Prolog

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Lächelnd legt sich die zarte Hand auf meinen Oberschenkel, als wäre es das gewöhnlichste auf der Welt. Lächelnd lasse ich meinen Blick über ihr zartes, von Sommersprossen übersähtes Gesicht gleiten.
Geschickt lehnt Emy sich zu mir und betätigt mit der linken Hand den Schalter für die Sitzheizung.
Alles wie immer.
Sie holt mich nach meinem Fußballspiel ab und fährt mich nach Hause. Sie schaltet mir die Sitzheizung ein, weil sie weiß wie sehr ich es nach einem anstrengenden Fußballspiel im Frühlings liebe. Zufrieden lächelnd lehne ich meinen Kopf zurück und drehe ihn in ihre Richtung, beobachte verträumt wie sie den Schlüssel in der Zündung dreht und ihren alten Golf zum fahren bringt.
Wie sie, als wir die Landstraße zu mir erreichen den linken Fuß der in weißen Stoffschuhen steckt auf der Flaschenhalterung der Fahrertür abstellt und ihren Kopf lächelnd zu mir dreht.
"And I see forever in your eyes
I feel okay when I see you smile, smile", ihre weißen Zähne strahlen mit ihren grünen Augen um die Wette während
sie laut im Radio mitsingt, die linke Hand leicht aus dem Fenster steckend.
Gott sie ist so ein Kind.
Lachend steige ich mit ein:"Wishing on dandelions all of the time
Praying to God that one day you'll be mine
Wishing on dandelions all of the time, all of the time"
Und wie ich mir wünsche, dass sie eines Tages mein ist. Meine Freundin. Meine Frau. Nicht seine.
Grinsend öffne ich das Handschuhfach indem sie immer eine Wasserflasche für mich platziert. So auch diesmal;
Zufrieden nehme ich sie heraus, der Windzug der durchs Fahrerfenster eintritt bringt ein Stück Papier das auf ihren CD Hüllen liegt in leicht wallende Bewegungen.
Sein Nachname sticht mir ins Auge. Wie oft hatte ich schon vergessen, dass sie sein war...
Nicht nur seine Freundin sondern seine Frau.
Seine Frau der er ewige Treue geschworen hat. Für sie da zu sein in guten wie in schlechten Zeiten.
Neugierig ziehe ich das Stück Papier aus dem Handschuhfach und verschlucke mich sofort an meiner eigenen Spucke als ich das grau-weiße Bild erkenne.
So unwirklich wie es einem in Filmen immer vor kam.
"Luc... Lucia... I-", na großartig, jetzt nannte Emy mich auch noch Lucia.
Verkrampft starre ich auf das Bild. Ich bekomme das Gefühl mich übergeben zu müssen. Mein Hals verkrampft sich und mir wird schwindlig.
Emilia Christianson.
12. SSW
Fuck.
"Luc bitte ich-", ich lache leicht auf, meine Tränen lassen das Bild vor meinen Augen verschwimmen. In meinen Ohren macht sich ein unangenehmes Rauschen breit.
"Halt an. Ich laufe", und sie hält nicht an, wird schneller, "CHRISTIANSON! HALT AN VERFLUCHT NOCHMAL!"
Sie schluckt hart, ihre Augen beginnen zu schimmern. Christianson... Ich war so dumm... Sie hasste es wenn ich sie so nannte...

And I see forever in your eyes
I feel okay when I see you smile, smile
Wishing on dandelions all of the time
Praying to God that one day you'll be mine
Wishing on dandelions all of the time, all of the time

Meiner Kehle entkommt ein lautes Schluchzen als sie ihr Auto mit den Worten Ruth Bs zum stehen bringt.
Hastig greife ich nach meiner Sporttasche und meinem Handy auf der Amatur, reiße die Autotür förmlich auf, schnappe panisch nach Luft. Ich hab für immer in ihren Augen gesehen. In jedem ihrer liebevollen Blicke. Vielleicht bin ich zu jung und zu dumm um Liebe zu verstehen aber sie gab mir zu keiner verfluchten Sekunde das Gefühl nicht gut genug zu sein.
Ich stolpere aus dem Auto, eine Hand auf die Tür gelegt um sie zuzuschlagen.

I'm in a field of dandelions
Wishing on every one that you'll be mine, mine

Das Lied geht mit den letzten Klängen zuende, dicke Tränen kullern meine Wangen hinunter während sie ausdruckslos auf die Straße vor sich blickt und das Lenkrad umklammert hält.
"I saw forever in your eyes, wished on every one that you'll be mine", ihr Kiefer verspannt sich bei meinen Worten. Bei den Worten die sie dort trafen wo ich es wollte. Mitten ins Herz. Mitten dort hin wo sie mich am meisten getroffen hat.
Noch im selben Moment als ich die Autotür zuschlage lässt Emy ihr Auto mit quietschenden Reifen davonfahren.
Lässt mich auf der Landstraße stehen. Mit meiner Sporttasche, meinem leeren Handyakku, ihrer pinken Wasserflasche und dem Ultraschallbild.
Lachend werfe ich den Kopf in den Nacken und starre in den grauen, bewölkten Himmel.
"Warum ich?! Warum immer ich?!", brülle ich in den Himmel ehe ich mir die Tränen aus dem Gesicht wische und mich auf den Weg mache.

Auf den Weg nach Hause um München zu verlassen. Um in den nächsten Zug zu steigen und meine Heimat zu verlassen.
Was machte es auch für einen Sinn jetzt noch hier zu bleiben, wo Emy doch von ihrem ach so tollen Fin schwanger war. Gott wie makaber. Hat dieser Hornochse auch noch meinen Nachnamen als Vornamen.
Wo ist meine Pinterest Ästhetik geblieben die mir jetzt sagt, dass ich mich doch einfach nur  für sie freuen sollte? Ich bin nicht glücklich. Ich freue mich nicht für sie. Ich hasse sie.
Hasse die Frau, die meine Gefühl wortwörtlich im Sturm eroberte und meine Knie bei jedem ihrer Blicke weich werden ließ.
Empfinde tiefen Hass für die Frau die mich aus meinem Tief holte und dann in ein noch viel tieferes fallen ließ während ich mich noch an das Gefühl erinnern kann, dass sich in mir ausbreitete als ich das erste Mal mit ihr sprach.
Wie sehr ich sie über die letzten Monate lieben gelernt hatte... Sie war mein Gelb. Der Mensch für den ich lebte. Der Mensch der mein Leben rettete und wegen dem ich Glück empfand.
Aber jetzt war es wohl an der Zeit mich ein Mal in meinem Leben mehr zu lieben.

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