Kapitel 8
Tage vergingen, während Luana Ragnar in ihrer kleinen Hütte versteckte.
Es fiel niemanden auf, dass sie lange weg war und nur am Abend zurück zu ihrer Familie kam, um dort zu essen.
Da sie den gesamten Tag über immer weiter ihre Magie übte, musste sie manchmal Kratzer und blaue Flecke verstecken. Magie war nicht so einfach, wie sie angenommen hatte. Es kostete sie viel Zeit und Schweiß, mehr als nur einen kleinen Wasserball zu erschaffen. Ragnar hatte sie allerdings vorgewarnt.
"Wo warst du heute mit deinen Gedanken?", fragte Ragnar, der ihr einen Wasserball erschuf, mit dem sie sich waschen konnte.
Luana selbst atmete schwer und versuchte, nicht zusammenzuklappen. Endlich hatte sie den Windball geschafft, doch dieser war explodiert. Nun war sie von kleinen Schnittwunden überzogen, die sie gerade säuberte. Sie waren nicht tief und würde bis zum Abend sicherlich geheilt sein.
"Bei meinem Bruder", seufzte Luana frustriert, während sie ihre Hände immer wieder in den Wasserball hielt und sich dann das Gesicht wusch.
"Willst du darüber sprechen?", fragte Ragnar.
Luana wusste nicht genau, wann es so weit gekommen war, doch sie hatte angefangen mit Ragnar über ihre Brüder zu sprechen. Oder eher sich bei ihm über diese auszulassen. Er war ein geduldiger Zuhörer und sagte nur etwas dazu, wenn sie direkt fragte. Sonst hielt er seine Meinung zurück, obwohl Luana ihn manchmal knurren hörte.
Er war so ganz anders als die Männer ihres Rudels. Vielleicht fühlte sie sich daher so wohl in seiner Nähe.
Obwohl sie sich immer noch nicht so gut und lange kannten, begann Luana, ihm zu vertrauen. Seine Art war sehr angenehm. Er war sehr zuvorkommend, hilfreich und geduldig. Es schien ihn nicht zu stören, wenn sie etwas nicht sofort hinbekam und länger brauchte, um Dinge zu verstehen.
Luana seufzte leise. "Seydon, mein jüngster Bruder", murmelte sie. "Beron sagt, er wäre mit einer Wölfin eines anderen Rudels weggelaufen, aber das glaube ich nicht", sagte sie, konnte aber die Trauer in ihrer Stimme nicht verstecken.
Ragnar wirkte überrascht. "Warum glaubst du das nicht?", fragte er neugierig, aber nicht so drängend, wie sie vielleicht erwartet hatte.
"Weil Seydon keine Geliebte hatte. Zudem habe ich seine Spur zu einem alten Portal verfolgt. Dort war sie einfach weg", erzählte sie. Noch immer frustrierte es sie, dass sie keine weiteren Spuren gefunden hatte.
Ragnar legte den Kopf schief. "Willst du ihn suchen gehen?", fragte er.
Luana war sich nicht sicher, ob das sein Angebot war, ihr bei der Suche zu helfen. "Sein Geruch ist sicherlich nicht mehr zu finden. Es ist schon zu lange her", brummte sie seufzend. Innerlich hatte sie es bereits aufgegeben.
"Es gibt Zauber, die dabei hilfreich sein können", meinte er, wobei er zuversichtlicher klang als sie.
"Was heißt das?", fragte sie. Wenn es um Zauber ging, war sie noch immer nicht ganz so bewandert. Sie verstand noch nicht alle Feinheiten dieser Magie.
Ragnar ließ die Wasserkugel verschwinden und schenkte ihr ein Lächeln. "Man kann den Geruch deutlicher hervorheben. Oder die Auraspuren sichtbar machen", schlug er vor, wobei es schien, als würde er ihr die Wahl überlassen.
Luana zögerte. "Du würdest mir wirklich helfen?", fragte sie vorsichtig. Sie war es nicht gewohnt, dass jemand ihr glaubte und helfen wollte.
"Natürlich. Wenn du sagst, du kannst es dir nicht vorstellen, dann glaube ich dir", versicherte er.
Luanas Herz begann aufgeregt zu klopfen. Er glaubte ihr und wollte ihr helfen! Das wärmte ihr nicht nur das Herz, sondern gab ihr auch sehr viel Selbstvertrauen.
"Dann bringe ich dich an die Stelle, wo ich seinen Geruch verloren habe", sagte sie entschieden. Wenn er ihr schon helfen wollte, dann sollte sie das nutzen, bevor er es sich anders überlegte.
Ragnar nickte. "Dann machen wir uns auf den Weg", entschied er, bevor er sich kurz umsah. Mit einer Handbewegung sorgte er dafür, dass die Bäume sich wieder so richteten, dass die kleine Lichtung, auf der sie immer übten, nicht mehr aussah, als wären sie gerade hier gewesen. Das war in vielen Momenten sehr praktisch. So konnte er sicherlich gut seine Spuren verwischen.
Zusammen liefen sie durch den Wald, wobei Luana besonders vorsichtig war. Sie musste darauf achten, dass sie nicht die Gegenden durchquerten, in denen die Wölfe ihres Rudels patrouillierten. Es wäre nicht gut, wenn sie auf ihre Brüder trafen. Sicherlich würden diese Ragnar gefangennehmen. Das wollte Luana nicht, denn sie genoss es sehr, die Beziehung zu ihm geheim zu halten. Noch nie hatte sie jemanden, dem sie nicht egal war.
Luana führte Ragnar durch den Wald, den sie besser kannte, als die meisten anderen. Sie hatte jede Ecke erkundet und liebte es, immer wieder Neues zu entdecken. Daher kannte sie auch die besten Wege. Es würde zwar länger dauern, doch das war in Ordnung, solange es ihnen Deckung gab.
"Hier ist es", sagte sie schließlich und deutete auf das zerstörte Kreisportal am Boden. Wie sie erwartet hatte, konnte sie Seydons Geruch nicht mehr wahrnehmen. Dafür aber einige andere und sie fragte sich, warum ihr Bruder hier gewesen war. Hatte er vielleicht doch nach Seydon gesucht und war dann hier stehengeblieben? Glaubte er vielleicht, dass er die Welt gewechselt hatte? Wenn dem so wäre, würde er natürlich eher erzählen er wäre durchgebrannt. Beron würde es nicht akzeptieren, dass sein eigener Bruder das Rudel auf diese Art verlassen hatte.
"Bitte tritt etwas zurück", bat Ragnar, der um das Portal herumlief, als würde er etwas Bestimmtes suchen.
Langsam machte Luana einen Schritt zurück. Sie wusste nicht, was er tun wollte, daher war es besser, wenn sie nicht zu nahe kam. Wenn er Magie nutzte, konnte sie das verletzen. Das hatte Ragnar ihr recht früh erklärt.
Der Braunhaarige legte seine Hand auf den Stein, schloss die Augen und schien sich zu konzentrieren.
Luana wartete geduldig, bevor sie sah, wie der Sternenstaub aus der Luft sich sammelte. Sie riss die Augen auf, als sie bemerkte, wie dieser die Umrisse von Personen bildete. Es waren mehrere, doch Luana konnte nicht erkennen, wer es war. Was sie aber auch noch sah war, dass irgendwas mit dem Portal anders war. Ein weiterer Stein, der dort lag.
Sie runzelte die Stirn und sah zu, wie die Umrisse der Personen auf das Portal zugingen. Einer davon war eindeutig gefangen und schien sich zu wehren. Ein anderer hielt ihn und der dritte legte den Stein in das Portal. Dann wurden sie von Sternenstaub umhüllt und waren verschwunden.
Ragnar ging keuchend und nach Luft schnappend auf die Knie. "Bringt dir das was?", fragte er erschöpft.
Luana blickte ihn mit offenem Mund an. Was war hier gerade passiert?
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Luana-Tochter des Mondes (Leseprobe)
Hombres LoboBEENDET Als die Werwölfin Luana im Dunkelwald einen fremden Mann findet, der ganz eindeutig nicht zu ihrem Rudel gehört, beginnt für sie eine Reise, die ihr einiges abverlangt. Sie deckt das Geheimnis ihres Rudels auf und alles, was sie kennt, brich...