22. Kapitel

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Langsam öffnete ich meine Augen und befand mich in meinem alten Kinderzimmer. Die schäbigen Decke und das helle Licht was hinein schien. Bin ich tot?
Ich setzte mich langsam auf und spürte einen Verband an meinem Bein. Genau da wo der Pfeil mich getroffen hatte. Aber sonst hatte ich keine großen Wunden.
Ich versuchte aufzustehen, doch klappte sofort wieder zusammen. Mit großer Mühe kletterte ich wieder auf die Bettkante. Warum bin ich zuhause?
Die Erinnerungen prasselten auf mich ein. Die Schlacht und unsere Niederlage, die leblosen Körper von den anderen Drachenreitern die in die Tiefe fielen und ihre Drachen, die schmerzhaft brüllten und in die Wolken verschwanden. Ich spürte eine unglaubliche Leere in mir. Das einzige was mir blieb war meine Familie und Aroa. Wo ist Aroa? Ich versuchte erneut auf zustehen und diesmal klappte es obwohl ich ein wenig wackelig auf den Beinen stand.
Auf einem Stuhl neben der Tür lag meine Rüstung und meine Waffen.
Langsam ging ich aus meinem Zimmer. Ich hatte nur ein weißes Nachthemd an. In der Küche fand ich meine Mutter die gerade kochte.
Sie hörte mich und drehte sich zu mir um. "Xenia! Du sollst im Bett bleiben!", rief sie und lief zu mir.
"Nein alles gut. Mir geht's gut. Aber wie geht's Aroa?", fragte ich und meine Mutter antwortete: "Deiner Drachin geht es gut. Sie hat bereits ein Schwein gefressen und ihre Wunden heilen gut."
Ich atmete erleichtert aus. "Ich muss sie sehen", meinte ich und meine Mutter hielt mich auf.
"Zieh dir erstmal was an und dann ess etwas von der Suppe, damit du gestärkt bist und dann kannst du sie sehen", antwortete sie und ich nickte. Meine Mutter half mir beim Anziehen. Ich steckte mir den Drachenreiterring wieder an den Ringfinger und schwor mir in den Gedanken ihn nie wieder abzulegen bis ich mich gerächt habe.
Dann ging ich nach draußen. Ein wunderschönes Spätsommerwetter empfing mich. Meine zwei Geschwister fütterten gerade die Hühner auf dem Hof. Mein Bruder war wieder gesund.
Auf dem Tisch neben dem Hühnerstall lag der Sattel und das Zaumzeug von Aroa.
Ich entdeckte Aroa auf der großen Wiese neben unserem Bauernhof. Erfreut lief ich zu ihr.
"Hey Aroa", grüßte ich sie und Aroa grummelte erfreut, als sie mich sah.
Ich schaute rasch nach ihren Wunden. Tatsächlich waren sie schon gut verheilt. Meine Mutter tauchte neben mir auf, natürlich mit einem großen Abstand zu Aroa.
"Wie lange habe ich geschlafen?", fragte ich sie.
"Zwei Tage. Was ist überhaupt passiert?"
"Die Einhornarmee hat mit der gesamten Wehrmacht des Flyland angegriffen. Wir konnten sie nicht aufhalten. Die gesamte Wehrmacht unseres Landes und alle anderen Drachenreiter sind tot. Der Süden ist bereits eingenommen aber ich glaube nach Norden kommen sie nicht. Hier oben ist kein Wert für sie. Aber wenn sie kommen müssen wir vorbereitet sein", erzählte ich und strich Aroa über die Nüstern. Meine Mutter war sichtlich geschockt.
"Wir müssen die Dörfer des Nordens zusammen schließen", fügte ich hinzu.
Ich ging zurück in mein Zimmer und steckte meine zwei Schwerter in meinen Gürtel.
Die Rüstung brauchte ich nicht.
Dann machte ich mich auf den Weg zum Dorf.
Die Leute schauten mich an. Selbstbewusst ging ich zum Hauptgebäude.
Die Dorfältesten waren die sogenannten Dorfanführer.
Einer war anwesend. Ich berichtete über die Lage des Südens und über meinen Plan, den Norden vom Süden abzukapseln und uns auf einen Kampf vorzubereiten. Der Mann stimmte mir sofort zu.
In den nächsten Tagen wurden Botschafter in die umliegenden Dörfer geschickt, um sie zu benachrichtigen. Alle sagten zu, dass sie sich verbünden wollen. Meine Wunde am Bein war gut verheilt. Übrig blieb noch eine Narbe. Aroa ging es auch wieder gut.
Ich machte mir Sorgen um die anderen Drachen. Wo sind sie? Und vorallem geht es ihnen gut? Das Wetter neigte sich langsam zum Herbst. Paar Bäume wurden bereits gelb und rot. Bisher hat noch niemand die Einhörner gesehen. Anscheinend blieben sie im Süden, wie ich es vermutet hatte.
Ich half beim Ausbau des Dorfes. Ein paar neue Häuser aus Holz wurden errichtet. Immer wieder musste ich an Lian denken. Hat er es geschafft? Aber wahrscheinlich war er tot, was mich traurig machte.
Eines Tages riefen mich die Dorfältesten zu sich.
"Mylady, weiter im Norden von Marland gibt es ein paar Barbarenstämme. Sie sind an sich ruhig und haben keine Interesse am Süden. Aber sie könnten uns nützlich sein falls es zum Kampf kommt. Wir sollten daran denken uns mit ihnen zu verbünden", erklärte mir ein Mann.
Ich nickte.
"Wir möchten außerdem dass Sie, Mylady, mit in unseren Rat sitzen und die Leitung übernehmen. Sozusagen als Wächterin des Nordens", sagte ein anderer. Ich schaute ihn verblüfft an.
"Wächterin des Nordens?", fragte ich nach.
"Ja. Sie haben am meisten Erfahrung was die Führung von einem großen Volk angeht, wir stehen Ihnen zur Seite als Berater", antwortete einer der Ältesten.
"Ich fühle mich geehrt. Vielen Dank. Ich nehme das Angebot an", meinte ich. Ich die Wächterin des Nordens?? Halleluja. Ich hatte doch noch gar nicht so viel Erfahrung im Anführen. Aber schlechte Zeiten fordern viel.
"Sehr gut. Heute Abend gibt es ein Volksfest. Alle umliegenden Dörfer wurden eingeladen und bisher gibt es keine Absagen. Dann feiern wir ihren Aufstieg", beschlossen die Ältesten.
Die Vorbereitungen im Dorf liefen auf Hochtouren. Bier wurde in Fäsern abgeschleppt und Tische wurden aufgestellt. Gegen Abend kamen die ersten Menschen aus den anderen Dörfern.
Ich flog mit Aroa am Himmel und überwachte das Geschehen.
Mittlerweile flog ich immer ohne Sattel und Zaumzeug. So ging es schneller.
Nach einer Weile landete ich wieder und ließ Aroa ihre Ruhe haben. Sie hob ab und verschwand im Himmel.
Mit meiner Familie ging ich zum Fest. Trommeln und Rasseln machten Musik und Fackeln ließen den Marktplatz aufleuchten.
Überall wurde gelacht. Immerwieder wurde ich von den anderen Menschen aus den Dörfern gegrüßt.
Mein Weg führte zu den Ältesten die auf einer kleinen Bühne saßen. Als sie mich kommen sahen, standen sie auf.
Die Musik verstummte und das Gelächter auch. Alle schauten zu der Bühne.
"Auf die Wächterin des Nordens! Xenia Nakamuro!", rief einer der Dorfältesten und hob seinen Becher.
Alle machten es ihm nach. Dann tranken sie ein paar Schlücke und fingen an zu jubeln.
Sie brüllten immer wieder: "Ein Hoch auf die Wächterin des Nordens!"
Mich erfüllte ein unglaubliches Gefühl von Stolz und Macht. Ich hob ebenfalls mein Becher und rief: "Auf euch! Das Volk des Nordens!"
Plötzlich hörte man Drachenkreischen. Alle zuckten zusammen und starrten in den Himmel.

Die DrachenköniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt