25.Kapitel

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Es wurde Abend. Ich machte gerade meinen abendlichen Rundgang im Dorf als Khal Sverrir zu mir kam.
"Khal Sverrir", grüßte ich ihn und er nickte.
"Wächterin des Nordens, auf ein Wort."
Wir setzten unseren Weg zusammen fort.
"Eure Männer sind stark und sehr robust. Sie machen gute Fortschritte", erzählte Khal Sverrir.
"Das freut mich."
"Hast du eigentlich einen Vornamen wenn ich fragen darf?", wollte ich wissen.
"Nein. Mein Name ist Khal Sverrir oder nur Sverrir", sagte er.
Eine Gestalt näherte sich uns. Es war Lian.
"Hi Lian. Geht's dir wieder besser?", fragte ich ihn.
"Ja danke. Deine Mutter macht echt eine gute Suppe", antwortete er.
Sverrir und Lian musterten sich erneut. Was ist denn bei denen los? Deren Musterung sieht aus als würden sie sich gegenseitig einschätzen bevor der Kampf losgeht.
"Wir reden später okay?", sagte ich zu Lian, der nickte.
Sverrir und ich gingen weiter. Eine Wind fegte über die Felder. Khal Sverrir atmete tief ein und ich schaute ihn an.
Bevor ich was sagen konnte, fragte er: "Riechst du das auch?"
"Was?" Ich sog die Luft ein aber roch nur einen typischen Herbstgeruch.
"Da sind fremde im Wald. Komm", meinte Sverrir und ich schaute ihn verwirrt an. Hat er das allein durchs Riechen festgestellt?
Wir gingen schnellen Schrittes zum Waldrand. Der Häuptling zog seine Äxte und schlich voran gegen den Wind.
Ich zog ebenfalls meine zwei Schwerter und schlich ihm hinterher. Sverrir wusste genau wo er hin muss. Nach ein paar Metern sahen wir vier Männer. Sie machten gerade eine Pause an einem Baumstamm. Eindeutig waren es keine aus dem Norden. Es waren welche von der Einhornarmee. Allerdings waren es nicht die Reiter. Sverrir gab mir ein Zeichen und wir griffen an. Die Männer waren nicht vorbereitet, weshalb wir sie schnell überwältigt hatten. Sie lagen mit offenen Kehlen auf dem Waldboden.
"Das sind welche von der Einhornarmee", meinte ich besorgt. Sverrir nickte.
"Ich hoffe, dass sie bisher noch kein Dorf entdeckt haben. Sonst schicken sie ihre Einhörner und das wird dann schwierig", fügte ich hinzu.
Sverrir drehte sich zu mir. "Warum schwierig. Du bist die Wächterin des Nordens und die Drachenkönigin. Du besitzt fünf Drachen. Keiner kann damit mithalten", sagte er und nahm meine Hände in seine. Sie waren warm und unglaublich stark. "Und falls diese Südlinge angreifen sollten, sind meine Männer und ich zur Stelle", fügte Khal Sverrir hinzu.
Ich schaute ihm in die Augen. Seit wann sind Barbaren so nett?
"Danke", flüsterte ich. Wir gruben die Leichen in den Waldboden, sodass sie nicht mehr zu sehen waren.
Khal Sverrir meinte: "Stell dir vor. Du, die Wächterin des Nordens und Drachenkönigin, und ich, der Häuptling der Barbaren könnten die mächtigste Macht bilden die die Welt je gesehen hat. Wir üben Rache an den Südlingen und erobern das Land zurück."
Ein Rachegefühl strömte in mich hinein. Wie gerne ich alle von Flyland töten würde.
Ich brachte Khal Sverrir zurück zu seiner Hütte.
Dann ging ich zurück zu mir nach Hause wo bereits Lian auf mich wartete.
Als ich ihn sah, musste ich an alles denken was ich mit ihm erlebt hatte.
"Hi Xenia", grüßte er mich. Ich lächelte ihn an.

Sicht von Lian

Xenia lächelte mich an. Aber es war nicht das gleiche Lächeln, was ich in Erinnerung hatte und ich mir die ganze Zeit vor Augen hielt um nicht drauf zu gehen. Sie lächelt nun viel selbstbewusster und reifer. Xenia ist zu einer unglaublich starken jungen Frau heran gewachsen. Mit ihren schwarzen langen Haaren, die schön geflochten sind, mit ihren wunderschönen Augen, die strahlten und funkelten, und mit ihrer Kleidung sah sie perfekt aus wie die Wächterin des Nordens. Kein Wunder dass dieser Barbaren Häuptling ein Auge auf sie geworfen hatte.
"Wollen wir eine Runde gehen?", fragte ich und sie nickte.
Ich war mir unsicher wie ich mich verhalten sollte, weil das letzte Mal wo ich mit ihr geredet hatte, hatten wir Streit und sie wollte mich nicht mehr sehen. Wie denkt sie jetzt darüber?
"Wie geht's dir?", wollte sie wissen.
"Mein Körper ist noch ein wenig strapaziert von der wochenlangen Flucht aber sonst geht es mir gut. Deine Mutter ist echt nett."
"Meine Mutter behandelt die Menschen so wie sie sie behandeln. Sie hält nichts von Vorurteilen. Aber ich glaube sie mag dich."
Ich musste lächeln.
"Und wie geht's dir?", fragte ich.
"Als Wächterin des Nordens lastet ein wenig mehr Verantwortung auf mir aber es geht. Das Bündnis mit allen Dörfern im Norden und mit dem Barbarenstamm hat auch geklappt und somit sind wir ein vereinter Norden", erzählt Xenia. Das erklärt auch warum dieser Häuptling hier im Dorf ist.
"Wie heißt eigentlich dieser Barbaren Häuptling?", wollte ich wissen.
"Khal Sverrir." In ihrer Stimme schwang ein leiser Unterton mit. Was hat der zu bedeuten?
"Die Barbaren reisen morgen wieder ab. Könntest du das Kampftraining übernehmen? Immerhin weißt du wie das geht. Vielleicht könntest du auch in der Schmiede oder beim Handwerk helfen. Was sagst du?", fragte Xenia. Ich fühlte mich ein wenig gekränkt, weil sie mich so abschiebt. Aber dann verstand ich, dass sie sich verändert hat und das Dorf leiten musste. Und ich war ihr eine große Hilfe.
"Klar. Ich helfe gerne", antwortete ich und Xenia lächelte. "Danke, Lian."
Wir beendeten unseren Rundgang.
Ich durfte bei ihr Zuhause schlafen. Doch Xenia kam nicht mit rein, sondern verließ den Bauernhof wieder.
Wo wollte sie wieder hin?

Sicht von Xenia

Ich machte mich auf den Weg zu Khal Sverrir, denn ich wollte ihm noch eine gute Reise wünschen.
Also trat ich vorsichtig in seine Hütte ein.
"Khal Sverrir? Störe ich?", fragte ich.
Im Raum saß Sverrir oberkörperfrei auf einem Stuhl und schleifte sein Schwert.
"Wächterin des Nordens. Nein, komm rein", sagte er und ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen. Mein Blick fiel seinen Oberkörper. Seinen muskulösen Oberkörper. Er war noch muskulöser als Lians Oberkörper und vorallem breiter. Kurz wurde mir warm ums Herz. Dieser Körper machte mich an. Sverrir legte sein Schwert weg und lehnte sich zurück.
"Was gibt es?", fragte er und ich sagte: "Ich wollte dich nur verabschieden und euch eine gute Reise wünschen. Immerhin wollt ihr morgen schon im Morgengrauen los."
"Danke. Falls es Probleme geben sollte, sind wir da", meinte er und ich nickte dankend.
Dann verließ ich wieder seine Hütte. Draußen traf ich einen seiner Leute. "Wächterin des Nordens?", fragte er.
"Ja?"
Der Barbar stellte sich als Halvar vor.
"Ich weiß nicht was ihr mit Khal Sverrir angestellt habt, aber unser Häuptling ist euch verfallen. Viele aus unserem Stamm misstrauen euch deswegen. Es ist noch nie passiert, dass ein Häuptling einer Frau von außerhalb verfallen ist. Bei uns wird das Wort Liebe klein geschrieben und hat kaum Bedeutung", erzählte er leise. Ich schluckte kaum merklich.
"Ich wollte Euch nur warnen. Es freut mich dass unser Häuptling eine Erwählte hat, allerdings wird von ihm verlangt eine Frau aus unserem Stamm zu nehmen", fügte Halvar hinzu.
"Danke für die Warnung. Ich wünsche euch allen eine gute Heimreise."
Dann ging ich.

Die DrachenköniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt