Etwas ist allgemein anders an ihm, oder bilde ich mir das nur ein um ihm etwas vorwerfen zu können?
"Pass auf, Mia, ich ... Als ich gegangen bin, brauchte ich eine Auszeit. Ich wusste, dass Tom kommt und ich wollte dir Zeit lassen, dich von ihm zu verabschieden, so wie es sich gehört und-"
"Da fliegt man dann einfach mal sechs Wochen in den Urlaub und lässt sich die Wampe sonnen, sicher. Habe verstanden. Du sagst, du willst mich für dich alleine und ... verpisst dich dann einfach und ich mache die Hölle hier durch, weil niemand weiß, wo du bist!" Ich unterbreche ihn und rede mich dabei völlig in Rage. Etwas, was ich sehr gut kann. 
"Kommt dir das nicht bekannt vor?" Warte, Moment mal!
"Ist das dein scheiß ernst?!" Ich laufe vor ihn und verpasse ihm einen heftigen Stoß, sodass er einige Schritte zurückweicht. "Ich habe meinen Fehler eingesehen! Ich habe mich ... für dich entschieden, ich habe die Hölle in meinem Kopf durchgemacht und alles was du dazu zu sagen hast, ist - Kommt dir das nicht bekannt vor- ?! Du bist ein verdammtes Kind, Sebastian!" Etwas entsetzt sieht er mich kurz an, fasst sich dann aber schnell wieder und senkt die Augenbrauen. Worauf ist er denn jetzt bitte sauer?! Worauf! "Ich bin ... krank vor Sorge geworden und es interessiert dich nicht einmal, weil dein persönlicher Rachezug dir wichtiger ist. Gerade bezweifle ich, ob ich mich für das Richtige entschieden habe."
"Wow." Mehr sagt er nicht, aber sein Blick spricht Bände. "Ich glaube, ich habe dich ... noch nie so wütend gesehen." Du hast mich noch nie wütend gesehen, du Vollidiot. Meine Augenwinkel brennen verdächtig und schluckend drehe ich kurz den Blick von ihm und starre aus dem Fenster. Nach nur wenigen Sekunden sehe ich ihn wieder an und blinzle mehrmals. Das hat doch alles keinen Sinn ...
"Es hat mich auch noch keiner so verletzt, wie du!"
"Dabei mache ich gar nichts!?"
"Genau da! ... haben wir das Problem." Ich drehe mich schnell um, bevor die aufkommenden Tränen über mein Gesicht laufen. 

Eigentlich dachte ich, ich hätte - oder würde mich zumindest auf dem richtigen Weg befinden. Aber scheinbar habe ich mich wieder nur geirrt. Er war ... die ganze Zeit aufmerksam und liebevoll und plötzlich haut er einfach so nach Spanien ab? Das ist unverständlich und untypisch, solche Aktionen sind verhaltenssuspekt und auch nicht seine Art. Irgendwas muss vorgefallen sein, passiert sein oder ... vielleicht gibt es da eine andere Frau. Vielleicht wollte er mich wirklich testen oder ... verflucht, ich weiß einfach gar nichts mehr. Ich habe keine Ahnung, wie ich mich fühlen soll, wie ich mit all dem umgehen soll, wie ich ... mich verhalten soll. Ich weiß nur, dass ich ihn vermisst habe und selbst jetzt noch mehr als alles andere auf der Welt liebe. Meine Liebe zu ihm wird jeden Tag auf die Probe gestellt. Entweder will jemand nicht, dass wir zusammen sind oder testet, wie viel wir standhalten und will mir zeigen, dass kämpfen immer eine Option. Aber was ist richtig und was falsch, wenn man nicht weiß, wo man steht?
"Du machst mir seit zehn Minuten Vorwürfe, dass ich in Spanien war, aber du hast nicht einmal gefragt, warum." Ich spüre, wie er mir näher kommt, doch zucke unter der Berührung seiner Hand auf meiner Schulter, zusammen. 
"Du bist abgehauen, weil du es mir heimzahlen wolltest, welchen Grund sollte es sonst geben?!" Wieder drehe ich mich um und stoße ihn von mir. Er macht mich so unglaublich wütend! Weiß er denn überhaupt nicht, wie verletzend seine Worte sein können? Wie tief seine unüberlegten Handlungen schneiden? Wie weh er mir damit getan hat?
"Nein, bin ich nicht." Vorsichtig greift er nach meinen Handgelenken und seine Brührungen entfachen ein Feuer in mir, dass meine Seele entzündet. "Ich liebe dich, Mia. Ich bin nicht gegangen, um mich zu rächen. Nicht an dir. Die ersten drei Tage war ich Zuhause und habe Nachforschungen betrieben. Ich wollte wissen, wer Evgenia wirklich ist." Bei ihrem Namen schnürt sich meine Kehle zu und jeglicher Sauerstoff wird von meiner Lunge verwehrt. "Diese Sache mit dem Baby, ich habe es ihr von Anfang an nicht geglaubt. Sie ist nach Spanien abgehauen. In eine Kinderwunschklinik. Das Kind kann nicht von mir sein. Ich habe sie zur Rede gestellt und ihr gesagt, dass wenn sie dir noch einmal zu nahe kommt, ich mich vergessen werde und ihr heimzahlen werde, was sie dir angetan hat. Sie hat direkt angefangen davon zu reden, was du damals angeblich gemacht hast, aber ich wollte es nicht wissen. Hörst du Mia? Ich habe das gesagt, weil es mich nicht interessiert, weil ich dich liebe. Dich und sonst keine."
"Ach und das dauert sechs Wochen?!" Ist alles, was mir einfällt. 
"Lass mich ausreden, du kleine Ziege, sonst lege ich dich unten und vor allen übers Knie." Sein dummer Spruch zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Schnell schlucke ich es wieder weg, er soll wissen, dass ich sauer bin. "Ich habe eine Ferienwohnung gekauft. Viel mehr ein Ferienhaus. Für uns alle. Am Meer." Er hat was? Ich hebe eine Augenbraue, weil ich ihm einfach nicht glaube und genervt stöhnend, verdreht er die Augen. "Hier. Du glaubst mir ja nicht anders." Sebastian zieht sein Geldbeutel aus der Hosentasche und zieht einen Zettel heraus.
"Hör auf damit", sage ich und schiebe den Zettel von mir. "Wenn das alles stimmt, warum hast du mir nichts gesagt? Jeder hat sich Sorgen gemacht, sogar Laura."
"Ich habe mein Handy verloren und ... eigentlich wusste Anthony auch von Anfang an bescheid und wir waren in Email Kontakt."
"Mackie sagte, er wüsste nicht wo du bist."
"Ja, das stimmt auch", lacht er und zieht mich an meinen Wangen wieder zu sich. "Er wusste nicht, wo ich bin. Aber hättest du ihn gefragt, was ich mache, wüsste er das."
"Ich hasse euch!" Erneut stoße ich ihn von mir. "Ich hab mir solche Gedanken gemacht! Ob du mich hasst, dich umentschieden hast, du kneifst-"
"Mia, Mia, stopp." Er legt eine Hand auf meinen Mund und lacht leise. "Ich würde niemals, niemals einen Rückzieher von dir machen. Du bist alles, was ich will, was ich je wollte. Wieso ... denkst du so eine verquirlte Scheiße?" Erwartungsvoll sieht er mich an und wartet auf eine Antwort, ich sehe allerdings nur kurz auf seine Hand und räuspernd nimmt er sie von mir. 
"Weil ich immer nur jemand war, den man ersetzen konnte. Wieso hast du überhaupt ein Haus gekauft, bist du wahnsinnig?!" 
"Oh ja, und zwar nach dir", brummt er leicht genervt von meinen Worten, zieht mich an meinem Gesicht wieder zu sich und legt seine Lippen auf meine. Seufzend gebe ich nach und lege meine Hände an seine Brust. Ihn wieder zu fühlen tut so gut und das Gefühl von Glück durchströmt meine Venen. Gerade war ich noch so wütend auf ihn und jetzt ist einfach alles vergessen. 
"Du solltest das nicht tun", sage ich und schiebe ihn von mir. "Ich bin immer noch krank." 
"Chris hat mir alles gesagt. Wie hast du dir sowas einfangen können?"
"Keine Ahnung. Frag mich was leichteres." Müde lege ich meine Stirn an seiner Brust ab und schließe meine Augen. Dieser ganze ... sinnlose Streit hat mich so unglaublich müde gemacht. 
"Du hast mir gefehlt", vernehme ich seine Stimme an meinem Ohr und beschützend legen sich seine Arme um meinen Körper. 
"Halt die Klappe, du wusstest die ganze Zeit, wo ich bin und hättest nur nach Hause kommen müssen. Aber das war sich der Herr ja zu fein."
"Bitte was?", lachend schiebt er mich von sich und küsst meine Stirn. "Hast du das mit Tom lösen können?"
"Ja, sicher. Schon in der Nacht, als du verschwunden bist. Wir haben uns auf Freundschaft geeinigt und das funktioniert sogar ganz super. Seine Töchter rufen mich ab und zu noch gerne an, aber sie verstehen das auch und seine Serie läuft auch super. Er wird noch circa drei Monate in Boston sein, dann wird er zurück nach Chicago fliegen, um dort den Dreh seines Filmes zu beginnen."
"Interessant", sagt er nur in einer abwertenden Stimme.
"Bist ... du eifersüchtig, auf einen Mann, den ich abgeschrieben habe, für dich?"
"Nein. Du nimmst jetzt deine Medikation und versuchst etwas zu essen, in der Zeit gehe ich duschen und danach gehen wir schlafen, ich habe eine Überraschung für dich morgen."
"Kannst du vergessen", sage ich, löse mich von ihm und laufe auf mein Bett zu, wo Chris meine Tasche abgestellt hat und nehme die orangene Dose heraus. "Ich bekomme nichts runter, was ich kauen muss. Trinken funktioniert gerade so und die Schmerzen lassen mich auch kaum schlafen."
"Dann versuch wenigstens eine Suppe." Von hinten umarmt er mich und schlingt seine Arme fest, aber nicht zu fest, um mich und küsst meinen Hinterkopf, bevor er sein Kinn auf meiner Schulter ablegt und meine Wange küsst. 
"Ich möchte nichts essen, wirklich nicht. Morgen früh versuche ich es gerne, aber jetzt nicht."
"Okay, dann ... siehst du mir eben beim Duschen zu."
"DU warst sechs Wochen verschwunden und alles was du mir vor die Nase legst, ist die zuzuschauen, wie du nackt ... unter die Dusche steigst?!" Ich drehe mich zu ihm um und sehe ihn vorwurfsvoll an. Zuerst studiert er meinen Blick, dann fängt er an zu lachen und legt seinen linken Arm um mich, mit dem er mich an sich drückt. Mit der rechten Hand streift er meine Haare hinters Ohr und hält den Blickkontakt. 

Das Blau in seinen Augen ist wie ein Hafen, der mich davor bewahrt, ruhelos ins Meer zu treiben. Und auch wenn ich ihn manchmal erschlagen könnte, weil er eine dumme Sache der anderen macht, bin ich mir sicher, dass wir ewig sind. Dass er und ich das werden, was wir schon immer sein wollten. 
"Ach, wo wir gerade bei Tom sind, er kommt morgen Mittag zum Essen."
"Ich gehe alleine duschen", seufzt er, löst sich von mir und lässt mich einfach stehen, während er ins Badezimmer läuft. 

Er ist wirklich eifersüchtig auf Tom, ich fass es nicht. 


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Hallo Freunde, 

es geht mal wieder aufs Ende eines Buches zu. Es kommt jetzt noch ein Kapitel und dann ist schon vorbei. 

Aber ich wäre nicht ich, würde ich nicht bereits an Teil 3 schreiben. Es wird Wintersturm heißen und es wird feurig werden. Das Cover ist auch schon fertig, wenn ihr es sehen wollt, stelle ich es mit dem letzten Kapitel online. 

Bis zum nächsten Kapitel <3

Herbstregen -Sebastian Stan / Chris Evans Buch2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt