Vertrauen?

91 9 2
                                    

Fynn öffnete die Augen und setzte sich langsam auf. Er lag in einem Bett, aber das hier war nicht sein Zimmer. Das hier war auch nicht sein Bett. Er rieb sich die Augen und schaute sich um. Das war das Zimmer von Cassandra und das hier war ihr Bett.
Was machte er in Cassandras Bett?
Die Erinnerungen an den gestrigen Abend waren verschwommen. Er war zu Cassandra gegangen, weil sie ihm etwas zeigen wollte. Sein Blick fiel auf Cassandras Schreibtisch. Auf diesem lagen einige Notizbücher. Jetzt fiel es ihm wieder ein. Cassandra hatte ihm die Tagebücher ihres Großvaters gezeigt und es hatten einige Seiten gefehlt. Fynn schwang die Beine über die Bettkante. Er dachte daran wie er vorgeschlagen hatte die verschwundenen Seiten wiederherzustellen. Es hatte nicht funktioniert. Er schaute auf seine Hände und fragte sich was wohl passiert wäre, wenn Cassandra ihn nicht davon abgehalten hätte diesen Zauber zu beenden. Langsam führte er seine Finger zur Nase und betastete das verkrustete Blut. Er wollte gar nicht daran denken. Er ließ die Hand wieder sinken und fuhr langsam über das Chi- Symbol an seinem Handgelenk. Vielleicht sollte er es ihr doch sagen. Aber würde es etwas ändern? Sie hatte kein Chi- Symbol. Sie konnte mit ihm keine Bindung eingehen, selbst, wenn sie es wollte.
Langsam stand Fynn auf und streckte sich. Er fühlte sich gut. Auf jeden Fall besser als am Vortag. Er schaute sich in Cassandras Zimmer um und entdeckte eine alte Wanduhr. Es war bereits kurz nach eins mittags. Wie lange hatte er denn geschlafen? Er beschloss nach Cassandra zu suchen und streifte durch das große Haus. Nach einigen Minuten entdeckte er die Küche. Auf der Theke in der Mitte des Raumes stand eine rote Thermoskanne und daneben lag ein Zettel.

Bin in der Schule. In der Thermoskanne ist noch Kaffee. Ich hoffe, er ist noch warm, wenn du aufwachst.
Cassandra

Fynn musste lächeln und griff nach der Kanne. Er schraubte den Deckel ab und füllte etwas Kaffee hinein. Er hatte keine Ahnung wie lange der Kaffee schon dort stand, aber dampfen tat er nicht mehr. Vorsichtig nahm er einen Schluck. Der Kaffee war noch lauwarm. Fynn zuckte mit den Schultern. „Besser als nichts.", dachte er und füllte sich noch einmal nach.
In diesem Moment hörte er, wie sich ein Schlüssel im Schloss drehte. Fynn trat in den Flur und entdeckte Cassandra, die ihre Tasche von den Schultern gleiten ließ und ihre Jacke auszog.
Dann bemerkte sie Fynn. „Oh, du bist wach. Geht es dir besser?"
Fynn nickte und schaute zu Boden. „Es tut mir leid. Ich hab dir dein Bett streitig gemacht."
Cassandra winkte ab. „Ist nicht schlimm. Ich denke, du brauchtest den Schlaf dringender als ich. Außerdem ist die Couch sehr bequem."

Fynn drehte die Tasse in den Händen. „Wie war Chemie? Hat meine Nachhilfe geholfen?"
„Ja, ich glaube es lief ganz gut.", antwortete Cassandra und fummelte an ihrer Kette herum. Erst jetzt bemerkte Fynn, dass der kopierte Schlüssel daran baumelte. „Du trägst die Kette ja immer noch.", meinte er grinsend.
Cassandra warf ihm ein schelmisches Lächeln zu. „Warum auch nicht? Jetzt kann ich jedem sagen, dass es der Schlüssel zu meinem Herzen ist."
Fynn verschränkte die Arme. „Dann hätte ich ihn nicht weggeben sollen!", meinte er, „Verdammt!"

Where there is desire, there is gonna be a flame. Where there is a flame, someone's bound to get burned...
Fynn runzelte die Stirn. „Kommt das aus deiner Tasche?"
Cassandra nickte und bückte sich. „Mein Klingelton.", erwiderte sie und kramte in der Tasche herum.


You've gotta get up and try, and try, and try...


Fynn lächelte. „Ich mag das Lied. Es macht gute Laune."
Cassandra hatte inzwischen ihr Handy gefunden und nahm den Anruf an.
„Ja?"
„Cassandra? Ist Fynn bei dir?", erklang Jens Stimme. Sie wirkte etwas besorgt.
Cassandra sah zu Fynn. „Ja, ist er. Ist irgendetwas passiert?"
„Mal abgesehen davon, dass er heute Morgen nicht in seinem Zimmer war und sein Handy auf seinem Nachttisch lag, nein."
„Ich habe ihn angerufen und gebeten bei mir vorbeizukommen, weil ich etwas gefunden habe."
„Das ist toll.", meinte Jen kurz angebunden, „Ich bin etwas im Stress. Können wir das später besprechen? Oder ihr besprecht es mit Medusa, aber ich muss mich jetzt dringend auf das Eintreffen von Ms. Morgan vorbereiten. Dieser Besuch macht mich irre. Ich wollte nur sichergehen, dass es Fynn gut geht. Tschüss."
Mit diesen Worten legte sie auf. Cassandra schaute zu Fynn.
„Ich glaube Jen ist sehr nervös.", meinte sie und steckte das Handy in ihre Hosentasche.
„Wer kann es ihr verübeln? Sie hat viel zu verlieren, schließlich hat sie dem Rat wichtige Informationen vorenthalten.", entgegnete Fynn, „Wir müssen vorsichtig sein."
Cassandra zog ihre Jacke wieder an. „Ich weiß nicht wie du das siehst, aber ich würde diese Ms. Morgan gerne einmal kennenlernen."

Medusa-Die Frau im TrenchcoatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt